Lamarotte in Zusammenarbeit mit dem Pianohaus Schoekle
Stummfilm aus dem Jahr 1919 mit Klavierbegleitung von Peter Zihlmann
Es begann vor 13 Jahren mit dem Kauf eines Flügels. Oliver Schnyder reiste damals für das lamarotte nach Hamburg, um einen passenden Flügel auszusuchen. Daraus entwickelten sich Ideen und konkrete Projekte: So fand am vergangenen Freitag im Pianohaus Schoekle in Affoltern ein Filmabend in Kooperation mit dem lamarotte statt. 2026 wird eine gemeinsame Reihe unter dem Titel «Weltklasse im Säuliamt» realisiert. Das Oliver Schnyder Trio wird bereits am 14. Februar die Reihe im Schoekle-Saal eröffnen. Zwei weitere Konzerte folgen im Mai und im Dezember 2026.
Als die Bilder laufen lernten
Felix Aeppli ist Historiker und Filmexperte – und nennt sich auch Stonologe. «Ich bin kein Fan, ich bin Stonologe.» Er sammelt Tonträger der Rolling Stones oder genauer: Die Stones sind sein «Untersuchungsgegenstand». Mit anderen Worten, Felix Aeppli sammelt und geht in die Tiefe, wenn ihn etwas interessiert – und er ist bereit, sein fundiertes Wissen zu teilen. Während 15 Jahren hat er in 25 Veranstaltungen im lamarotte die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Themen als Historiker und Filmexperte vermittelt – im Pianohaus Schoekle nun über die Entwicklung des Stummfilms.
Die Brüder Lumière in Frankreich und Thomas Alva Edison in New York schafften gleichzeitig die Grundlagen der Filmproduktion. Die Brüder Lumière läuteten 1895 mit der ersten öffentlichen Filmvorführung die Ära des Kinos ein. Da es technisch noch nicht möglich war, Bild und Ton synchron aufzunehmen und abzuspielen, waren diese frühen Filme lautlos, stumm. Die Stummfilme wurden live von Pianisten, Orchestern oder Kinoorgeln begleitet. Um die Handlung verständlich zu erzählen, wurden Zwischentitel eingesetzt. Mit der Möglichkeit, auch Nahaufnahmen – beispielsweise von Gesichtern und deren oft überspitzt gespielter Emotionalität – zu zeigen, wurden die Zuschauer mitgerissen. Der mitreissende Effekt wurde verstärkt durch Musik, die das Geschehen oft dramatisch unterstrich, Spannung aufbaute und auflöste – und damit das emotionale Erleben der Zuhörer verstärkte.
Pianobegleitung von Peter Zihlmann
Bereits in ihrer Begrüssung verteilte Isabelle Schaetti, Geschäftsführerin des lamarotte, Vorschusslorbeeren für den Pianisten Peter Zihlmann: «Mit Peter Zihlmann dürfen wir einen Pianisten und Komponisten begrüssen, der seit Jahren mit seinem Trio Troja im lamarotte zu Gast ist. Er komponierte auch Werke für Orchester oder für die A-cappella-Gruppe ‹pagare ensemble›. Heute wird er den Stummfilm musikalisch begleiten.»
Um es gleich vorwegzunehmen: Die hohen Erwartungen wurden weit übertroffen. Er begleitete den Stummfilm «Die Puppe» von Ernst Lubitsch aus dem Jahre 1919 souverän mit gezielt eingesetzten Tempi und Klangcharakteren.
Man fühlte sich in ein Kino zu Beginn des letzten Jahrhunderts versetzt. Einen frappanten Unterschied gab es: Wahrscheinlich sass man bequemer als vor über 100 Jahren. Dies hat einen aktuellen Grund: Der Kanton Zürich hat dem Kulturverein einen grosszügigen Betrag für die Infrastruktur sowohl im Kulturkeller lamarotte als auch im Pianohaus Schoekle an der Sagistrasse zugesprochen. Am vergangenen Freitag wurden die Stühle eingeweiht. «Neue technische Einrichtungen folgen», so Isabelle Schaetti. Die bequemen Stühle trugen zwar zum Genuss des Abends bei, es war aber vor allem der unterhaltsame Film, der viele Lacher auslöste, und insbesondere das hervorragende, temperamentvolle Spiel von Peter Zihlmann.
Stummfilm «Die Puppe»
Die Geschichte könnte man als märchen- oder operettenhaft beschreiben: Ein verwöhnter Erbe wird von seinem Onkel gedrängt zu heiraten. Von vierzig Jungfrauen verfolgt, flieht er ins Kloster und wird von dem Lebensgenuss nicht abgeneigten und geldgierigen Mönchen zu einer Scheinehe mit einer Puppe überredet. Ein Puppenmacher baut eine passende, süsse Puppe nach dem Vorbild seiner eigenen Tochter. Als die Puppe zerbricht, springt die Tochter als Ersatz ein, was zu vielen lustigen Szenen und schliesslich zu einer echten Ehe führt. Die Handlung spielt in Theaterkulissen. Die Puppe und Tochter des Puppenmachers wurde von der Schauspielerin Ossi Oswalda mit Zappeligkeit und an Gesichtsverzerrung grenzendem Mienenspiel interpretiert. Der Tonfilm bedeutete denn auch das Ende ihrer Karriere.
Während die zeitgenössische Kritik «Die Puppe» lobte, bewertete die katholische Filmkritik den Film als «Schandwerk» und Verhöhnung des katholischen Ordenslebens. Ernst Lubitsch selbst bezeichnete den Film rückblickend als einen der einfallsreichsten. Dieser Einfallsreichtum begeisterte das Publikum am vergangenen Freitag. Es war ein heiterer, unbeschwerter Abend, den man gern noch an der Bar im ersten Stock ausklingen liess.





