Noch wenig Chancen für die Einzelinitiativen

Mindestabstände zu Windrädern in den Gemeinden gefordert – Kanton will das nicht genehmigen

In mehreren Gemeinden in der Schweiz – auch im Säuliamt – wurden kürzlich Einzelinitiativen zu Mindestabständen zu Windrädern eingereicht. Über diese Initiativen wird dann an den Gemeindeversammlungen abgestimmt. So beispielsweise in Mettmenstetten, wo die Einzelinitiative an der Gemeindeversammlung vom Dezember aber abgelehnt wurde. In Maschwanden wird an der Gemeindeversammlung vom 25. November über eine solche eingereichte Einzelinitiative abgestimmt.

Auch in Stallikon wurde im vergangenen August eine solche Einzelinitiative dazu eingereicht. Nach formeller und materieller Prüfung wurde die Einzelinitiative vom Gemeinderat Stallikon als gültig erklärt – an der Gemeindeversammlung vom Juni 2024 hätte darüber abgestimmt werden sollen. Doch der Initiant zog die Initiative, die einen Mindestabstand von 1000 Metern von einer Windenergieanlage zu einer zeitweisen oder dauerhaften bewohnten Liegenschaft forderte, im vergangenen November zurück. Dies auch nach einem Gespräch mit Reto Bernhard, Gemeindepräsident von Stallikon. Für den Rückzug gab es gute und vernünftige Gründe, wie Bernhard im Gespräch mit dem «Anzeiger» betont. Denn das kantonale Amt für Raumentwicklung (ARE) erklärte 2023 in einem Brief an die Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten des Kantons Zürich: Das ARE erachte kommunale Abstandsvorschriften von Windkraftanlagen zum Siedlungsgebiet als nicht genehmigungsfähig.

Aufwendiges Verfahren

Heisst: Wer als Bürger eine Einzelinitiative zu Mindestabständen zu Windrädern bei einer Gemeinde einreicht, wird damit nach bisherigem Stand keinen Erfolg haben. «Trotz dieser erfolglosen Aussichten ist die Gemeinde rechtlich verpflichtet, diese Einzelinitiativen zu prüfen. Ist formal alles gültig, kommt es zur Abstimmung», erklärt Bernhard. Nun sind derzeit mehrere Gemeinden parallel dabei, diese Einzelinitiativen umzusetzen, wenn der Souverän an der Gemeindeversammlung dazu Ja sagt. Um den Mindestabstand zu verankern, muss dazu die gemeindliche Bau- und Zonenordnung (BZO) angepasst werden. Diese wiederum muss abschliessend vom Kanton genehmigt werden.

Aber eben: Wie es das ARE schon erklärt hat, werden solche Mindestabstände in einer BZO der Gemeinde nicht bewilligt. «Das heisst für die Gemeinden, dass sie ein aufwendiges Verfahren durchführen müssen, das derzeit gar keine Chance auf Bewilligung hat», so Reto Bernhard.

Gegen eine solche Nichtgenehmigung einer kommunalen Nutzungsplanung durch den Kanton müsste die Gemeinde im nächsten Schritt Rekurs beim Baurekursgericht des Kantons Zürich einreichen. «Wenn die Gemeinde eine Mindestabstandsregelung auf gemeindlicher Ebene annimmt, müssen wir vom Gemeinderat das umsetzen. Wir müssten also Rekurs einlegen gegen den Kantonsentscheid und vielleicht abschliessend bis zum Bundesgericht gehen.» Bisher hat keine Gemeinde im Kanton Zürich ein solches Verfahren wegen einer angepassten BZO bezüglich des Mindestabstands von Windrädern bis ans Bundesgericht gezogen.

Nach einem rechtskräftigen Urteil, das die Entscheidung vom Mindestabstand der Windräder vom Kanton auf die Gemeinde überträgt, könnte eine Änderung in der BZO, wieder mit Einzelinitiative an die Gemeindeversammlung, zur Abstimmung gelangen, erklärt Reto Bernhard. Der Kanton sei jedoch bei jeder BZO-Änderung miteinzubeziehen und sei zuständig für die Bewilligung der BZO. «In Stallikon wurde kein Standort für Windräder geplant. Bezüglich Lärmemissionen wären wir jedoch betroffen. Denn Windräder sind in Hedingen im Himmelsbüel, in Sichtweite zur Gemeindegrenze von Stallikon, jedoch rund 1000 Meter davon entfernt», erklärt Reto Bernhard weiter.

Initiative im Kantonsrat abgelehnt

Am 5. Februar waren die Windräder auch im Zürcher Kantonsparlament ein grosses Thema. Im Kanton Zürich sind bekanntlich bis zu 120 Windräder geplant, die dereinst Strom für 170000 Haushalte liefern sollen. Die über 200 Meter hohen Windräder sollen so rund 7 Prozent des kantonalen Stromverbrauchs abdecken. Eine parlamentarische Initiative von SVP-Kantonsrat Tobias Weidmann forderte im kantonalen Planungs- und Baugesetz (PBG) die Einführung eines Mindestabstands von einem Kilometer zwischen industriellen Windenergieanlagen und bestehenden Wohngebäuden.

Die Initiative ist jedoch vom Tisch: Für eine vorläufige Unterstützung stimmten 56 Ratsmitglieder. 60 Stimmen wären dafür nötig gewesen. Das Geschäft ist damit erledigt.

Vor wenigen Tagen lancierten Windkraftgegner und Landschaftsschützer zwei Volksinitiativen gegen den Bau von Windrädern. Die eine fordert ein Bauverbot im Wald, die andere, dass zwingend die lokale Bevölkerung über geplante Projekte abstimmen darf.

Mögliche Windräder im Kanton Zürich sorgen derzeit für viel Diskussionen. (Archivbild, Pius Amrein/CH Media)

Fünf Standorte im Amt

Der Kanton Zürich hat 46 mögliche Standorte für die Windenergienutzung definiert. Fünf mögliche Orte für die bis zu 200 Meter hohen Windräder liegen im Säuliamt, wie der Grundlagenbericht «Windenergie Kanton Zürich» vom Dezember 2022 ausweist:

• «Uerzlikon»: Der ausgewiesene Perimeter betrifft die Gemeinden Kappel, Maschwanden, Knonau. Im Zentrum steht das Gebiet Unterweid-Güllen. Mögliche Anzahl Windenergieanlagen: 4, geschätzter Energieertrag (netto): 29 GWh

• «Rotenberg»: Standortgemeinde ist Maschwanden. Der Perimeter umfasst etwa das Gebiet zwischen Boll und Grischhei. Mögliche Windenergieanlagen: 4, geschätzter Energieertrag: 29 GWh

• «Haltenrain»: Der ausgewiesene Perimeter betrifft die Gemeinden Maschwanden, Obfelden, Mettmenstetten und Knonau. Im Zentrum steht das Gebiet Wolserholz. Mögliche Anzahl Windenergieanlagen: 4, geschätzter Energieertrag (netto): 30 GWh

• «Isenberg»: Standortgemeinde ist Ottenbach. Der Perimeter umfasst das Gebiet Sunnmatt-Isenberg. Mögliche Anzahl Windenergieanlagen: 3, geschätzter Energieertrag (netto): 24 GWh

• «Himmelsbüel»: Standortgemeinde ist Hedingen. Der Perimeter umfasst das Gebiet Himmelsbüel. Mögliche Anzahl Windenergieanlagen: 2, geschätzter Energieertrag (netto): 16 GWh. (red)

Weitere Infos: www.zh.ch/de/umwelt-tiere/energie/energieplanung/windenergie/planung-bewilligung.html

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