Fusionieren oder eigenständig bleiben?

Gut besuchte Veranstaltung «Zukunft Maschwanden» mit Auslegeordnung und Lösungsansätzen

Sie referierten am Anlass «Zukunft Maschwanden», von links: Evren Somer und Alexander Haus vom kantonalen Gemeindeamt, Gemeindepräsident Ernst Humbel, Schulpräsident Ursin Dosch, Finanzvorstand Roger Huber und Sonja Rothert, Leiterin Finanzen und stv. Gemeindeschreiberin in Maschwanden. (Bild Werner Schneiter)

Soll Maschwanden eine eigenständige Gemeinde bleiben oder fusionieren, womöglich mit den Nachbargemeinden Mettmenstetten und Knonau? Diese ­Frage treibt gegenwärtig im kleinsten Ämtler Dorf mit 640 Einwohnerinnen und Einwohnern um – aktuell besonders, seit die Behörden die Bevölkerung zum Informationsanlass «Zukunft ­Maschwanden» in die Turnhalle eingeladen haben.

Schwierige Ausgangslage

Vor rund 120 Interessierten nahmen Gemeinderat, Schulpflege und Vertreter des kantonalen Gemeindeamtes eine Auslegeordnung vor und skizzierten Lösungsansätze. Handlungsdruck erzeugen insbesondere die schwierige finanzielle Situation, Arbeitsbelastung und Besetzung von Verwaltung, Behörden und Werkdienst. Die schwierige Ausgangslage stellte Gemeindepräsident Ernst Humbel dar. Neue gesetzliche Auflagen – auch im Bereich der Bautätigkeit – seien herausfordernd, vor allem für die kleine Verwaltung, erforderten Fachwissen und entsprechend Personal. «Mir graut es, wenn da jemand ausfällt», sagte Ernst Humbel. Und bei der Ersatzwahl für den fünfköpfigen Gemeinderat habe es vorerst 30 Absagen gegeben, ergänzte er zur schwierigen Suche nach Behördenmitgliedern. Er sieht weitere Belastung, weil die lokalen Behörden auch Vertretungen in Bezirksorganisationen stellen müssen. Was also soll Maschwanden noch eigenständig ­machen?

Investitionsbedarf von 9 Millionen

Eine Frage, die auch bei einem Blick auf den Finanzhaushalt berechtigt ist, wie die Voten von Finanzvorstand Roger ­Huber und der Leiterin Finanzen, Sonja Rothert, klarmachten. 2018 erhielt ­Maschwanden erstmals Individuellen Sonderlastenausgleich (Isola), damals in der Höhe von 200000 Franken. Dieses Jahr schnellt der kantonale «Zustupf» auf 1,5 Mio. Franken hoch; kantonsweit erhält heute nur Maschwanden Isola. Insgesamt stammen derzeit 40 Prozent der Erträge in Maschwanden aus dem Zürcher Finanzausgleich, einschliesslich jener 17 Prozent Isola-Beitrag. Die Steuererträge machen nur 31 Prozent aus. Eigenkapital und Umlaufvermögen sind zwar noch vorhanden, aber der Investitionsbedarf in den nächsten Jahren ist enorm: bis 2027 allein 9 Mio. Franken, die insbesondere für Infrastruktur aufgewendet werden müssen. Dies erfordert die Aufnahme mit Zinslasten verbundenem Fremdkapital und treibt die Verschuldung pro Einwohner auf über 12000 Franken hoch. Um Isola zu erhalten, bedarf es eines Steuerfusses von mindestens 130 Prozent – der höchste kantonsweit. Klar ist auch, dass das für die kommenden Jahre als mässig bezeichnete Einwohnerwachstum nicht ausreicht, um finanziell aus dem Schneider zu kommen – auch nicht jene 9 Prozent, die beim Gemeindehaushalt real eingespart werden könnten. Nun, die Zeiten des «Goldesels» in Form eines Kieswerks in Maschwanden sind längst vorbei.

