Kampf gegen «Windmühlen»

Gemeindeversammlung Kappel stimmt für einen Mindestabstand von einem Kilometer

Die Vorstellung, dass im Naturschutzgebiet beim Steinhauserweiher mitten im Wald in der Nähe von Siedlungsgebiet ein Windkraftwerk aufgebaut werden könnte, führte an der Kappeler Gemeindeversammlung zu Diskussionen. (Symbolbild map.)

Es war eine bemerkenswert unideolo­gische Diskussion, die sich die 80 Stimmberechtigten am Freitagabend im ­Kappeler Mühlesaal anlässlich der Gemeindeversammlung geliefert haben. Auslöser für das recht grosse Interesse war vor allem Traktandum 2, in der Einladung bezeichnet als «Teilrevision Bau- und Zonenordnung – Einzelinitiative ‹Mindestabstand für Windturbinen zu bewohnten Gebäuden›».

Bereits in der Einleitung betonte Gemeindepräsident Martin Hunkeler, dass es bei der Vorlage nicht um den Sinn oder Unsinn von Windturbinen oder alternativer Energieproduktion allgemein gehe, sondern lediglich um den Abstand der bis zu 220 Meter hohen Windräder zu bewohntem Gebiet. Er informierte zudem, wie die Gemeindebehörden über die Pläne des Zürcher Regierungsrats und Baudirektors Martin Neukom (Grüne), der auf dem Kantonsgebiet bis zu 120 Windturbinen aufstellen möchte, informiert wurden. Es habe lediglich eine Informationsveranstaltung des Kantons mit einer rudimentären Planauflage gegeben. Auf diesen Plänen waren die Windzonen ersichtlich. Ein offizielles Vernehmlassungsverfahren wie sonst üblich gab es nicht.

Die Gemeinde Kappel in der Offensive

Die Gemeinde habe dennoch Stellung genommen und auf die Schutzwürdigkeit des Gebietes um den Steinhauserweiher hingewiesen sowie darauf ­aufmerksam gemacht, dass der vorgesehene Perimeter auf dem Schweizer Windatlas nicht als Potenzialgebiet für Windenergieanlagen eingezeichnet sei. Der Gemeinderat habe zu bedenken gegeben, dass der Bau einer solchen Windanlage im Wald grossflächige Rodungen nötig mache – inmitten eines nationalen Naturschutzgebietes. Dazu komme, dass der benachbarte Kanton Zug bisher noch keine diesbezügliche Energiepolitik definiert habe, so Hunkeler. Eine Replik auf die Stellungnahme habe man von Kanton bisher keine erhalten, da es ja keine offizielle Vernehmlassung gewesen sei.

Die Initianten der Einzelinitiative, der frühere Kappeler Gemeindepräsident Kurt Bär (parteilos), Viktor Häberling (parteilos) und David Vogelsanger (SVP) veranlasste aber nicht nur die drohende, grossflächige Vernichtung von Wald zugunsten einer Energiegewinnung mit ungewissem Ertrag zum Aktivwerden. Das Trio störte sich an der Aussage Neukoms, dass die Gemeinden keine Kompetenz hätten, ausserhalb von Bauzonen Abstandsvorschriften festzulegen. Vogelsanger kommentierte: «Ich habe die Aussage Alt-Bundesrichter Karl Spühler vorgelegt. Der bezweifelt, ob diese Behauptung Neukoms vor Bundesgericht standhalten würde.» Einen Präzedenzfall habe es bereits gegeben. Die Gemeinde Tramelan sei in einem ähnlich gelagerten Fall mit dem Kanton Bern bis vors Bundesgericht gezogen und habe schliesslich Recht bekommen. Wohl auch deshalb hätten bisher elf ­Gemeinden Abstandsregeln für Windkraftanlagen gutgeheissen. Es mache als Gemeinde nämlich sehr wohl Sinn, in Anbetracht der zu erwartenden Umweltzerstörung sowie akustischen und optischen Emissionen frühzeitig klar Position zu beziehen. Tue man es nicht, gehe der Kanton womöglich von stillschweigendem Einverständnis aus und baue die Anlagen einfach. Kurt Bär ergänzte: «Im Ausland sind 1,5 bis 2,5 Kilometer Distanz zu Windenergieanlagen Usus. Da wirken die von uns geforderten 700 Meter nicht übertrieben.»

Distanz erhöht: von 0,7 auf einen Kilometer

Dieser Meinung war auch ein Votant, der beantragte, die Distanz auf einen Kilometer zu erhöhen, was die Versammlung prompt guthiess. Ein Votant wollte wissen, ob die Nachbargemeinden ihre Windräder auch näher als die geforderte Distanz bauen könnten und ob das nicht Rechtsstreitigkeiten auslöse. Hunkeler bejahte, denn eine Gemeinde könne nur über ihr eigenes Gemeindegebiet bestimmen. «Es ist davon auszugehen, dass es zu Rechtsstreitigkeiten kommen wird.» Jemand wollte wissen, wie laut denn Windturbinen in einer Distanz von 700 Meter seien. «Rund 40 Dezibel oder so laut wie ein Staubsauger», war die Antwort aus dem Publikum. In der Schlussabstimmung votierte der Souverän schliesslich grossmehrheitlich für die Annahme des 1-km-Abstands und zugunsten der Änderung der Bau- und Zonenordnung im Sinne der Einzelinitiative.

