Suche nach neuem Schulhaus beginnt von vorn

Spielgeräte vor dem Schulhaus Stigeli in Affoltern: Die hier untergebrachte Heilpädagogische Schule muss bis spätestens Sommer 2028 einen neuen Standort gefunden haben. (Bild Daniel Vaia)

Schulzweckverband: «Brauipark»-Umzugsprojekt in Affoltern erwies sich als nicht realisierbar

Noch im Mai schien der Schulzweckverband des Bezirks Affoltern die ideale Lösung für sein dringliches Platzproblem gefunden zu haben: ein Umzug der Heilpädagogischen Schule (HPS) in die geplante Überbauung «Brauipark» beim Bahnhof Affoltern. Der Standort würde sich «sehr gut eignen», hiess es damals in einem Schreiben an die Delegierten der Gemeinden des Bezirks. Es bestünde sogar die Möglichkeit, auch andere Dienststellen des Schulzweckverbands unter einem Dach zu vereinen, woraus sich «langfristig ein grosses Synergiepotenzial» ergäbe.

Doch das Projekt «Brauipark» musste der Schulzweckverband inzwischen abbrechen, wie der Präsident der Verbands-Schulpflege, Anand Weber, am Donnerstag in Stallikon der Delegiertenversammlung mitteilte: «Wir müssen zurück auf Feld eins.» Denn wie sich in der Zwischenzeit herausstellte, wäre die Vorlaufzeit zu knapp gewesen.

Zudem tauchte ein unvermutetes Finanzierungsproblem auf. So beschied die Stadt Affoltern dem Zweckverband, dass sie nicht für die Vorfinanzierung der Innenausbauten im «Brauipark» aufkommen würde. Zur Diskussion stand gemäss einer groben Schätzung ein Betrag von «4 bis 4,5 Millionen Franken», so Weber. Da Affoltern aufgrund der Entstehungsgeschichte des Zweckverbands bis heute die Verbandskasse führt und quasi als «Hausbank» fungiert, war man im Verband davon ausgegangen, dass die benötigten Mittel mehr oder weniger ­problemlos zur Verfügung gestellt werden. Für die künftige Finanzierung ­werde man nun entweder eine Bank finden müssen, so Weber, oder die ­Gemeinden im Bezirk übernehmen die Vorfinanzierung. Er rechnet mit einem Betrag von rund 3 Millionen Franken, sofern nur für die HPS ein neuer Standort finanziert werden muss.

Zeit drängt

Viel Zeit für die neue HPS-Standortsuche bleibt dem Schulzweckverband nicht. Die Schule ist derzeit in einem Teil des Schulhauses Stigeli in Affoltern untergebracht, allerdings nur befristet. Im Sommer 2028 läuft der Mietvertrag aus, spätestens bis dann muss ein neuer Standort gefunden sein. Derzeit werden an der HPS in vier Klassen je vier bis acht Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Für das kommende Schuljahr hat der Kanton Zürich, der Hauptgeldgeber des Schulzweckverbands, 28 Plätze genehmigt (zwei mehr als bisher). Alleine aufgrund der regen Bautätigkeit im Bezirk ist damit zu rechnen, dass die Schülerzahlen in den kommenden Jahren weiter steigen werden. Der eigentliche ­Bedarf an Schulungsmöglichkeiten für Kinder mit besonderen Bedürfnissen ist allerdings schon heute höher, als die 28 Plätze vermuten lassen. So werden derzeit mehrere Kinder aus dem Bezirk auch an privaten Sonderschulen unterrichtet.

Um bei der Standortsuche für die HPS keine Zeit zu verlieren, will der Schulzweckverband in den nächsten Wochen eine Schulraumplanungskommission ins Leben rufen. Bezüglich des künftigen Standorts seien «alle Optionen ­offen», so Weber vor den Delegierten.

Zusätzlich zur HPS führt der Schulzweckverband im Rahmen eines vorerst befristeten Projekts einen «kooperativen Kindergarten» in Wettswil mit sieben Kindern (ab dem neuen Schuljahr: neun Kinder).

Mehr Fälle von Autismus

Neben den organisatorischen Herausforderungen beschäftigt die Thera­peutinnen und Therapeuten des ­Schulzweckverbands derzeit die zunehmende Zahl von Kindern mit Autismus. Die Zahl der Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) nehme ­derzeit weltweit zu, wurde den Delegierten erklärt. Die Ursache sei allerdings noch zu wenig klar. Bei der nicht heilbaren Krankheit spielten Erbfaktoren eine Rolle, möglicherweise aber auch ­schädliche Umwelteinflüsse wie Mikroplastik. Zu den steigenden Zahlen ­beigetragen hätten aber auch geänderte Diagnose­methoden. Von Eltern, die ein Kind mit ASS-Verdacht haben, ­werde derzeit allerdings viel Geduld verlangt: Im Kanton Zürich betrage die Wartezeit für eine Abklärung ein Jahr.

Ebenfalls auffallend gestiegen sind an den Schulen im Zweckverband in letzter Zeit die Fälle von Absentismus, von Kindern, die ohne Angabe von Gründen während längerer Zeit nicht mehr zum Unterricht erscheinen. Die Leiterin des Schulpsychologischen Dienstes, Andrea Schneller, sprach am Donnerstag von geschätzt 40 bis 50 Fällen alleine im Bezirk Affoltern.

Der Schulzweckverband – wenn Kinder und Schulen an Grenzen stossen

Dem Schulzweckverband des Bezirks Affoltern gehören alle Gemeinden des Bezirks an. Der Zweckverband kommt immer dann zum Zug, wenn ein (Schul-)Kind ein geistiges, psychisches und/oder motorisches Problem hat, welches das Kind selber, dessen Eltern und/oder die betreffenden Schulen nicht alleine lösen können. Der Zweckverband bietet in solchen Fällen «verschiedene Dienstleistungen zur spezifischen Förderung von Kindern und Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen und zur Beratung ihres Umfeldes» an.

Der Zweckverband betreibt an vier verschiedenen Standorten in Affoltern eine Heilpädagogische Schule (HPS), eine Frühberatungsstelle (FBS), eine Psychomotorik-Therapiestelle (PMT), einen schulpsychologischen Dienst (SPD) und ein Verbandsbüro. Mit Einnahmen und Ausgaben von 7,4 Mio. Franken (Rechnung 2023) und 82 Mitarbeitenden (viele davon mit Teilzeitpensen) hat der Schulzweckverband die Dimension eines mittelgrossen Unternehmens. Gut die Hälfte des Budgets zahlt der Kanton Zürich, 3,6 Millionen Franken zahlen die Gemeinden des ­Bezirks.

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