Herzstück der kommunalen Planung
Einen ganzen Samstagmorgen drinnen diskutieren – trotz sommerlicher Verhältnisse haben das rund 40 interessierte Rifferswilerinnen und Rifferswiler auf sich genommen. Die Resultate fliessen in die Zukunftsplanung.
Damit sich eine Gemeinde längerfristig positiv entwickeln kann, muss sie ein Ziel vor Augen haben. Als Grundlage für die Nutzungsplanung sowie die Bau- und Zonenordnung erstellt Rifferswil deshalb ein räumliches Entwicklungsleitbild (REL). Dieses soll als Herzstück der kommunalen Planung zur Schärfung des Gemeindeprofils beitragen. Das REL hält fest, wie sich die Gemeinde in den nächsten 15 Jahren in den Bereichen Siedlung, Landschaft, Verkehr und Infrastruktur weiterentwickeln soll, aber auch, welche Elemente und Gebiete möglichst unverändert bleiben oder sich bewusst nur wenig entwickeln sollen. Das REL liegt im Entwurf bereits vor. Um es breit abzustützen, hat der Gemeinderat die Bevölkerung von Rifferswil zur Mitwirkung eingeladen. Rund 40 Interessierte fanden sich dazu am Samstagmorgen in der Dorfturnhalle ein. Nach einer Einführung durch Raumplaner Peter von Känel wurden in fünf Gruppen Themen wie Wachstum, Ortsbild, Verkehrssituation und erneuerbare Energien diskutiert, aber auch ganz konkret das Wohnquartier Im Mattler. Dreimal wurde rotiert, ehe man sich im Plenum wieder zum Austausch der Resultate traf.
Wachstum bremsen
Aus den Gesprächsgruppen zum Thema Wachstum hielt Gemeindepräsident Christoph Lüthi fest, dass Rifferswil nicht mehr so schnell wachsen solle, was sowohl die Anzahl der Neubauten wie auch deren Wohnungsgrössen betrifft, und dass man den Grünflächen Sorge tragen müsse, denn diese seien eine Qualität des Dorfes. Als grosses Thema kristallisierte sich das Wohnen im Alter heraus. In den Diskussionsrunden mit Hochbau-Vorstand Yves Haller zum Thema Ortsbild zeigte sich, dass bauen in Rifferswil heute eine Herausforderung ist. Hier werden verbindliche Eckwerte gewünscht. Unter anderem geht es um Solaranlagen, aber auch darum, wie man trotz Ortsbild von nationaler Bedeutung Tageslicht in Dachgeschosse bringt. Rifferswil solle sich harmonisch weiterentwickeln können und nicht zum «Ballenberg» werden.
Dass es zu einem Wohnquartier eine eigene Diskussionsgruppe gibt, ist aussergewöhnlich, zeigt aber auch, dass der «Mattler» im Dorfgefüge eine spezielle Rolle spielt. Manche haben Mühe mit den Neubauten. Gewünscht wird hier unter anderem mehr Begrünung, eine bessere Einbindung ins Dorf – und eine eigene Bushaltestelle. Das führt zum Thema Optimierung der Verkehrssituation. Gemeinderätin Marlies Salzmann fasste hier die Wünsche zusammen, die von einem Ausbau der ÖV-Verbindungen, über Verkehrsberuhigung durch Tempobeschränkung bis zu einem verkehrsfreien Rifferswil reichen – dies wahlweise mit Umfahrung, Untertunnelung oder Pferdekutschen-Shuttle.
Den Energiebedarf selbst decken
Und wie lassen sich erneuerbare Energien nutzen und die Siedlungsökologie fördern? Hier wurde über naturnahe Gärten und ein Verbot von Steingärten diskutiert. Weiter war eine Regenwasser-Nutzungspflicht für Neubauten ein Thema, ebenso wie die Verwendung von nachhaltigen Baumaterialien. Aktuell liege der Energie-Eigendeckungsgrad bei 20 Prozent, verriet Gemeinderat Reto von Schulthess. Dieser Wert soll angehoben werden. Dazu beitragen könnte etwa ein grosses Fotovoltaik-Dach über dem Parkplatz beim Seleger Moor.
Im Plenum wurde die Vision von einem Netto-Null-Ziel für Rifferswil von einem grossen Mehr begrüsst. «Wenn Sie das wünschen, können Sie das auch erreichen», machte Moderator Peter von Känel den Rifferswilerinnen und Rifferswilern Mut. Weiter wurde auch das Thema Wohnen im Alter vertieft. Hier empfahl der Raumplaner, einen Verein oder eine IG zu gründen, um das Thema in Zusammenarbeit mit der Gemeinde anzugehen.
Rückmeldungen bis 21. August
Zum Abschluss bot sich den Anwesenden Gelegenheit, mittels Smartphone in einer Echtzeit-Abstimmung zu einigen Fragen Stellung zu nehmen. Dabei stimmten alle dem Grundsatz «Qualität vor Quantität» bei einer baulichen Verdichtung zu. Deutlich mehrheitsfähig wären auch die Einführung einer Überbauungsziffer fürs Einfamilienhausgebiet Im Mattler und für die Kernzone, eine Busverbindung nach Baar, mehr Biodiversität und bessere Siedlungsökologie sowie die Förderung von betreutem Wohnen. Schon viel skeptischer beurteilt wurden hingegen Ladestationen für die e-Mobilität.
Spannend sei es gewesen, bilanzierte Gemeindepräsident Christoph Lüthi, «aber wir haben auch viel Arbeit bekommen.» Nach den Sommerferien will der Gemeinderat die Nachbearbeitung des REL angehen. Weitere Inputs dazu seien willkommen, müssen aber bis 21. August eingereicht sein.