Auch bei der Behandlung der Totalrevision der Polizeiverordnung, durch die Sicherheitsvorsteher Renzo Küttel führte, kam es zu etlichen Wortmeldungen. Auslöser für die Revision war der Anschluss an die Polizeiorganisation Affoltern, die an der Urnenabstimmung im Juni 2023 vom Kappeler Souverän gutgeheissen worden war. «Die Polizeiverordnung war von 1995. In den letzten 29 Jahren hat sich die Welt weitergedreht», so Küttel. Die Überarbeitung sei in Zusammenarbeit mit der Polizei Affoltern und dem Bezirksrat erfolgt. Sie enthält Bestimmungen zu allgemeiner Natur, zu Tierhaltung und Umweltschutz, Schutz öffentlicher Sachen und des privaten Eigentums (hier geht es insbesondere um die Videoüberwachung des öffentlichen Raums), Immissionsschutz, Wirtschafts- und Gewerbepolizei, Einwohnerkontrolle und ­Meldepflicht. Vieles sei eine Harmonisierung mit dem übergeordneten Recht und den benachbarten Gemeinden, so der Sicherheitsvorsteher.

Polizeiverordnung: Keine Verschärfung für Hundehalter

Ein Votant wollte, dass der Art. 17 (Schutz des Kulturlandes – während der Vegetationszeit vom Mitte März bis Mitte November ist das unberechtigte Gehen, Fahren und Reiten auf Kulturland verboten) explizit um Hunde ergänzt wird. Der Hintergrund: Mehr als einmal sei es vorgekommen, dass auf seinem Land Katzen von Hunden totgebissen worden seien. Ein anderer Votant stellt fest, dass auch im Waldgebiet die Leinenpflicht oft nicht eingehalten werde und es deshalb zu wildernden Hunden komme. Ein anderer Redner und Hundebesitzer gab jedoch zu bedenken, dass zwei Drittel der Spaziergänger von auswärts kämen und die Polizeiverordnung von Kappel nicht kennen. Versammlungsleiter Martin Hunkeler ging nicht auf den Antrag ein.

Ein Votant beantragte die Beibehaltung der vorherigen Ruhezeitenverordnung, die Lärm am Abend noch länger erlaubt hätte. Der Antrag wurde jedoch deutlich abgelehnt.

Die Polzeitverordnung wurde darauf in der Schlussabstimmung grossmehrheitlich angenommen.

Bereits zu Beginn des Abends angenommen wurden die Rechnungen 2023 der politischen Gemeinde und der Sekundarschulkreisgemeinde Hausen, Kappel, Rifferswil, die beide mit einem Gewinn abschlossen und von der Versammlung fraglos und einstimmig gutgeheissen wurden.

Weitere Informationen

Den Informationsblock im Anschluss an den offiziellen Teil der Gemeindeversammlung eröffnete Sicherheitsvorsteher Renzo Küttel. Wie schon Martin Hunkeler bei der Eröffnung der Gemeindeversammlung bedankte sich auch Küttel bei der Feuerwehr, die in den letzten Wochen beschäftigt mit Bränden, Verkehrsunfällen und Hochwasser beinahe im Dauereinsatz gestanden hat. Er kündigte Projekte der Feuerwehr und für mehr Cybersicherheit an und, dass die Jungbürgerfeier wieder einzeln stattfinden wird und nicht mehr zusammen mit den Neuzuzügern.

Baukommissionsvorsteherin Lilo Steinmann kündigte die Teilrevision Bau- und Zonenordnung an. Dabei soll es verschiedene Kernzonenpläne für Uerzlikon, Hauptikon und Kappel plus kleinere Anpassungen am bestehenden Regelwerk geben, sowie das Thema «Mehrwertausgleich» soll behandelt werden. Dazu ist eine Informationsveranstaltung am Mittwoch, 25. September, 19.30 Uhr geplant.

Zur Situation der Geflüchteten in der Gemeinde Kappel sagte Steinmann, dass das vom Kanton geforderte Kontingent derzeit erfüllt ist. Sie ist überzeugt: Die Quote werde aber weiter steigen, wann sei jedoch unklar. Zum Thema «Familienergänzende Betreuung», stellte die Gemeinderätin Angebote für 0 bis 6-jährige Kinder in Aussicht. Im Winter werde einmal pro Monat die Turnhalle geöffnet. Im Frühling 2025 ist der Bau eines eingezäunten Spielplatzes für diese Altersgruppe beim Mühlesaal geplant. Der Mitwirkungsanlass finde am 14. September, 9 bis 11 Uhr, im kleinen Mühlesaal statt.

Die Frage aus dem Publikum, ob es bereits Neuigkeiten zum Schulhausbau gebe, konnte noch nicht beantwortet werden. Ein Votant wollte wissen, ob das Bauamt in Hausen bleibt, nachdem offenbar die Kappeler Bausekretärin gekündigt hat. Martin Hunkeler bezeichnete die Situation als «offen», da die Kündigung erst vor Kurzem erfolgt sei. Er ergänzte: «Jetzt müssen wir mit Hausen zusammensitzen und alles neu besprechen.» Die nächste Gemeindeversammlung findet am Freitag, 29. November, statt. (map.)

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