Das Spital Affoltern rettet seinen Notfall
Mit einem zweijährigen Pilotbetrieb entgeht die Notfallstation vorläufig der Schliessung
Im Jahr 2019 behandelte die Notfallstation des Spitals Affoltern 7680 Fälle – fünf Jahre später, 2024, waren es bereits 10000. Das sind etwas mehr als durchschnittlich 27 Fälle pro Tag – ein Rekordwert. Doch während die Fallzahlen einen deutlichen Bedarf zeigen, war zuletzt unklar, wie die Zukunft des Notfallzentrums am Spital Affoltern aussieht: Die beiden Leistungsaufträge im Bereich Akutsomatik (Basispaket Chirurgie und Innere Medizin) hat das Spital Affoltern bei der Spitalplanung 2023 nur noch befristet erhalten – per Ende 2025 laufen sie aus. Ohne dieses Basispaket ist es dem Spital allerdings nicht möglich, den Notfall in seiner heutigen Form weiterzuführen. Infrage gekommen wäre dann noch ein reduziertes Notfall-Angebot, etwa in Form einer Permanence.
Befristeter Leistungsauftrag bis 2027
Seit Donnerstag vergangener Woche ist klar, dass dieses Szenario am Spital Affoltern vorläufig nicht Realität wird. Stattdessen präsentierte die Zürcher Gesundheitsdirektion als Lösung einen sogenannten «Notfall light». Dabei handelt es sich um eine Notfallstation, die mit einer kleinen Kurzaufenthaltseinheit ergänzt wird, in der leichtere medizinische Fälle aufgenommen werden können. Die maximale Aufenthaltsdauer auf der Station beträgt drei Tage. «Ein möglicher Vorteil besteht darin, dass diese Patientinnen und Patienten die notwendige medizinische Betreuung und Überwachung erhalten, ohne dass sie in ein grösseres Spital verlegt werden müssen», schreibt die Gesundheitsdirektion. Dass die Notfallstation auch ohne umfassende medizinische Grundversorgung weiterhin gut ausgelastet sei, bestätige die nach wie vor wichtige Rolle des Spitals Affoltern für die regionale Versorgung.
Mit dem zweijährigen Pilotbetrieb im Spital Affoltern will die Gesundheitsdirektion nun prüfen, wie sich eine solche verkleinerte Notfallstation in der Praxis bewährt und ob sie langfristig für ein Spital finanziell tragbar wäre.
Für den Pilotbetrieb dieses «Notfall light» erhält das Spital Affoltern ab Januar 2026 wieder einen befristeten Leistungsauftrag. Das Spital Affoltern ist im Kanton Zürich aktuell der einzige Betrieb, in dem das Konzept getestet wird. Aktuell seien keine weiteren Pilotprojekte dieser Art vorgesehen, teilt die Gesundheitsdirektion auf Anfrage mit.
Pilot: Für Innere Medizin bedeutend
Mit Blick auf das erklärte Ziel der Gesundheitsdirektion – eine Konzentration der medizinischen Leistungen – werden neue Leistungsaufträge ausserhalb der grossen, alle zehn Jahre stattfindenden Spitalplanung nur sehr zurückhaltend vergeben. Etwa bei Unterversorgung.
Eine solche drohende Unterversorgung sei denn auch eines der Argumente gewesen, die das Spital Affoltern in den Verhandlungen mit der Gesundheitsdirektion vorgebracht habe, erklärt Stefan Gyseler, interimistischer Co-CEO und Verwaltungsratspräsident, auf Anfrage: «Wir haben darauf hingewiesen, dass es auf dem Land zu einem Versorgungsengpass ambulanter Bedürfnisse kommen wird, wenn sich weitere Spitäler dazu entschliessen, ihre Chirurgien aus Gründen der Kosteneffizienz zu schliessen und der Betrieb der Notfallstationen direkt an die Chirurgie gekoppelt bleibt. Denn auch bei den Hausarztpraxen, die einen Teil der ambulanten Versorgung stemmen, nimmt die Dichte stetig ab.» Mit Blick auf die beiden auslaufenden Leistungsaufträge per Ende 2025 für Chirurgie und Innere Medizin habe das Spital Affoltern deshalb Anfang 2025 das Gespräch mit der Gesundheitsdirektion gesucht. Im Rahmen mehrerer Gespräche sei dann das Pilotprojekt «Notfall light» zustande gekommen. Aus Sicht von Stefan Gyseler ist es eine gute Lösung: «Wir hatten das Ziel, den Notfall zu behalten, weil wir den Eindruck haben, dass er für die Bevölkerung von grosser Bedeutung ist.»
Im Hinblick auf interne Abläufe oder Infrastruktur ändere sich mit dem Pilotprojekt nichts, erklärt Gyseler: «Die Rettungsdienste wissen Bescheid, mit welchen Fällen sie uns anfahren können.» Solche, die chirurgisches Fachpersonal erfordern, nimmt das Spital Affoltern bereits seit Herbst 2022 nicht mehr an, als die ambulante und stationäre Chirurgie geschlossen wurde. Anders sieht es für die zweite Disziplin aus, für die der Leistungsauftrag Ende 2025 ausläuft: «Dass wir Patientinnen und Patienten neu bis zu 72 Stunden stationär versorgen dürfen, ist für die Innere Medizin sehr bedeutend.»
Geschäftsgang 2025: «Gut unterwegs»
Mit Blick auf den Geschäftsgang sagt Stefan Gyseler: «Wir sind gut unterwegs.» Zwei Drittel des erfahrungsgemäss etwas schwächeren, dritten Quartals sind durch, und man sei mit der Belegung so weit zufrieden. Dasselbe gelte für den Anteil der kostspieligen Temporärstellen.