Standing Ovations für den «stehenden Klarinettisten»

Vor 70 Jahren trat Leo Kälin im «Pöschtli» Rifferswil erstmals auf – dort feierte er sein Bühnenjubiläum

Die Kapelle Leo Kälin, von links: Leo Kälin, Walter Rickenbacher, Richard Kälin und Guido Bürgler.

Die Kapelle Leo Kälin, von links: Leo Kälin, Walter Rickenbacher, Richard Kälin und Guido Bürgler.

Klarinettenvirtuose und schlagfertiger Interviewpartner: Nicolas Senn im Gespräch mit Leo Kälin.

Klarinettenvirtuose und schlagfertiger Interviewpartner: Nicolas Senn im Gespräch mit Leo Kälin.

Kapelle «Illgauer Gruss»

Kapelle «Illgauer Gruss»

«Ächt bodästendig» aus dem Berner Oberland. (Bilder Werner Schneiter)

«Ächt bodästendig» aus dem Berner Oberland. (Bilder Werner Schneiter)

Sie nahmen zum Teil eine lange Reise auf sich, die sieben Formationen und ein Teil der Gäste, die dem Jubilaren am Freitag im vor Kurzem wiedereröffneten «Pöschtli» die Reverenz erweisen wollten. Und sie illustrierten damit den schweizweiten Bekanntheitsgrad von Leo Kälin. Seit nunmehr 70 Jahren steht der 83-Jährige auf den Bühnen, spielt in Sälen an Hochzeiten, Jubiläen und anderen Festen – und noch immer mit Leidenschaft. «Pfuus», um seine sieben Klarinetten zu spielen, hat er noch immer genügend und er ist beim Komponieren voll von Ideen.

Über 12000 Titel im Archiv

Rund 220 Stücke hat er inzwischen arrangiert. Manchmal ging das sehr schnell, aber in einem Fall dauerte es 40 Jahre, ehe die Melodie stimmte. «Über de Albispass» heisst dieses Stück, das Leo Kälin am Jubiläumsabend zusammen mit Sohn Richard Kälin, Walter Rickenbacher und Guido Bürgler spielte. Und alles, was er aus seiner Feder zu Papier gebracht hat, sind reine Unikate, unverwechselbare Titel. «Es darf nicht sein, dass jemand kommt und sagt: Das habe ich schon gehört. Das wäre für mich grauenhaft», sagt Leo Kälin im Gespräch vor der Veranstaltung. Sein Repertoire ist riesig: 12230 Titel sind im Archiv im Keller in Obfelden in Ordnern vorhanden.

Nach Übersee und im Fernsehen

Seine unvergleichbare Musikkarriere begann in der Harmonie in Hausen, wo er bei Robert Vollenweider gelernt hat. Mit 13 Jahren stand Leo Kälin in der «Post» in Rifferswil erstmals auf der Bühne. Seither sind es Hunderte von Auftritten geworden. Im Rahmen von Tourneen hat der gelernte Metalldrücker in Korea, Japan, Südafrika und Südamerika in die Tasten gegriffen. Immer stehend, was ihm die Bezeichnung «stehender Klarinettist» einbrachte.

Seinen Bekanntheitsgrad steigerte Leo Kälin mit rund einem Dutzend Auftritten im Schweizer Fernsehen. 1962 erschien seine Formation erstmals auf dem Bildschirm; die Aufnahmen wurden zwischen Hausen und Kappel gemacht; Leo erinnert sich noch an jedes Detail. Sein Gedächtnis ist phänomenal. Unvergessen, wie er 1970 in einer Sendung von Wysel Gyr den «Tousser Füürwehrschottisch» uraufführte. Volksmusikpapst Gyr wurde zum Freund, lud Leo Kälins Formation auch zur Samstagabendkiste «Gala für Stadt und Land» ein, wo der Geehrte den 7-Klarinetten-Ländler zum Besten gab, ein Stück in dem auf sieben verschiedenen Klarinetten spielte.

«Musik ist mein Lebenselixier»

Im vollen «Pöschtli»-Saal stieg am Freitag ein fröhliches Fest mit sieben Formationen, präsentiert von Hans Arnold, Gemeinderat aus Kappel, der seine Ansagen mit Witz garnierte. Als dann im zweiten Teil Leo Kälin und seine Leute erstmals auf die Bühne traten, erhob sich das Publikum – eine Standing Ovation für den Jubilaren, der seine Form an der Klarinette eindrücklich unter Beweis stellte. «Musik ist mein Lebenselixier. Ich geniesse jeden Tag und bin dankbar, dass ich noch auftreten kann», sagte er ins Mikrophon von Hans Arnold und benutzte die Gelegenheit für einen Dank an seine Frau Agatha, die das Haus in Obfelden wegen Leos Auftritten oftmals alleine hütete. Ihr hat er das bekannte Stück «s’Agi macht Kafi» gewidmet.

Fernsehauftritt in der Bodensee-Arena in Kreuzlingen

Schliesslich öffnete sich die Saaltüre. Es erschien ein grossgewachsener jungen Mann in Appenzellertracht, der ein Mikrofon in der Hand hielt und begleitet war von einem SRF-Kameramann: Nicolas Senn, Moderator von «Potzmusig», war der von Hans Arnold angekündigte Überraschungsgast. Er interviewte Leo Kälin auf der Bühne und fragte ihn: «Kannst du dir vorstellen, am 30. Januar 2016 in der Sendung ‹Viva Volksmusik› in der Bodensee-Arena in Kreuzlingen aufzutreten?». Leo Kälin zeigte sich ob der Frage keineswegs verblüfft, sein Antwort kam nach einer Sekunde: «Ja, das kann ich mir vorstellen!». Dort wird er also mit seiner Formation zu sehen sein – nur wenige Monate nach seinem letzten Auftritt in «Potzmusig».

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