Genossenschaft Lebenslernort baut in Hausen

Schule und gemeinnütziger Wohn- und Begegnungsraum für verschiedene Generationen

Benno Bieri (rechts) schuf ein Modell des Bauprojektes. Er und Sven Moosberger haben intensiv bei der Planung mitgearbeitet. (Bild Regula Zellweger)

Benno Bieri (rechts) schuf ein Modell des Bauprojektes. Er und Sven Moosberger haben intensiv bei der Planung mitgearbeitet. (Bild Regula Zellweger)

Der Weg von einer Idee bis zu deren Realisierung ist oft lang. Dies trifft beim Bauprojekt der Genossenschaft Lebenslernort in Hausen zu. Denn in diesem Projekt sollen Ideen verschiedener Menschen und unterschiedliche Werte zum Tragen kommen. Es ist weit mehr als der Bau eines neuen Gebäudes. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt, das sowohl eine Schule beinhaltet als auch das Bewohnen von Mietwohnungen; ein Projekt, das Individualität gleichzeitig mit der Teilnahme an Gemeinschaftsaktivitäten ermöglicht.

Sven Moosberger ist Physiker, unterstützt Planer und Bauherren in der Energieoptimierung von Gebäuden und Präsident der Genossenschaft Lebenslernort Hausen. Er ist überzeugt vom Konzept des Lebenslernortes und wird sein Wissen um nachhaltiges Bauen einfliessen lassen. Er will mit seinem, auch finanziellen Engagement vor allem einen Beitrag zum sinnvollen Zusammenleben verschiedener Generationen leisten.

Den Menschen, die im Lebenslernort wohnen, dort die Schule besuchen oder einfach nur zu Besuch sind, soll eines gemeinsam sein: der Wille, gegenseitig interessiert voneinander zu lernen. Es geht um Wissensvermittlung, Wohnen und Kommunikation – angelehnt an die Kultur von Grossfamilien. Junge Menschen haben die Möglichkeit, im Kontakt mit älteren Personen zu lernen: Wissen um die Vergangenheit, über Lebensgeschichten und auch über Werte. Ältere Personen finden im Austausch mit anderen Personen sinnstiftende Anteile für ihren Alltag, sie erhalten Wertschätzung, die Betagte heute oft zu wenig erhalten, sie bekommen Handreichungen bei körperlich anstrengenden Arbeiten oder beim Gebrauch von neuen Technologien – und sie beugen aktiv und eigenverantwortlich Einsamkeit vor. Das Lernen erfolgt gegenseitig, unkompliziert und eingebettet im Alltag. Man lernt, ohne es vielleicht zu bemerken.

Visionen werden wahr

Die parteipolitisch unabhängige Genossenschaft Lebenslernort mit Sitz in Hausen wurde im Frühling 2025 gegründet. Ihre Tätigkeit ist gemeinnützig und nicht gewinnstrebend. Die Liegenschaft an der Schulhausstrasse in Hausen wurde bereits erworben. Das bestehende Gebäude gilt als schützenswert und ist sanierungsbedürftig.

Das Bauprojekt sieht den Umbau des bestehenden Gebäudes für Schul- und Atelierräume sowie einen angrenzenden Neubau für Wohnungen und Gemeinschaftsräume vor. Die Baubewilligung liegt bereits seit 2024 vor. Benno Bieri ist Projektleiter. Er hat ein Modell des alten und neuen Gebäudes mit Wohnmöglichkeit für rund 13 bis 15 Personen gebaut, das anschaulich aufzeigt, wie das Leben im Lebenslernort gestaltet werden kann.

Im neuen Haus entstehen flexible Wohneinheiten mit privatem Bad und ein bis drei privaten Zimmern mit insgesamt 358 Quadratmeter Wohnfläche. Das neue Gebäude verfügt im Parterre auch über einen grossen Gemeinschaftsraum, der halböffentlich genutzt werden soll – denn der Lebenslernort wird ein Begegnungsort. Auch der Garten ist ein Lebenslernort. Hier werden Kinder und Erwachsene zusammen gärtnern und spielen, Tiere sollen hier leben und ausserhalb der Schulzeiten wird der Garten eine Ruhe-Oase sein.

