Genügend Sicherheit am Bahnhof Bonstetten-Wettswil?

Gefahrengut: Kanton und Bundesamt für Verkehr mit unterschiedlichen Einschätzungen

Die Dr. W. Kolb AG unterhält am Bahnhof Bonstetten-Wettswil ein sogenanntes Pufferlager mit Ethylenoxid (EO), das in Zisternenwagen zwischengelagert wird – ein toxisches und hochexplosives Gas. Neue Nutzungen rund um den Bahnhof, wo sich inzwischen auch mehr Menschen aufhalten, nahm Kantonsrat Hans Läubli (Grüne, Affoltern) zum Anlass für eine Anfrage an den Regierungsrat. Er fragt, ob dieses Zwischenlager noch verantwortbar sei und ob die Sicherheitsbestimmungen den neuen Bedingungen angepasst worden seien.

In ihrer Antwort verweist die Regierung auf die Gutachten und auf die regelmässigen Kontrollen der Risikosituation, die aufgrund der Störfallverordnung Pflicht sind. Eine nächste Sicherheitsinspektion findet im Frühjahr 2016 statt.

Im Zusammenhang mit der Wohnüberbauung «Am Weiher» und aufgrund weiterer Nutzungen in Bahnhofnähe sind inzwischen eine ganze Reihe zusätzlicher Schutzmassnahmen realisiert worden, unter anderem eine 1,5 Meter hohe Schutzmauer entlang der Wohnüberbauung und eine stationäre Sprinkleranlage. Sodann wurde das Alarmierungs- und Einsatzkonzept im Zusammenhang mit der Überbauung angepasst.

Gemäss einer Verfügung des Awel vom 7. Januar 2010 werden die Standards der Sicherheitstechnik mit diesen zusätzlichen Massnahmen im Pufferlager beim Bahnhof eingehalten. Das Lager ist umzäunt, abgeschlossen und befindet sich rund 300 Meter nördlich des Bahnhofs. Es diene ausschliesslich der Zwischenlagerung; ein Umschlag könne nicht vorgenommen werden. Der Bereich des Pufferlagers werde mit Gassensoren überwacht. Austretende Dämpfe seien sofort feststellbar, schreibt der Regierungsrat. Pro Monat werden allerdings nur noch zwei bis drei Bahnkesselwagen in das Zwischenlager eingestellt; früher waren es pro Monat rund 20. Dadurch habe sich das Risiko vermindert, heisst es in der regierungsrätlichen Antwort.

Kinderhort gefährdet?

Das Awel hält allerdings zusätzliche Schutzmassnahmen entlang des Anschlussgleises für notwendig. Denn im Rahmen des Bahnhofausbaus ist eine Weiche durch die SBB fast 50 Meter nach Süden verlegt worden. In diesem Bereich befindet sich ein Kinderhort. «Bei einer Leckage eines Bahnkessels im Rangierbereich bildet das freigesetzte EO im schlimmsten Fall eine Lache von rund 50 Meter Durchmesser. Dadurch wäre der Kinderhort in einem Abstand von 25 Meter gefährdet. Dies zeigt, dass die zusätzlichen Massnahmen zum Schutz der Wohnüberbauung entlang des Anschlussgleises nötig sind», argumentiert der Regierungsrat. Das kantonale Awel schlug dem zuständigen Bundesamt für Verkehr denn auch eine 82,5 Meter lange Mauer vor, die entlang der P+R-Anlage, des Kinderhorts und der Parkplätze auf dem SBB-Areal bis zum Stellwerk führt. Selbst wenn die Gefahr einer Leckage gering sei, könne mit diesen verhältnismässig einfachen und wirtschaftlich tragbaren Massnahme ein Ausbreiten von EO im Bereich des Kinderhorts bei grossen Freisetzungen erheblich eingeschränkt werden.

Das BAV stuft die Situation hingegen als nicht kritisch ein. Zitiert wird ein aktueller Bericht über Personenrisiken bei Gefahrentransporten. Dieser zeige, dass die Strecke von Zürich Alt-stetten nach Hedingen geringe Gefahrengutmengen aufweise. Aus diesem Grund werde der Abschnitt beim Bahnhof Bonstetten-Wettswil durch das BAV als nicht kritisch eingestuft. Deshalb könne auf eine Schutzmauer verzichtet werden, heisst es in der regierungsrätlichen Antwort. Die unterschiedliche Einschätzung von kantonalen Ämtern und Bundesamt findet Anfrager Hans Läubli «eher beunruhigend». (-ter.)

 

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