«Gut bedient mit Wasser»
Wird das Wasser in Affoltern für Kundinnen und Kunden ab 2024 teurer? Am 2. Juni wird darüber entschieden.

Herr Nietlispacher: Gemäss Meteo Schweiz war der März 2023 der sechste Monat in Folge mit überdurchschnittlicher Temperatur. Januar und Februar waren sehr niederschlagsarm, im März gab es aber überdurchschnittlich viel Regen. Auch jetzt hat es Ende April regelmässig geregnet. Führen die Quellen im Bezirk Affoltern derzeit genügend Wasser?
David Nietlispach: Der Regen der vergangenen Tage hat sich ausgewirkt. Die Quellen sind nun wieder ertragreicher.
Im vergangenen Sommer 2022 war das aber oft anders, oder?
Ja. Die Wasserversorgungs-Genossenschaft Affoltern am Albis betreibt 35 Quellen. Im hitzigen Sommer des vergangenen Jahres waren bis zu zehn Quellen fast versiegt.
Führte das zu einem Engpass bei der Versorgung?
Nein. Denn wir beziehen das Wasser nicht nur aus Quellen. Wir nutzen auch zwei Grundwasserpumpwerke, die Grundwasser für die Wasserversorgung fördern. Zusätzlich haben unsere Kundinnen und Kunden aufbereitetes Wasser aus dem Zürichsee erhalten. Hier in Affoltern am Albis und Zwillikon sorgen also Quellwasser, Grundwasser und Zürichsee-Wasser für die Wasserversorgung unserer rund 12500 Kundinnen und Kunden, die letztes Jahr 880782 Kubikmeter Wasser verbraucht haben. Ein Kubik entspricht 1000 Litern.
Experten erklären, dass sich die Grundwasserpegelstände wegen der Hitzesommer der vergangenen Jahre gar nie mehr richtig erholt haben. Wie sieht das hier im Säuliamt aus?
Wir haben vor allem unterhalb des Gebietes Moos in Affoltern am Albis einen grossen Grundwasserstrom, bei dem der Pegelstand weniger eine Rolle spielt. Bei gewissen Grundwasserseen ist aber zu sehen, dass sich die Pegel seit Jahren nicht mehr erholt haben. Auch wir merken in Affoltern, dass der Grundwasserstrom weniger Wasser führt als noch vor ein paar Jahren.
Was sind Gründe, dass weniger Wasser fliesst?
Es gelangt grundsätzlich weniger Wasser in den Boden. Immer mehr Grünflächen werden verbaut, die Böden sind versiegelt: Das Regenwasser läuft oberflächlich direkt in die Kanalisation oder in ein Fliessgewässer. Zudem gibt es häufiger Starkregen, welcher nicht in den Boden versickert, sondern ebenfalls oberflächlich abfliesst.
Hat das direkte Folgen auf die Art der Wasserversorgung?
Ja. Im Sommer 2022 beispielsweise mussten wir über die Gruppenwasserversorgung Amt, an der 15 Gemeinden angeschlossen sind, viel aufbereitetes Wasser aus dem Zürichsee einkaufen, um den Wasserbedarf zu decken. Zu 36 Prozent stammte im Sommer 2022 das Wasser aus dem Zürichsee, zu 36 Prozent aus unseren eigenen Quellen und zu 28 Prozent aus Grundwasser. Seit 2018 nimmt dieser Anteil an sogenanntem Fremdwasser aus dem Zürichsee zu. Vorher deckte Quellwasser den Hauptbedarf, inzwischen ist es Wasser aus dem Zürichsee.
Das heisst im Umkehrschluss: Der Klimawandel setzt der Wasserversorgung inzwischen stark zu?
Auf jeden Fall. Die stetig zunehmende Wasserknappheit ist eine der Herausforderungen der nächsten Jahre – in der ganzen Schweiz. Momentan vor allem auf der Alpensüdseite, wo zum Teil jetzt noch Waldbrandgefahr herrscht.
Was können Sie dagegen tun? Mehr Quellen erschliessen?
Das Säuliamt ist schon gut erforscht und man weiss, wo sich die Quellen befinden. Die ergiebigen, wie jene im Jonental, sind alle schon erschlossen. Liefert eine Quelle zehn Liter in der Minute, ist das okay. Im Jonental sprudelt aus den Quellen unabhängig vom Regen immer etwa gleich viel Wasser. Neue Quellen zu erschliessen ist eine teure Investition, die sich nicht in jedem Fall lohnt. Grundsätzlich sind wir hier in Affoltern und Zwillikon gut bedient mit Wasser. Der Zürichsee wird immer genügend liefern.
Aber das hat direkt Einfluss auf den Wasserpreis?
Wasser aus dem Zürichsee, das speziell als Trinkwasser aufbereitet wird, ist teurer als herkömmliches Quell- oder Grundwasser. Ebenfalls ist der Strom- und Materialpreis gestiegen.
Das Zürichsee-Wasser müssen Sie immer schon im Voraus einkaufen?
Wir haben langjährige Verträge. Darin ist eine Tages-Optionsmenge gesichert. Diese Optionsmenge kann alle fünf Jahre angepasst werden. Das Wasser der Gruppenwasserversorgung Amt brauchen wir für die Versorgungssicherheit in Affoltern. Es kann gar nicht so viel regnen in der nächsten Zeit, dass wir auf Zürichsee-Wasser verzichten könnten.
Heisst: Die Wasserpreise werden für die Kundinnen und Kunden der Wasserversorgungs-Genossenschaft Affoltern ansteigen?
Darüber wird die Generalversammlung am 2. Juni entscheiden. Der Preis pro Kubik soll in den nächsten Jahren schrittweise ansteigen. Bis Ende 2023 kosten 1000 Liter Wasser, also ein Kubik, ins Haus geliefert, einen Franken. In einem ersten Schritt soll der Preis für einen Kubik ab 1. Januar 2024 auf 1.40 Franken steigen, je nach Entwicklung werden noch weitere Erhöhungsschritte folgen. Auch mit dieser Preiserhöhung um 40 Prozent wären wir im Vergleich mit anderen Wasserversorgern noch günstig. In der Schweiz kostet ein Kubik Wasser durchschnittlich zwei Franken.
Warum es mehr Zürichsee-Wasser braucht, hat nicht nur damit zu tun, dass Quellen und das Grundwasser tiefere Pegel haben. Gewisse Quellen und Grundgewässer weisen eine erhöhte Konzentration von Chlorothalonil-Metaboliten auf. Deshalb hat die Gruppenwasserversorgung Amt ihr Grundwasserpumpwerk geschlossen, weshalb auch Affoltern mehr Zürichsee-Wasser braucht.
Das stimmt. Wir haben auch fünf Quellen, die erhöhte Werte von Chlorothalonil-Metaboliten aufweisen. Wir mischen es, wie vom Gesetz her erlaubt, mit Wasser aus einwandfreien Quellen und Zürichsee-Wasser, danach kann es bedenkenlos verwendet werden.
Interview: Luc Müller