Der Neubau übertrifft das Null-Energie-Ziel, indem er als Kraftwerk für den Altbau funktioniert.

Finanzierung und Betrieb

Mithilfe von Innovage Schweiz und mehreren Workshops wurde im Frühjahr 2025 ein detaillierter Finanzplan erstellt. Eine Bank hat sich bereit erklärt, das Projekt mit einer Hypothekarzusage zu unterstützen. Nun werden weitere Genossenschafter und zukünftige Mieter gesucht. Anmeldungsformulare zur Mitgliedschaft und weitere Unterlagen wie Statuten, Vermietungsreglement und Leitbild sind unter www.lebenslernort.ch abrufbar.

Immer mehr Menschen suchen sich mit Blick auf das Alter Lebensräume, in denen sie sich Lebenszufriedenheit schaffen können. 2026 kann mit dem Bauen begonnen werden, wenn genügend Eigenmittel der Genossenschaft vorhanden sind. Diese ist Mitglied beim Verein «connect! – gemeinsam weniger einsam» und steuert dieselben Ziele an: Prävention von Einsamkeit und Linderung der negativen individuellen und gesellschaftlichen Folgen von Einsamkeit. Die Genossenschaft will mit dem Projekt Lebenslernort Vorbildfunktion übernehmen und ist gern bereit, Interessierten vertiefte Informationen zu geben.

Engagement ist unabdingbar

Sven Moosberger engagiert sich für das Projekt, weil es ihm ein Anliegen ist, für ein Umdenken zu sensibilisieren: betreffend soziales Miteinander, Achtsamkeit im Umgang mit Umwelt- und Energiefragen sowie mit den noch vorhandenen Ressourcen. Dazu gehören Umfang und Qualität des Lebensraums in unserer Region, in unserem Land.

Benno Bieri freut sich, dass er mithelfen kann, einen attraktiven Begegnungs-, Wohn- und Bildungsort nachhaltig zu gestalten.

Das Leben im Lebenslernort ist ein Lebensstil, der viele Vorteile bietet, aber auch Anforderungen stellt. Man muss Kinder mögen, denn die Schule findet im alten, renovierten, rollstuhlgängigen Gebäude statt. Man muss offen und tolerant sein, sich konstruktiv in Entwicklungen einlassen, mitdenken und mitgestalten. Die Wohnmöglichkeit im Lebenslernort Hausen kann für Seniorinnen und Senioren eine sinnvolle Wahl für eigenverantwortliches «gutes Altern» bedeuten, eignet sich aber auch beispielsweise für Singles und Alleinerziehende.

Das Projekt Lebenslernort motiviert, frühzeitig darüber nachzudenken, wie man leben möchte, wie man seinen Platz findet, wo die persönlichen Werte einen Rahmen bekommen, um realisiert werden zu können. Auch in anderen Gemeinden und mit anderen Anliegen und Wünschen. Es gilt, allfällige Schwellenängste abzubauen, Kontakt mit dem Lebenslernort aufzunehmen und direkt Fragen zu stellen. Denn gute Projekte erzeugen oft einen Schneeballeffekt.

«In der Schweizer Bevölkerung wächst fast nur noch die Gruppe der Pensionäre», ist in den Bevölkerungsprognosen des Bundesamts für Statistik zu lesen. Heute altern wir gesünder als die Generationen vor uns. Den «Anzeiger» interessiert, wie Menschen es schaffen, nach der Pensionierung ein sinnvolles, zufriedenes und interessantes Leben zu gestalten. Denn es geht nicht nur um die Anzahl der Jahre, sondern um deren individuell gelebte Lebensqualität. Die Redaktion nimmt gern Input entgegen:

redaktion@affolteranzeiger.ch. (red)

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