Stimmvolk sagt «ja, aber…» zum Zusatzkredit
Am Mittwoch hatte das Hausemer Stimmvolk zu entscheiden, ob es in das neue Campinggebäude weitere 270'000 Franken investieren will. Dass die Stimmberechtigten auf Probleme bei Bauprojekten inzwischen sensibel reagieren, zeigte sich an den Voten und an einem Rückweisungsantrag.

Er war erwartungsgemäss das umstrittenste Geschäft an jenem Abend: Der Zusatzkredit für den Ersatzneubau des Betriebsgebäudes am Türlersee. Fünf Viertelstunden debattierte man über das Geschäft, zuweilen hitzig. Die einen empfanden die Diskussion als «peinlich» und die geforderte Summe von 270'000 Franken im Gesamtkontext als «Pipifax». Andere fühlten sich vom Gemeinderat erpresst und sahen in einem Rückweisungsantrag den letzten Ausweg.
Im Februar 2020 hatten die Stimmberechtigten einen Kredit über 2,3 Millionen Franken bewilligt. Geplant war, das alte Betriebsgebäude abzureissen und es durch einen Holzbau zu ersetzen. Die Bauarbeiten plante man für die Wintermonate ein, um das Gebäude per Saisonstart 2021 zu eröffnen. Kurz vor dem Start der Arbeiten im Oktober zog der Gemeinderat die Notbremse. Der Fachplaner im Haustechnik-Bereich hatte die Kapazitäten falsch berechnet. So war beispielsweise das Lüftungsaggregat für die Küche zu klein geplant worden. Weiter war auch der Pumpschacht für das Abwasser zu knapp berechnet worden, genauso wie die Wärmepumpenanlage und die Speicher der Warmwasseraufbereitung.
Bei der Planung seien «gröbere Fehler» passiert, räumte Finanz- und Liegenschaftsvorsteherin Beatrice Sommerauer vor den Stimmberechtigten ein. Im Folgenden erläuterte sie die Verschiebungen, die sich in den einzelnen Budgetposten ergeben. Mehrkosten für Heizungs-, und Lüftungsanlagen, Sanitäranlagen, Honorare oder die Betriebseinrichtungen. Daraus ergibt sich die Gesamtsumme für den Zusatzkredit: 270'000 Franken. Anders hatte das die Rechnungsprüfungskommission eingeordnet: Sie beantragte den Stimmberechtigten zwar die Gutheissung des Geschäfts, bezifferte den Nachtragskredit allerdings auf 370'000 Franken, weil die Reserven in der neuen Kostenaufstellung um knapp 100'000 Franken geschrumpft sind.
Wasserverbrauch scheint vielen zu hoch
Hochbauvorsteher Reto Brönnimann stellte den Stimmberechtigten das überarbeitete Haustechnik-Konzept näher vor. So fasst der neu eingeplante Speicher zur Warmwasser-Aufbereitung zum Beispiel nicht mehr 1800 Liter, sondern 13'000 Liter.
Über den Wasserverbrauch des künftigen Gebäudes wurde in der Folge diskutiert. Ein Votant erkundigte sich, ob man im Hinblick auf die geplante Kilowatt-Leistung möglicherweise Gefahr laufe, dass der Boiler nicht genug heiss werde. «Da sind Fachplaner dran gewesen», antwortete Gemeindepräsident Stefan Gyseler, und erntete spontane Lacher. Wegen Fehlern eines solchen diskutierte man ja überhaupt.
Auch der neue, maximale Wasserverbrauch trieb eine Votantin um: «33'000 Liter pro Tag sind eine enorme Zahl», befand sie und erkundigte sich, ob der effektive Verbrauch tatsächlich so hoch sein werde. Allenfalls gäbe es hier noch Sparpotenzial. Es könne ja nicht das Ziel sein, die Badegäste geradezu zum Duschen zu animieren. Auch der Umwelt zuliebe. Der Bausekretär Marcel Graf entgegnete, bereits heute liege der Verbrauch an einem Spitzentag im Sommer zwischen 26'000 und 30'000 Litern. Man habe jedoch die Möglichkeit, das Konzept noch zu optimieren, sollten sich durch die Hinweise der Stimmberechtigten Änderungen aufdrängen.