Fusion im Fokus

Weitermachen wie bisher? Reduktion der Ausgaben im Bereich «Wunschbedarf», weitergehende Auslagerung von Aufgaben? Beim Weitermachen wie bisher zeigte sich der Gemeindepräsident wenig optimistisch. Für ihn, wie für den Schulpräsident Ursin Dosch, steht die Fusion mit einer oder mehreren Nachbargemeinden im Fokus. «Da sind wir uns einig», fügte er bei, wobei hier in erster Linie Mettmenstetten, aber auch Knonau im Vordergrund stehen – auch deshalb, weil Maschwanden mit diesen Gemeinden eine gemeinsame Oberstufe bildet und auch in der Feuerwehr Knonaueramt Süd eingebunden ist. Stärkere Finanzen, mehr Verhandlungskraft gegenüber anderen Institutionen, mehr Pensensicherheit für Lehrkräfte sehen Dosch und Humbel als Vorteile, genauso wie die Nutzung von Synergien, Entlastung bei Steuern und Gebühren. Dem stehen unter anderem Verlust von Autonomie, die Gefahr des Verlusts der Schule, Identitätsverlust, Verlust von Entscheidungskompetenz, Infrastruktur und Abhängigkeiten gegenüber. «Für die Schule werden wir uns einsetzen, weil diese ein entscheidendes Argument der Bevölkerung, aber auch der Behörden ist», halten die Behörden fest. Unumstössliche Voraussetzung für eine Fusion ist das Mitmachen der Schulgemeinde.

Gemeinde, die «untergeht»

Auch wenn es schlecht bestellt ist um eine Gemeinde – Zwangsfusionen sind nicht vorgesehen, wie Evren Somer, ­juristischer Sekretär des Zürcher Gemeindeamtes, klarmachte. Er sieht bei Gemeinden unter 2000 Einwohnern zunehmend Probleme bei der selbstständigen Erfüllung von Kernaufgaben. In den letzten zehn Jahren kam es im Kanton zu acht Fusionen, bei denen elf Gemeinden involviert waren. Nach­befragungen nach erfolgten Fusionen hätten «keine negativen Entwicklungen» ergeben, führte Somer aus. Für Maschwanden sieht er eine Absorptionsfusion, eine Eingemeindung – eine ­Gemeinde also, die «untergehe», sagte er unter grossem Publikumsgelächter. Er räumte ein, dass emotionale Faktoren eine Rolle gegen die Fusion spielen, genauso aber letztlich «innerer Druck», der einer Fusion den Weg ebenen könne. Eine Fusion gelingt laut Gemeindeamt dann, wenn der Ja-Anteil bei der Grundsatzabstimmung über 60 Prozent beträgt – dies bei einer Stimmbeteiligung von über 40 Prozent. Es ist der erste entscheidende Schritt einer Periode mit vier Phasen. Weitere Schritte sind die Urnenabstimmung über den Zusammenschlussvertrag, die Urnenabstimmung über die neue Gemeindeordnung und der Start der neuen Gemeinde.

Klar ist, dass das Zürcher Gemeindeamt bei Fusionen Unterstützung bietet, wie Alexander Haus, Leiter der Gemeindefinanzen im Gemeindeamt, darlegte. Auch finanziell: Es können Staatsbeiträge erwartet werden, unter anderem ein Beitrag an die Projektkosten von 135000 Franken, eine pauschale «Heiratsprämie» von 450000 Franken, Beiträge zur Verminderung von Schulden und zum Ausgleich von Einbussen beim Finanzausgleich.

2027 ist anscheinend möglich

Nun stehen die Gespräche mit den möglichen Fusionspartnern Mettmenstetten und Knonau an. Laut Ernst Humbel soll in Maschwanden in etwa einem Jahr eine Grundsatzabstimmung und die eigentliche Urnen­abstimmung über die Fusion 2026 möglich sein – im besten Fall wäre das eine Fusion ab 1. Januar 2027 – ein «sportlicher» Fahrplan.

