Sträucher und Bäumchen statt eines blickdichten Sichtschutzes
Die IG Stopp Kiesgrube Knonau befürchtet, die Kiesabbaufirma Risi AG halte die gesetzlichen Vorgaben nicht ein
Im Frühjahr hatte die IG Stopp Kiesgrube Knonau mehrere Hundert Einwendungen gegen die Teilrevision 2024 des Richtplans eingereicht. Damit will sie verhindern, dass das Unternehmen Risi AG sein Kiesabbaugebiet in Knonau weiter ausbauen kann. Doch auch, wie die laufende Abbautätigkeit erfolgt, ist den IG-Mitgliedern ein Dorn im Auge.
Zum Verständnis lohnt es sich, kurz auszuholen: Damit Risi AG auf dem besagten Gebiet Kies abbauen darf, muss sich das Unternehmen an Vorschriften halten. Wo die Transportrouten entlangführen, wie viel Boden zu welchem Zeitpunkt abgetragen werden darf oder wie das Gelände hinterher renaturiert werden soll, ist genau vorgegeben. Festgehalten werden solche Details in einem Kantonalen Gestaltungsplan. Dieser ist verbindlich. Der Gestaltungsplan für den aktuell laufenden Abbaubetrieb stammt aus dem Jahr 2016, und eine dieser Vorgaben, die Risi AG damit erhalten hat, betrifft einen Sicht- und Immissionsschutz.
Während der gesamten Abbauphase muss zwischen der Kiesgrube und dem Siedlungsgebiet Knonau ein natürlicher Sichtschutz gewährleistet sein. Im Rahmen einer weiteren geplanten Abbauetappe will Risi entlang der Kantonsgrenze eine 15 Meter breite Baumreihe roden, die zwar auch nicht komplett blickdicht ist, aber doch Sichtschutz bietet. Um die Bevölkerung dennoch vor Staub oder Lärm aus der Grube zu schützen, wurde Risi im Gestaltungsplan 2016 verpflichtet, direkt dahinter als Ersatz eine «naturnahe Hecke» aus verschiedenen Bäumen und Sträuchern zu pflanzen. Bis zu 20 Meter hoch und 23 bis 27 Meter breit – das sind die vorgegebenen Dimensionen (vgl. Visualisierung unten rechts).
Dünne Baumstämmchen und ein Erdwall, der nicht vorgesehen war
Doch das, was einzelne IG-Mitglieder von ihren Wohnungen aus sehen, wenn sie in Richtung Kiesgrube blicken, verdient das Wort «Sichtschutz» ihrer Meinung nach nicht. Statt einer dichten Hecke ragen einzelne, dünne Baumstämmchen aus dem Boden, notabene auf einem Erdwall, der so im Gestaltungsplan nicht vorgesehen war. All das wirft bei den Mitgliedern der IG Fragen auf: «Für unsere IG ist nicht nachvollziehbar, ob die Vorgaben aus dem Gestaltungsplan weiterhin gelten, oder ob es zwischen der Gemeinde und Risi AG anderweitige Absprachen gegeben hat», sagt Gina Schega, eines der Mitglieder. «Die Bevölkerung hat von allfälligen Absprachen nichts mitbekommen. Sie sieht nur das Ergebnis, und dieses entspricht nicht den ursprünglichen Vorgaben.» Die IG sorgt sich, dass die Baumreihe plötzlich weg sein könnte − ohne adäquaten Ersatz.
Dass die Ersatzbäume bisher nicht das vorgesehene Volumen erreicht haben, überrascht die IG-Mitglieder kaum: «Obwohl der Gestaltungsplan seit 2016 besteht, wurden die Bäume erst 2022 gepflanzt.»
Mit ihrer Einzelinitiative will die IG erreichen, dass Risi die besagte Baumreihe nicht abholzen darf, bevor die neu gepflanzte Sichtschutzhecke nicht den Vorgaben des Gestaltungsplans entspricht. Von der Gemeinde wünscht sich die IG mehr Transparenz. Um diese zu erreichen, hat sie eine zweite Initiative eingereicht, mit der sie den Gemeinderat verpflichten will, jährlich über den Status quo zur Kiesgrube zu informieren.
Gemeinde: «Es gibt keine gelockerten Bedingungen»
Hat Risi AG bei der Umsetzung der Gestaltungsplan-Vorgaben gepatzt? Und hat die Gemeinde Knonau Abstriche auf Kosten der Bevölkerung gemacht oder bisher gar zu wenig streng kontrolliert?
