Im Götschihof spiegelt sich ein Jahrhundert Schweizer Geschichte

Die moderne Geschichte des Götschihofs begann vor 100 Jahren, als die Stiftung Schweizerische Nationalspende gegründet wurde, um in Not geratene Soldaten zu unterstützen. Heute befinden sich auf dem Land der Stiftung im Aeugstertal der Götschihof der Stiftung Solvita und der Gutsbetrieb der Nationalspende. Das 100-Jahre-Jubiläum der Schweizerischen Nationalspende wurde auf dem Waffenplatz Reppischtal zelebriert.

Eine dreiköpfige Delegation des Gemeinderats Aeugst dokumentierte die langjährige Verbundenheit der Gemeinde mit der Nationalspende und übergab Stiftungsratspräsident Werner Merk eine Publikation von Willy Hug über den Götschihof. Von links: Ho
Eine dreiköpfige Delegation des Gemeinderats Aeugst dokumentierte die langjährige Verbundenheit der Gemeinde mit der Nationalspende und übergab Stiftungsratspräsident Werner Merk eine Publikation von Willy Hug über den Götschihof. Von links: Hochbauvorsteherin Rebekka Manso, Daniel und Barbara Buchli, Pächter seit Anfang 2018, Planungsvorstand Bruno Fuchs, Gemeindepräsidentin Nadia Hausheer, Werner Merk sowie Walter und Angela Stump, die das Landgut Götschihof während eines Vierteljahrhunderts geführt haben. <em>(Bild bs)</em>

«Die Stiftung Schweizerische Nationalspende SNS hat sich immer den wandelnden Bedürfnissen angepasst und wird dies auch weiterhin tun», begrüsste Stiftungsratspräsident Werner Merk die Gäste des Jubiläumsanlasses auf dem Waffenplatz Reppischtal. Diese Feiern finden gleich dreifach statt, einmal in der Deutschschweiz, einmal in der Romandie, einmal im Tessin. Den Gutshof Götschihof bezeichnete Merk als «Herzstück» der Stiftung.

Von der Trinkerheilanstalt…

Bis zum Zweiten Weltkrieg erhielten Soldaten ausschliesslich den – bescheidenen – Sold. Viele Familien gerieten aufgrund des Lohnausfalls der Aktivdienstleistenden in Not. Diese Not und die lange Zeit getrennt von der Familie führten in beiden Kriegen zu einer wachsenden Anzahl alkoholkranker Soldaten. Für sie baute die SNS die Trinkerheilanstalt im Götschihof auf.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entschärfte sich die Alkoholismusproblematik und die SNS konnte eine neue Verwendung für den Götschihof suchen. Sie fand die Stiftung Solvita als Partner, die das Land neben dem Gutshof im Baurecht übernahm und dort vor 30 Jahren den Götschihof eröffnete, der Wohn- und Arbeitsangebote für Menschen mit Beeinträchtigungen bereithält.

…zum Vorzeigebetrieb

Der Gutsbetrieb wurde in jüngster Zeit zu einem Musterbetrieb ausgebaut. Pächter Dani Buchli zieht Kälber und Rinder auf, die zu achtzig Prozent Futter aus eigenem Anbau erhalten. Dazu baut er auf den Fruchtfolgeflächen im Wechsel Gras, Mais und Weizen an, wobei er das Getreide als Saatgut verkauft. Die Sonnenkollektoren auf dem grossen Ökonomiegebäude sorgen für eigenen Strom.

Die Geschichte des Götschihofs zeigt exemplarisch die Anpassung der SNS an veränderte Gegebenheiten. Ziel war immer eine nachhaltige Wirkung. Werner Merk stellte fest, dass die Stiftung in guten Zeiten wie heute haushälterisch mit ihren Mitteln umgeht, um die Mittel zur Verfügung zu haben, wenn der Bedarf nach Hilfe in Not wieder steige.

Die Not während der Weltkriege sei zuerst von Stiftungen wie der SNS und vor allem von Frauen bekämpft worden. Aus diesem privaten Einsatz heraus seien die grossen Sozialwerke AHV, IV und Erwerbsersatz entstanden sowie letztlich auch die Pensionskassen.

Verbundenheit von Armee und Bevölkerung

Regierungsrat Mario Fehr betonte in seiner Grussbotschaft die Bedeutung des Milizprinzips in der Armee. Es sei die Zivilbevölkerung, die 1975 den stolzen Kredit von 120 Millionen Franken für den Bau des Waffenplatzes Reppischtal bewilligt habe. Armee, Kanton und die beteiligen Gemeinden arbeiteten hervorragend zusammen, um den Dreiklang Militär–Polizei–Natur im Reppischtal so auszugestalten, dass auch die Bevölkerung einen Nutzen davon habe. Weil die Soldatinnen und Soldaten auch Bürgerinnen und Bürger seien, bleibe die Armee stets mit der Bevölkerung eng verbunden. Diese Verbundenheit habe dazu beigetragen, dass sich auch dank der Leistung sozialer Stiftungen wie der SNS das moderne Sozialsystem entwickelt habe.

Diversität stärkt die Armee

Korpskommandant Philippe Rebord, Chef der Armee, war einst selbst Mitglied des Stiftungsrats der SNS. Er nahm in seiner Jubiläumsansprache den Aspekt der Verbundenheit von Zivilgesellschaft und Armee auf. Die Milizarmee könne schneller mobil machen als eine Berufsarmee. Weiter betonte er die Bedeutung der Möglichkeit, dass seit 2004 Frauen alle Funktionen in der Armee übernehmen können. 2010 übernahm erstmals eine Frau das Kommando einer Brigade. Diversität stärke die Armee. Es gebe auch Aufgaben, die nur dank Frauen erfüllt werden könnten: «Denken Sie an eine Muslimin im Kosovo, die nicht mit Männern sprechen darf, wohl aber mit einer Schweizer Soldatin!» Künftig könne man sich bis zum 30. Altersjahr für den Eintritt in die Armee melden. Rebord erhofft sich dank dieser Massnahme eine Erhöhung des heute noch bescheidenen Frauenanteils in der Armee.

Auf die Ansprachen folgte die Oper Betly von Gaetano Donizetti, für die eigens eine Bühne im Hauptgebäude des Waffenplatzes eingerichtet worden war. Das heitere Stück folgt einem Singspiel von Goethe und spielt 1799 im Appenzellerland während der napoleonischen Kriege. Dank der Vermittlung eines Wachtmeisters erhört Wirtin Betly den wohlhabenden Landbesitzer Daniele, den sie erst abgewiesen hat, schliesslich doch und schafft so ein operngerechtes Happy End.

Beim nachfolgenden Apéro konnte unter anderem der auf dem Areal des Waffenplatzes angebaute Wein gekostet werden.

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