Obfelden stoppt AdL-Unterricht
Paukenschlag an der Primarschule: Per 1. August 2024 folgt die Rückkehr zu Regelklassen

Die neuste Meldung, welche die Primarschule Obfelden am Freitagmorgen aufgeschaltet hat, birgt Sprengkraft: Die Schule beendet das Modell «Altersdurchmischtes Lernen» und kehrt ab Sommer 2024 zu Regelklassen zurück. Diese werden im Zweijahresrhythmus geführt. Das bedeutet, dass Kinder mit dem gleichen Jahrgang jeweils für zwei Jahre mit den gleichen Klassenkameraden und den gleichen Lehrpersonen zusammen sind.
Der Wechsel bedeutet für Obfeldens Primarschulbetrieb eine Zäsur. AdL hatte sich dort bereits Ende der 90er-Jahre etabliert; ursprünglich aufgrund unterschiedlicher Klassengrössen, und zunächst nur in zwei Klassen, ab 2006 in sieben und ab Sommer 2016 in sämtlichen Klassen. Ab da setzten sich diese in der Unterstufe aus Kindern der ersten bis dritten, und in der Mittelstufe aus Kindern der vierten bis sechsten Klasse zusammen.
Umfrage unter Lehrpersonen brachte Veränderung ins Rollen
Wiederholt geriet das Modell in der Vergangenheit bei Eltern in die Kritik. Als die Fachstelle für Schulbeurteilung die Schule im Sommer 2020 überprüfte, fiel die Bilanz zuletzt ebenfalls durchzogen aus: Von der individuellen Lernbegleitung zeichnete sie ein fragwürdiges Bild. Und auch die Qualitätssicherung und -entwicklung der Schule wurden kritisiert (der «Anzeiger» hat berichtet).
«Die Klassen werden grösser und immer mehr Kinder brauchen individuelle Förderung. Wir wollten deshalb mit einer internen Umfrage den Puls fühlen bei den Lehrpersonen», schreibt Vize-Schulpräsidentin Karin Steigmeier auf Anfrage. «Ihre Rückmeldung hat klar aufgezeigt, dass es eine Veränderung braucht.»
AdL sei in einigen Aspekten aufwendiger als Regelunterricht, was eine Zusatzbelastung sein könne oder potenzielle zukünftige Lehrpersonen womöglich abschrecke, hält die Schulpflege auch im Auszug des veröffentlichten Sitzungsprotokolls fest, in dem sie ihren Entscheid begründet. Ein Nachteil in der aktuellen Situation mit Personalknappheit, wo es schwierig sei, erfahrene Lehrpersonen zu rekrutieren, «welche besonders bei AdL benötigt werden».
Der Wechsel von AdL zurück zu Regelklassen hat sich aber noch aus anderen Gründen aufgedrängt: Mehrere Klassen, insbesondere im Chilefeld, seien bereits heute grösser, als dies bei AdL vorgesehen wäre, so die Schulpflege. Aufgrund des prognostizierten starken Wachstums der Gemeinde sei in Zukunft mit noch grösseren Klassen zu rechnen. Gleichzeitig drängt das Volksschulamt Zürich (VSA) seit Längerem auf einen Wechsel: AdL aus pädagogischen Gründen wird vom VSA nicht unterstützt, was bedeutet, dass allfällige Mehrkosten von der Gemeinde übernommen werden, wofür die Bereitschaft zunehmend fehle.
Hinzu komme, so die Schulpflege, dass AdL in der Gemeinde und bei den Eltern «keine grosse Akzeptanz» geniesse. Für zahlreiche Schülerinnen und Schüler habe das AdL-Setting gezeigt, dass der Altersunterschied innerhalb der Klasse teilweise zu gross gewesen sei, was «für das Lernen nicht optimal war», so die Schulpflege, die auch festhält, dass das dreistufige Modell «in den ersten Jahren nach der Umstellung sehr gut funktioniert hat».
Elternvertretung: «Ein Grossteil der Eltern wird den Entscheid begrüssen»
Die erwähnte Umfrage unter den Lehrpersonen hatte die Schule im Frühling durchgeführt. Danach kam es zu weiteren Diskussionen, Abklärungen und ersten Gesprächen mit dem VSA. «Im September haben all diese Fakten dann aufgezeigt, dass unsere Primarschule mit einem Wechsel auf den Regelklassenunterricht auf die prognostizierten Veränderungen am besten vorbereitet ist», so Karin Steigmeier.
Sandra Bossard, Präsidentin der ElternMitWirkung an der Primarschule Obfelden, wurde am Freitagmorgen per E-Mail über die Änderungen informiert. «Ein Grossteil der Eltern wird den Entscheid begrüssen», vermutet sie. Ganz überraschend kommt der Richtungswechsel für sie nicht. Zwar habe sie zuletzt sehr wenige Rückmeldungen zu AdL erhalten, «doch der Unmut bei den Eltern hielt ja schon seit Jahren an und wurde verschiedentlich an die Schule herangetragen.»
Auf die Primarschule warten nun fordernde Monate: Die gesamte Schulorganisation muss neu aufgegleist werden, sämtliche Schülerinnen und Schüler der ersten bis sechsten Klasse (im aktuellen Schuljahr sind dies über 430 Kinder) werden neu eingeteilt. Auch die Lehrpersonen und Räumlichkeiten werden sich ändern. Vereinzelt können auch Schulhauswechsel nicht ausgeschlossen werden.
Und was bedeutet der Modellwechsel finanziell? Die Umstellung erfolge kostenneutral, schreibt Karin Steigmeier. «Falls wir punktuell Unterstützung in Form eines Coachings benötigen, haben wir ein kleines Budget von 5000 Franken eingeplant.» Zwar würden die Schulleitung und Schulverwaltung personell aufdotiert, dies habe aber nichts mit dem Schulmodellwechsel zu tun: «Die Aufstockung steht der Primarschule Obfelden gemäss Schülerzahlen zu.»