«Der Gemeinderat ist bei diesem Geschäft zu weit gegangen»
In einer weiteren Wortmeldung zog ein Votant die Bauplanung der Gemeinde in Zweifel. «Ich habe den Verdacht, dass es chaotisch läuft bei der Koordination», sagte er. Zudem sehe er keine Bemühungen, um Kosten einzusparen. Stefan Gyseler widersprach: Die Bauleitung habe man aus Kostengründen intern übernommen, ausserdem behalte man die Kosten genau im Blick. Man habe schon Bauabrechnungen zurückgewiesen, zum Beispiel im Bereich der Hausplanung. Gyseler gab zu bedenken, dass der Gemeinderat den Auftrag habe, das Bauprojekt so umzusetzen, wie es die Stimmberechtigten im Februar 2020 bewilligt hatten. Bestandteile des Bauprojekts wegzulassen oder aus Kostengründen umzuplanen, sei nicht möglich.
Die Bauplanung der Gemeinde gab zu weiteren Fragen Anlass. Die Gemeinde habe noch Projekte vor sich, die um ein Vielfaches grösser daherkämen. Wie die Gemeinde vorgehe, um solche Fehler – wie hier beim Campinggebäude – künftig zu vermeiden. «Natürlich», sagte Stefan Gyseler, «wenn man einen Zusatzkredit vertreten muss, ist nicht alles rund gelaufen.» Dennoch habe die Gemeinde in der Vergangenheit Bauprojekte umgesetzt, die gut über die Bühne gingen. Zum Beispiel der Doppel-Kindergarten in Ebertswil.
Der Gemeinderat sei bei diesem Geschäft «zu weit gegangen», so ein Votant, der sich an diesem Abend mehrfach zu Wort meldete. Er bezeichnete die Gesamtkosten als zu hoch: «Das Camping-Gebäude ist in jedem Detail verteuert.» Er empfahl, der Zusatzkredit sei abzulehnen. Stefan Gyseler entgegnete, indem man mit der Planung nochmals neu beginne, spare man kaum Kosten. Aus finanzieller Sicht sei der Zusatzkredit das kleinere Übel. Der Stimmbürger bezeichnete dieses Vorgehen als «erpresserisch» und stellte einen Rückweisungsantrag.
Auch über den Nutzen reden, nicht nur über Kosten
Bevor abgestimmt wurde, meldeten sich weitere Stimmen zu Wort. Eine Dame empfahl, man solle beim Camping-Gebäude Türlen nicht nur über die Kosten, sondern auch über den Nutzen reden, der durch den Betrieb entstehe. Vom guten Ruf des Türlersees profitiere schliesslich auch die Gemeinde.
Spätestens nach über einer Stunde waren manche Anwesende des Diskutierens müde: «Dass wir über einen solchen Pipifax reden, finde ich peinlich», sagte einer. «Auch mir wird es langsam zu peinlich», ergänzte ein anderer. Die «Chropf-Leerete» sei jetzt gemacht, man solle zustimmen.
Auch Wunsch des Antragstellers las Stefan Gyseler den Rückweisungsantrag ein zweites Mal laut vor. Mit dem Antrag sollte der Gemeinderat beauftragt werden, die Planung sorgfältiger und wirtschaftlicher umzusetzen. Der Rückweisungsantrag wurde schliesslich mit 51 zu 24 Stimmen abgelehnt. In der folgenden Abstimmung wurde der Zusatzkredit über 270000 Franken mit 47-Ja- zu 28 Nein-Stimmen genehmigt.