Starker Einfluss der «Umzugsstrafe»
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Eine Entspannung der Immobiliensituation ist nicht in Sicht. Der erwartete Wanderungssaldo (Zuwanderung) und, in deutlich kleinerem Mass, der Geburtenüberschuss dürften die Einwohnerzahl in der Schweiz von derzeit 9 auf 10 Millionen bis 2045 ansteigen lassen. Ab 2030 könnte sich das Bevölkerungswachstum jedoch allmählich verlangsamen, wodurch sich im Landesdurchschnitt auch die Wohnungsknappheit abschwächen dürfte, prognostiziert die Bank.
Ein wichtiger Faktor bei diesen Berechnungen ist die fortschreitende Alterung der Gesellschaft. Sie dürfte die Wohnungsknappheit zunächst weiter verschärfen. Allerdings werden «Berge und Mittelland» davon unterschiedlich betroffen sein, so die UBS. Sie geht davon aus, dass die Zahl der Pensionierten hauptsächlich in «Regionen im Deutschschweizer Mittelland abseits der Grosszentren» in den nächsten 20 Jahren stark steigen wird. Grund: «Die geringe und weiter abnehmende Umzugswahrscheinlichkeit im Alter.» Als Ursache nennt UBS-Ökonom Matthias Holzhey die «Umzugsstrafe – eine der prägendsten Effekte der nächsten Jahre». Gemeint ist, dass viele Pensionierte in den aktuellen vier Wänden deutlich günstiger leben, als wenn sie umziehen würden. Gerade in Grosszentren kann dieser Aufschlag massiv sein. In Genf etwa beträgt die «Umzugsstrafe» laut UBS massive 106 Prozent: So viel müsste jemand im Schnitt mehr zahlen, der nach 10 oder mehr Jahren aus seiner bisherigen Wohnung in eine gleich grosse neue Wohnung (mit Angebotsmiete) umzieht. In Zürich wären es immer noch 73 Prozent mehr, in Lausanne 67 Prozent, in Basel 35 Prozent, in Bern 33 Prozent.
In vielen Bergregionen droht dagegen parallel ein Überalterungsrisiko, ein «Japanisierungsrisiko» (Holzhey): Die Jungen ziehen weg, zurück bleiben die Alten, was regional zu Abwärtsspiralen führen kann. In Japan stehen aus diesem Grund mehrere Millionen Liegenschaften leer. Dort sind die Landwerte in Präfekturen mit einem besonders hohen Anteil von Personen über 65 seit der Jahrtausendwende um 40 bis 50 Prozent gesunken.
Aufhellung bei Mietwohnungen
Die gute Nachricht der Grossbank aus Mietersicht: Der Markt für Mietwohnungen dürfte sich aufgrund einer steigenden Neubautätigkeit etwas entspannen. Allerdings dürfte der Wohnungsbau «aufgrund langer Bewilligungsprozesse und häufiger Einsprachen» frühestens 2026 wieder Fahrt aufnehmen. Die Leerstände bei Mietwohnungen würden daher in diesem Jahr voraussichtlich von 1,6 bis 1,4 Prozent weiter sinken.
Laut UBS hat die Projektierung neuer Mietwohnungen «als Folge der positiven Marktstimmung» seit dem Tiefststand im Jahr 2021 um 20 Prozent zugenommen. Dazu zeige sich eine gewisse Normalisierung der Nachfrage nach Wohnungen. «Zum einen ist die Zuwanderung auf hohem Niveau rückläufig. Zum anderen führt das gestiegene Mietpreisniveau derzeit zu weniger Umzügen, geringerer Haushaltbildung und einer Verschiebung der Nachfrage in günstigere Regionen.»
Stagnierende Büromieten
Bei den Büroflächen rechnet die UBS «im Landesdurchschnitt qualitätsbereinigt lediglich mit stagnierenden Mieten». Zwar sei die Bürobeschäftigung seit 2019 pro Jahr um durchschnittlich 1,6 Prozent gewachsen, dennoch habe die Angebotsquote bei Büroflächen parallel dazu nicht ab-, sondern zugenommen, von rund 4 auf 5 Prozent. Dahinter stecken Optimierungsbestrebungen der Unternehmen und das «Homeoffice». Auch wenn manche Firmen ihre Angestellten wieder vermehrt zurück ins Büro beordern würden, so dürfte laut der Studie «der Homeoffice-Anteil aufgrund des Fachkräftemangels mittelfristig weiter steigen» – und somit die Flächennachfrage dämpfen. Ausnahmen blieben Büros an zentralen Lagen mit flexibler Raumaufteilung und hohen Nachhaltigkeitsstandards. Namentlich erwähnt werden Zürich und Zug, welche den anderen grossen Büromärkten «vorerst wohl weiterhin den Rang ablaufen».
Erneuter Preisanstieg bei Wohneigentum
Die UBS geht davon aus, dass die Preise für Eigentumswohnungen im laufenden Jahr um 3 Prozent steigen werden und bei Einfamilienhäusern um 4 Prozent. So sei die Nachfrage nach Eigenheimen in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Das liege auch an den niedrigen Hypothekarzinsen. Dadurch seien die laufenden Kosten für Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer wieder tiefer als die Miete einer vergleichbaren Wohnung. Dazu komme, dass die Neubautätigkeit derzeit ein Drittel tiefer liege als im Durchschnitt der letzten 15 Jahre, so die UBS. (dv)
Nur jede zweite Heizung nachhaltig
Die bisherige Heizungsersatzrate bei Wohnbauten ist zu niedrig, um die Nachhaltigkeitsziele bis 2050 zu erreichen. Laut der UBS-Immobilienstudie Focus 2025 sind derzeit erst 40 Prozent der Heizungen nachhaltig. Bis 2030 würde voraussichtlich erst gut die Hälfte (53 Prozent) der Wohngebäude im Landesdurchschnitt über eine nachhaltige Heizung verfügen. Dabei könne sich der «zunehmende politische Sanierungszwang nachteilig auf die Immobilienwerte auswirken». Trotz Subventionen und Steuervorteilen seien die Renditen energetischer Sanierungen in vielen Fällen nicht attraktiv. Zudem werde sich der Fokus von den reinen Emissionen im Betrieb «wohl auf die Reduktion und Kompensation der grauen Emissionen verschieben, die bei Neubauten und Sanierungen entstehen». Eine signifikante Senkung dieser Emissionen «dürfte mit deutlich höheren Kosten ein-hergehen, was Ersatzneubauten finanziell weniger attraktiv machen könnte», schreibt die UBS. (dv)