Schule im Ausnahmezustand
Seit Montag sind alle Schulen geschlossen. Der Schulbetrieb aber wird weitergehen. In Affoltern, Knonau und Bonstetten ist die Umstellung auf «Home-Schooling» in vollem Gange.

Der Ausnahmezustand wegen des Coronavirus ist auch in den Schulen sicht- und hörbar. Alle Schulen im Bezirk Affoltern sind geschlossen, die Schulhäuser stehen verlassen da, die Klassenräume sind leer, auf den Pausenplätzen herrscht gespenstische Ruhe.
Das heisst aber nicht, dass in den Schulen nichts läuft. Schulbehörden, Schulleitungen und Lehrerschaft arbeiten mit Hochdruck daran, die Umstellung auf die neue Form von Schulbetrieb, den Fernunterricht, zu bewerkstelligen. In Affoltern organisiert ein Kriseninterventionsteam, bestehend aus Schulpflegemitgliedern, allen Schulleitungen, der Leitung der Tagesstruktur und einer Gruppe von Lehrpersonen, den Unterricht auf elektronischer Basis. Entsprechend den Vorgaben des Volksschulamts ist es daran, der Schülerschaft freiwillige Lernangebote in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Derzeit sind Abklärungen bei allen Familien der rund 970 Schülerinnen und Schüler in Affoltern und Zwillikon darüber im Gange, wie sie ICT-mässig zu Hause ausgerüstet sind.
Geachtet wird in Affoltern stark darauf, das Leben der Eltern etwas zu erleichtern. «In dieser Zeit sind die Eltern wahrlich sehr gefordert. Viele arbeiten von zu Hause aus und haben gleichzeitig ihre Kinder daheim. Der Schule ist es ein grosses Anliegen, sie in dieser Herausforderung bestmöglich zu unterstützen», sagt Doris Schwarz, Schulleiterin in Zwillikon. Die Klassenlehrpersonen tun dies etwa, indem sie bei jeder Familie vorbeigehen und die Arbeitsdossiers in den Briefkasten werfen oder sie per Mail mit Arbeitsunterlagen beliefern. Auch sind die Schulbehörden mit den Elternräten in Kontakt, um Vorschläge für Tagesstrukturen zu erarbeiten. Die Notfallbetreuung für Kinder, deren beide Eltern arbeiten müssen, sieht in Affoltern so aus, dass sie gemäss Stundenplan von Lehrpersonen in der Schule betreut, aber nicht beschult werden.
Offene Aufgabenstellungen
Auch in Knonau rüstet man sich für das «neue Schulzeitalter». In den vergangenen Tagen konnten die Schülerinnen und Schüler ihr Schulmaterial nach Hause holen. Mit Newslettern werden sie und ihre Eltern nun täglich über aktuelle Entwicklungen informiert und vorbereitet für den Fernunterricht. Am Dienstag wurde ein Video verschickt, das zeigt, wie sich die 270 Schulkinder von Knonau ihr Homeoffice einrichten können, um zu Hause gut und konzentriert zu arbeiten. Eingerichtet werden derzeit Webseiten für jede einzelne Klasse, in denen die Aufgaben für die Schülerschaft aufgeschaltet werden. «Das werden offene Aufgabenstellungen sein», beschreibt Schulleiter Jörg Berger die Zielsetzung, «vielfältige Übungen, in denen es ums Forschen, Entdecken, Recherchieren geht und in denen die Schüler sich selber Lösungswege erarbeiten sollen. Fächerübergreifende Aufgabenstellungen stehen im Vordergrund, auch in den Bereichen Singen, Musizieren, Zeichnen und Bewegung.» Es gehe nicht um das klassische Abarbeiten eines schulischen Wochenplans. Der Ansatz sei dabei völlig neu: «Für die Kinder wird das komplett neu sein, wenn sie mit ihren Eltern vor dem Computer sitzen und gemeinsam ihr individuelles Lernangebot aussuchen und zusammen einen Plan für den nächsten Tag erstellen werden. «Wir wollen auch die Eltern nicht überfordern», meint Berger. Diese müssten nun nicht die Lehrpersonen zu ersetzen versuchen oder Angst haben, dass ihre Kinder aufgrund des Wegfalls der Schulpräsenz im nächsten Schuljahr repetieren müssten.
Eltern mit offenen Fragen können sich in Knonau an den Schulsozialarbeiter oder den Elternnotruf wenden. Für die Notfallbetreuung von vier- bis zwölfjährigen Kindern stehen in Knonau in einem Klassenzimmer mit Gruppenraum drei separierte Standorte à je sechs Plätze bereit.
Fernunterricht gestartet
Gut gerüstet steigt die Sekundarschule Bonstetten in den Fernunterricht. «Wir können uns glücklich schätzen, dass wir uns schon vor zwei Jahren für das 1:1-Computing entschieden haben», sagt Schulleiterin Beate Kuhnt. Die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler verfügt bereits über ein persönliches Computergerät, für die anderen stehen genug Geräte bereit.
Bonstetten hat mit dem Fernunterricht am Mittwoch begonnen. Tags zuvor konnten die Schüler das notwendige Unterrichtsmaterial in ihrem Klassenzimmer abholen. Die Lehrpersonen haben das Online-Material für die einzelnen Fächer zusammengestellt und den Schülerinnen und Schülern über die Mailadresse oder über Office 365 zugestellt. Ziel ist laut Beate Kuhnt, die Schülerschaft vorerst rund 3 Stunden pro Tag mit Aufgaben zu beschäftigen. Aufgaben aus den Haupt- und Nebenfächern, aber auch aus den Bereichen Kochen, Handarbeit und Sport. «Die Eltern sind extrem gefordert, mit ihren Kindern, die nun tagein tagaus zu Hause sind. Indem wir ihre Kinder weiterhin unterrichten und eine Tagesstruktur anbieten, möchten wir sie unterstützen und etwas entlasten.»
Kuhnt geht davon aus, dass die Schüler in der neuen Ausgangslage sehr motiviert sein werden. «Mit der Zeit aber wird die Motivation ein Problem werden.» Mittelfristig gehe es darum, einen guten Mix an Aufgaben zu finden, um den digitalen Unterricht nicht zu eintönig werden zu lassen. Denn: «Der Präsenzunterricht wird allen fehlen», ist Kuhnt überzeugt.