Lebenserfahrung verändert die Bedürfnisse

Mit steigendem Alter verändern sich Ansprüche, Bedürfnisse und Tätigkeiten. Die Gemeinde ­Ottenbach hat einen Leitbild­prozess initiiert, um gemeinsam mit der Bevölkerung das Leben für Menschen mit viel ­Lebenserfahrung attraktiver zu ­gestalten.

Engagierte Diskussionen bei der Erarbeitung eines Altersleitbilds in Ottenbach: «Wir müssen dafür sorgen, dass Informationen einfacher zugänglich werden.» (Bild Salomon Schneider)
Engagierte Diskussionen bei der Erarbeitung eines Altersleitbilds in Ottenbach: «Wir müssen dafür sorgen, dass Informationen einfacher zugänglich werden.» (Bild Salomon Schneider)

Bereits in den 1920er-Jahren kam die Idee einer Alters- und Hinterbliebenenversicherung auf. Ziel der AHV war es, Altersarmut zu verhindern. 1931 scheiterte das AHV-Gesetz an der Urne, nach einer erfolgreichen Kampagne der Wirtschaftsverbände. Nach der entbehrungsreichen Zeit des Zweiten Weltkrieges wurde das Thema wieder aufgenommen. 1947 nahm die Stimmbevölkerung das AHV-Gesetz an und 1948 wurde die AHV eingeführt. Heute kann Altersarmut dank AHV, Pensionskasse, 3. Säule und Ergänzungsleistungen in den meisten Fällen abgefedert werden. An die Stelle der Altersarmut sind für Menschen mit viel ­Lebenserfahrung andere Fragestellungen und Probleme getreten.

Durchmischung der Generationen

Um das Leben für ältere Menschen ­attraktiver zu gestalten, hat sich der Gemeinderat Ottenbach entschieden, ein Altersleitbild zu erarbeiten, in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung. Denn während des Corona-Shutdowns hat sich akzentuiert, was sich bereits seit Jahren abgezeichnet hat: In Zeiten der steigenden Individualisierung der Gesellschaft fühlen sich immer mehr Menschen einsam – nicht nur im Alter. Bei der Erarbeitung des Altersleitbildes machten 40 engagierte Ottenbacherinnen und ­Ottenbacher mit. Eine Gruppe sammelte Gedanken über den gesellschaftlichen Zusammenhalt. In der Diskussion kam heraus, dass die Anwesenden sich alle in Vereinen und losen Gruppen engagierten und ein höchst aktives Sozialleben genossen. «Es ist gar nicht so einfach, zu merken was fehlt, wenn alle Bedürfnisse gestillt sind», stellte eine Teilnehmerin fest und erntete Zustimmung. Anschliessend machte sich die Gruppe Gedanken, wie jene Menschen erreicht werden können, die durch die Maschen des Systems fallen, wie Menschen aus anderen Kulturkreisen besser integriert und wie die Durchmischung der Generationen gefördert werden ­können.

Als Grossvater adoptiert

«Am Mittagstisch ‹gemeinsam statt einsam› in Affoltern habe ich eine Familie ohne funktionierendes familiäres Umfeld kennengelernt. Mit der Zeit haben mich die beiden Zwillinge als Grossvater adoptiert. Wir sehen uns jede Woche mindestens einmal und gehen auch zusammen in die Ferien», erzählte ein ­Anwesender. Solche Geschichten zeigten, dass die grösste Schwierigkeit auch bei Altersfragen in der Kommunikation und Information besteht. Wer gut vernetzt ist, findet Angebote und organisiert seinen Alltag so, dass allen Bedürfnissen Rechnung getragen wird. Gute Vernetzung hängt jedoch zentral mit der Verwurzelung am Wohnort, der Familie und dem sozialen Engagement während des gesamten Lebens zusammen. In kleineren Gemeinden, wo sich die Leute grösstenteils kennen, ist es zudem einfacher, Anschluss zu finden. Alterswohnungen im Dorf sind deshalb eines der wichtigsten Anliegen in Säuliämtler ­Gemeinden.

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