Leidenschaft, Hartnäckigkeit und Freude

Hinter dem Farbenbuch von Stefan Muntwyler, Juraj Lipscher und Hanspeter Schneider steckt viel Arbeit

Am vergangenen Donnerstag brachte Hanspeter Schneider, Gestalter und Buchdruck-Spezialist, die Besucher der Buchhandlung Scheidegger zum Staunen. Der qualitativ einzigartige Druck des 496 Seiten starken, reich illustrierten Buches ist nur mittels eines komplexen Druckverfahrens, das Hanspeter Schneider in jahrelanger Arbeit entwickelt hat, möglich. Das Buch wurde vor allem mit einem aufwendigen Zehnfarbendruck gedruckt und die Druckbögen wurden manuell farbkorrigiert. Dadurch konnten die Farbnuancen der abgebildeten Farbmuster, Pigmentpulver und Gemälde in höchster Qualität wiedergegeben werden.

Der Gestalter und der Offsetdruck

«Das geht nicht», erhielt Hanspeter Schneider oft als Reaktion, wenn er seine Pläne vorstellte und seine Techniken zu erklären versuchte. Es ging immer. Mit Leidenschaft, Hartnäckigkeit und Freude. Und in enger Zusammenarbeit mit Natascha Schwank, welche die Farben gleich sieht wie er und mit ihm die Geduld aufbringt, zu experimentieren, bis die gedruckte Farbnuance perfekt stimmt.

Um den Idealvorstellungen entsprechen zu können, mussten die Farbwalzen in der Konstanzer Druckerei für jeden Druckbogen nachjustiert und gereinigt werden, anders liessen sich die 700 Muster in ihren unterschiedlichen Dichten und Abstufungen nicht farbgetreu darstellen.

Bis zu «18-Farbendruck», üblich ist im Offsetdruck der Vierfarbendruck, wurde eingesetzt, um die über 330 Pigmente originalgetreu abzubilden. Das gelingt nur, wenn geduldig und millimetergenau gearbeitet wird.

Der Chemiker und die Farben

Juraj Lipscher ist Chemiker und Fotograf. Anlässlich des Abends in der Buchhandlung Scheidegger stellte er den Inhalt des 3,4 Kilogramm schweren Buches vor. Es ist angesiedelt an der Schnittstelle von Kunst und Chemie. Es geht um die materielle Grundlage der bildenden Kunst, um Pigmente und Farben. Und vor allem ist es schön.

Der erste Teil, ein Kompendium, das rund die Hälfte des Buches umfasst, bietet einen wissenschaftlichen Überblick zur Farbgewinnung, -produktion und -anwendung. Im zweiten Teil folgen exemplarische Farbanalysen bei ausgewählten Meisterwerken der Kunstgeschichte. Im dritten Teil werden unterschiedlichste kulturgeschichtliche Exkurse und Anekdoten präsentiert.

Dass hier Juraj Lipscher ein Wissenschaftler am Werk war, beweist das Kleingedruckte, zahllose Verweise auf die Quellen. Dass er als Lehrer tätig war beweist, dass er auch spannende Farben-Geschichten erzählt, die klammheimlich komplexes Wissen transportieren. Man lernt beispielsweise, dass die chemische Industrie gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Farbproduktion revolutionierte und damit die farbenintensiven Werke der Impressionisten erst möglich wurden.

Der Maler und die Farbenforschung

Als sich der Maler und Farbenforscher Stefan Muntwyler zusammen mit Juraj Lipscher und Hanspeter Schneider daran machte, das Buch zu planen, dachten sie nicht, dass es einen solch grossen Erfolg haben wird. Denn grosse, schwere und teure Bücher sind keine Kassenschlager. Die Auflage von 5000 Exemplaren des opulenten Werkes erschien letzten Herbst und war in Kürze ausverkauft. Von der zweiten Auflage ist bereits ein Drittel verkauft.

Stefan Muntwyler war Künstler, Buchautor und Forscher. Trotz Parkinson widmete er sich mit unglaublicher Energie der Farbforschung. Ende des letzten Jahrhunderts begann er, mineralische Pigmente zu Bildern zu verarbeiten: monochrome quadratische Farbflächen. Er trug jede Farbe rein auf, und ordnete sie einem Gestein, einer Erde oder einem bestimmten Pigment zu. Sein Atelier wurde zur Farbküche. Damals sagte er: «Ich male keine Bilder mehr im klassischen Sinn. Ich male Farben.»

Stefan Muntwyler konnte den riesigen Erfolg noch miterleben. «All meine malerischen Träume sind in Erfüllung gegangen. Das ist grossartig, dass wir das Buch zum Abschluss gebracht haben und ich es noch erleben kann.» Am 2. Oktober 2023 starb er. Die Abdankung fand am 26. Oktober statt, dem Tag, als seine Mitherausgeber das Buch in der Buchhandlung Scheidegger vorstellten. In ihren Referaten brachten Juraj Lipscher und Hanspeter Schneider ihre Bewunderung, ihre Wertschätzung und ihre Dankbarkeit für Stefan Muntwyler zum Ausdruck. Gemeinsam hatten sie acht Jahre am Buch gearbeitet.

Das Buch ist in der Buchhandlung Scheidegger erhältlich

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