Gemeindepräsidentin Esther Breitenmoser widerspricht: «Es gibt keine gelockerten Bedingungen. Der Kantonale Gestaltungsplan ist weiterhin gültig.» Konkret bedeute das: Risi AG hat von der Gemeinde Knonau im November 2018 die Abbaubewilligung erhalten für jene Etappe, die auch die Rodung des 15 Meter breiten Waldstreifens nötig macht. Diese Bewilligung sei jedoch an die Vorgabe geknüpft, dass der Sichtschutz gegen das Siedlungsgebiet permanent sichergestellt ist. «Bevor der Sichtschutz nicht den Vorgaben entspricht, darf der Waldstreifen auf Zuger Boden nicht gerodet werden», versichert Esther Breitenmoser. Das heisst: Die Bäume müssen eine Höhe von zirka 12 bis 15 Metern, die Sträucher inklusive Bodendepot eine solche von etwa acht Metern erreicht haben.
Einmal jährlich beurteilt die Gemeinde den Zustand der Hecke
Die neue Sichtschutzhecke wurde im Herbst 2022 auf einen 2,5 Meter hohen Erdwall gepflanzt. Es sei zwar richtig, dass dieses sogenannte Bodendepot im Kantonalen Gestaltungsplan nicht vorgesehen sei, räumt Breitenmoser ein, «es trägt aber zur Sichtschutzfunktion bei und verstösst damit nicht gegen den Gestaltungsplan». Die zu erzielende Höhe der Hecke und die Sichtschutzfunktion könnten damit früher erreicht werden.
Die zeitliche Planung der Sichtschutzhecke liegt in der Verantwortung von Risi AG. Auf Anfrage bestätigt das Unternehmen, dass die Hecke bereits früher, also ab 2019, hätte gepflanzt werden können: «Die Umsetzung verzögerte sich aus unvorhersehbaren Gründen, was wir bedauern.» Um die Sichtschutzwirkung dennoch möglichst rasch zu erreichen und gleichzeitig eine ökologisch sinnvolle Lösung zu schaffen, habe Risi AG die Gehölze auf dem Bodendepot gepflanzt. «Es wurden über 30 rund acht Meter hohe Waldföhren und Sträucher gesetzt, die nicht nur den Sichtschutz verbessern, sondern auch einen Beitrag zur Biodiversität leisten.» Weitere Ergänzungspflanzungen seien bereits in Umsetzung. Mit Blick auf die Sichtschutzfunktion schreibt Risi AG: «Wir sind uns bewusst, dass diese aktuell noch nicht vollständig erfüllt ist, und setzen deshalb zusätzliche Massnahmen um.»
Risi AG könne nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Baubewilligung erteilt werde, sagt Esther Breitenmoser: Bereits vor der Bepflanzung im Herbst 2022 habe es zahlreiche Besprechungen gegeben. Seither beurteile die Gemeinde einmal jährlich an einer Begehung die Entwicklung der Sichtschutzhecke und fordert nötigenfalls Massnahmen; etwa Nachbepflanzungen wegen ungenügenden Wachstums oder zur Schliessung von Lücken. Auch als nach einem Sturm Anfang September in der hinteren, ursprünglichen Baumreihe eine Lücke klaffte, habe die Gemeinde Knonau von Risi AG rasch Massnahmen verlangt, etwa durch zusätzliche Pflanzung. Eine Rückmeldung von Risi AG stehe noch aus.
Gemeinde will bei neuen Entwicklungen informieren
Zusammenfassend – und auch mit Blick auf den Vorwurf fehlender Transparenz – sagt Esther Breitenmoser, bis anhin habe es keine Abweichungen zum Kantonalen Gestaltungsplan gegeben. «Es bestand somit keine Veranlassung, die Bevölkerung im Zusammenhang mit den Belangen des Gestaltungsplans zu informieren. Die Interventionen betreffend Bepflanzung beziehen sich jeweils auf den aktuellen Zustand der Sichtschutzhecke mit Blick in die Zukunft.»
Zudem verweist sie auf zwei Veranstaltungen in den Jahren 2023 und 2024 und sagt: «Weder ich noch Vertreter der Gemeinde sind an diesen Veranstaltungen von Teilnehmern auf die Sichtschutzhecke, insbesondere den aktuellen Zustand der Sichtschutzhecke und die weitere Entwicklung des Kiesabbaus, angesprochen worden, auch nicht im Nachgang.»
Die Gemeinde Knonau werde die Bevölkerung selbstverständlich zu gegebenem Zeitpunkt informieren, wenn sich eine neue Entwicklung im Zusammenhang mit dem Kiesabbau ergebe.