Wer hat Interesse, einen «Kranken» aufzunehmen?

Die zahlreichen Voten aus dem Publikum zeigten am Info-Anlass, dass das Thema in Maschwanden bewegt. Auffallend, dass sich niemand explizit gegen eine Fusion aussprach, aber da und dort doch die Frage gestellt wurde, ob in den Nachbargemeinden Interesse an einem Zusammengehen besteht. «Wer hat schon Interesse, einen Kranken aufzunehmen?», sagte jemand etwas schmunzelnd und äusserte Zweifel am Interesse von Mettmenstetten und Knonau. «Wir werden nun Gespräche führen mit unseren Nachbargemeinden, alles sauber abklären», versprach Gemeindepräsident Ernst Humbel. «Was, wenn diese Gemeinden Nein sagen?», fragte ein Teilnehmer und fügte an, Maschwanden habe die Bildung einer Einheitsgemeinde ja ­abgelehnt. Klar ist, dass dann dieser Prozess blockiert wäre. Ein Plan B, räumte der Gemeindepräsident ein, bestehe nicht; möglich wäre eine Teil-Auslagerung von Geschäften.

Auch die leere Kasse und ein «Konkurs» von Maschwanden wurde in der von Stefan Hürlimann, Geschäftsführer von CDS Consulting (Wetzikon), moderierten Diskussion ins Spiel gebracht. Was dann? Das Naturbad verkaufen, so die Idee einer Teilnehmerin. Reissen alle Stricke, würde der Kanton einschreiten, hiess es von den Vertretern des Gemeindeamtes, die auch in anderer Hinsicht beruhigten: Ein Ablaufdatum für Isola (individueller Sonderlastenausgleich) gebe es nicht. Ins Spiel gebracht wurde auch eine Fusion über die Kantonsgrenze hinaus, etwa mit dem benachbarten Hünenberg, was laut Gemeindeamt rechtlich möglich wäre, aber einen Staatsvertrag bedingen würde. (-ter)

Mehrheit findet Maschwanden attraktiv

In einer SWOT-Analyse, in der Stärken und Schwächen aufgelistet werden, zeigte sich für Maschwanden: Dorf- und Vereinskultur, Naturnähe, das schöne Ortsbild und Familienfreundlichkeit sind auf der positiven Seite und sprechen gegen eine Fusion. Schlechte Finanzen, hoher Investitionsbedarf, hohe Steuern und die hohe Arbeitsbelastung von Behörden und Verwaltung zieren die negative Seite und sprechen für eine Fusion.

Vieles widerspiegelt sich auch in einer Bevölkerungsumfrage von 2022. Dort wird die schlechte ÖV-Anbindung, wenig Einkaufsmöglichkeiten, schlechter Handyempfang, exzessive Bauvorschriften oder zu wenig Jugend-Freizeitangebote kritisiert. Leichteres Bauen, mehr Dorfaktivitäten, Begegnungsort, Kinderbetreuungsangebot, aber auch eine Fusion und/oder Einheitsgemeinde können Attraktivität bewahren oder steigern, geht aus den Antworten hervor – genauso wie Vereinsförderung, Gemeindeanlässe oder Tempo 30. Zwei Drittel der Befragten charakterisieren die Gemeinde als attraktiv, wobei hier unter anderem der ländliche Dorf­charakter, Naturnähe, persönliche Atmosphäre, Volg, Ortsbild, Restaurant (Wiedereröffnung im Mai?), Naturbad eine Rolle spielen.

Aus Sicht der Schule wird der kurze Schulweg, die kleine, familiäre Schule, funktionale Räume und funktionierendes Team als positiv dargestellt. Negativ zu Buche schlagen die grossen Pensen-Schwankungen bei Lehrkräften, fehlende Synergien mit anderen Schulen, Schwankungen bei den Schülerzahlen und fehlender finanzieller Spielraum sowie der Verlust des Schulstandortes. (-ter)

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