Volksaufstand in Knonau und Wädenswil
Denkmäler im Bezirk Affoltern (2): Das Freiheitsdenkmal
Auf dem Bahnhofplatz Affoltern steht zwischen dem Gasthof Löwen und der Zürcher Kantonalbank ein Obelisk: das Freiheitsdenkmal von 1876, das an die geköpften Anführer des Bockenkriegs von 1804 erinnern soll. Der blutig unterdrückte Aufstand war zwar erfolglos und dennoch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung der Bevölkerung von Stadt und Land. Drei Jahrzehnte nach ihrer Hinrichtung wurden sie als Märtyrer geehrt.
Vorgeschichte des Bockenkriegs
Das Gedankengut der Französischen Revolution fand in den 1790er-Jahren auch Anhänger in der Landschaft, namentlich in den Landvogteien Knonau und Wädenswil sowie in der Obervogtei Stäfa, vor allem bei wohlhabenden Bauern, Müllern und Wirten. In der 1793 gegründeten Lesegesellschaft zum See in Stäfa trafen sich Männer der ländlichen Oberschicht, um in einem Memorial die Gleichstellung von Stadt und Landschaft zu fordern. Die städtische Obrigkeit bekam Wind davon und entsandte im Sommer 1795 ein 1400 Mann starkes Heer nach Stäfa, das die Gemeinde besetzte und die mutmasslichen Anführer verhaftete.
Der fragliche Entwurf des sogenannten Stäfner Memorials war zwar auch in der Landvogtei Knonau zirkuliert, doch der hiesige Landvogt war auf Ausgleich mit der Bevölkerung bedacht. Deshalb empfahl er der Freiamtsgemeinde gleich selbst, das höchste Amt, das ein Mann aus der Bevölkerung innehaben konnte, dasjenige des Freiamtshauptmanns, mit Johannes Näf, einem moderaten Oppositionellen, zu besetzen. Näf wurde gewählt und die Landvogtei Knonau blieb ruhig.
1798 marschierten französische Truppen in Zürich ein. Um sich mit den Franzosen gut zu stellen, entliess Zürich die verhafteten Stäfner umgehend in die Freiheit, worauf diese in einem Triumphmarsch nach Hause zurückkehrten. Doch die Franzosen lösten ihre Versprechungen nicht ein. Insbesondere setzten sie weder die Aufhebung der Zehnten noch die Gleichstellung von Stadt und Land in der Herrschaft Zürich durch. Um die eroberten Gebiete zu befrieden und mehr Truppen für seine weiteren Feldzüge einsetzen zu können, arrangierte sich Napoleon mit den alten Führungsfamilien und erliess 1803 die Mediationsverfassung, die formell die frühneuzeitlichen Verhältnisse wiederherstellte.
Zehntablösung und Krieg
Gemäss Mediationsverfassung mussten die Zehnten, welche die Landbevölkerung seit Jahrhunderten ohne Gegenleistung abzuliefern hatte, mit dem Fünfundzwanzigfachen der durchschnittlichen Abgabe abgelöst werden. Faktisch musste jede Parzelle somit ein zweites Mal erworben werden. Die städtische Obrigkeit wies praktisch alle Bittschriften auch um kleinste Erleichterungen ab.
Ein Brandanschlag am 24. März 1804 auf das leer stehende Landvogteischloss Wädenswil gab das Signal zum Aufstand. Als drei Tage später zwei Stadtzürcher Offiziere in der Affoltemer «Krone» auftauchten, um Freiwillige für die Regierungstruppen zu rekrutieren, liess sie der Gerichtspräsident Jakob Schneebeli kurzerhand verhaften und unter Arrest stellen. Ein Zürcher Dragonertrupp befreite sie tags darauf, während die städtischen Truppen gleichentags beim Bocken oberhalb von Horgen eine Niederlage gegen die aufständischen Landleute erlitten. Da die ebenfalls aristokratisch geführte Stadt Bern ein Übergreifen der Unruhen auf ihre Landschaft befürchtete, entsandte sie Truppen in die Zürcher Herrschaft, die auch Frauen und Kinder angriffen, um die Landleute zu demoralisieren. Diese Übergriffe verfehlten ihre Wirkung nicht: 49 Gemeinden liessen sich entwaffnen, darunter Aeugst, Affoltern, Bonstetten, Knonau, Mettmenstetten, Ottenbach und Rifferswil. Der Gerichtspräsident Jakob Schneebeli und Heinrich Häberling aus Knonau wurden zusammen mit Jakob Willi und Jakob Kleinert aus der Herrschaft Wädenswil in einem Schnellverfahren zum Tod verurteilt und umgehend hingerichtet.
Von Tätern zu Helden
Im Jahr 1875 publizierte der Ämtlerverein in Zürich eine Schrift über «den sogenannten Bockenkrieg» zum Andenken an «die als Märtyrer gefallenen» vier 1804 geköpften Männer. Das erste Anliegen bestand darin, ihre Gebeine von der gemeinen Richtstätte in geweihte Erde zu überführen. Ohne die Kenntnis von DNA-Analysen dürfte es schwierig gewesen sein, die richtigen Knochen zu finden, doch zumindest symbolisch wurden sie am 25. April 1875, anlässlich ihres 71. Todestags, in Aussersihl «auf dem Friedhofe St. Jakob in feierlicher Weise» beerdigt.
Der Verkauf der Schrift wurde eingesetzt für die Errichtung eines Denkmals, «dessen Ausführung einem bewährten Künstler übergeben werden soll». Ergänzt wurde die Summe durch eine Geldsammlung und einen Beitrag des Kantons Zürich von 500 Franken. Insgesamt kamen so 2200 Franken zusammen. Wer das Denkmal gestaltete und was aus dem Ämtlerverein anschliessend wurde, ist unbekannt. Die einzige Erwähnung des Vereins, die über die Broschüre zum Bockenkrieg und die Stiftung des Obelisken hinausgeht, ist ein Hinweis in der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 28. Juli 1872, der Ämtlerverein sei am kantonalen Sängertag in Aussersihl aufgetreten. Das Denkmal wurde am 1. Oktober 1876 eingeweiht und steht bis heute an prominenter Lage in Affoltern.






