Umstrittene Zentrumsentwicklung

Hedingen diskutiert über neue Erschliessungsstrasse, SBB-Unterführung und Nordzufahrt

Mit der geplanten Zentrumsentwicklung in Hedingen sollen neue Wohnflächen und eine neue Erschliessungsstrasse entstehen. (Visualisierung Gemeinde Hedingen)
Mit der geplanten Zentrumsentwicklung in Hedingen sollen neue Wohnflächen und eine neue Erschliessungsstrasse entstehen. (Visualisierung Gemeinde Hedingen)

Mit der Zentrumsentwicklung plant Hedingen den Rundumschlag. Nicht nur soll der Ortskern aufgewertet werden, sondern auch die Verkehrsführung optimiert und Wohnraum geschaffen werden.

Nach Abschluss der Testplanung, die Anfang 2022 der Bevölkerung mit drei Planungsmodellen vorgestellt wurde, habe man das Syntheseprojekt gestartet. Dieses solle die bestmögliche Lösung zur Entwicklung des neuen Dorfkerns aufzeigen. So Gemeindepräsident Ruedi Fornaro anlässlich der Informationsveranstaltung im Juni. Zur Zentrumsentwicklung gehört auch der Bau einer neuen Erschliessungsstrasse.

Braucht es eine neue Strasse?

Die neue Verkehrsführung ist dann auch der umstrittenste Punkt in den Diskussionen. Eine neue Verbindungsstrasse ab der alten Zwillikerstrasse entlang der Bahnstrecke bis zum Bahnhofplatz soll einen neuen Dorfplatz ermöglichen. Der Bereich ab der vorderen Zwillikerstrasse bis zur Einmündung der neuen Strasse würde autofrei werden.

Für die Strasse müssten allerdings einige Gebäude weichen. Gemäss Gemeinde sind das ein Einfamilienhaus mit Schopf, ein Mehrfamilienhaus und eine Scheune. Das Einfamilienhaus stammt von 1820, der Schopf aus dem Jahr 1924. Beide gehören bereits der Gemeinde. Das Mehrfamilienhaus mit Jahrgang 1955 würde gemäss der Gemeinde so oder so vom Besitzer abgerissen.

Gemeindepräsident Ruedi Fornaro schreibt dazu, dass das Dorfzentrum nur mit der neuen Strasse teils verkehrsfrei und stark entlastet werden könne. «Wird die neue Strasse nicht erstellt, wird der Mehrverkehr aus den geplanten Überbauungen, ob nach Sonderbauvorschriften oder nach Regelbauweise, zusätzlich das Dorfzentrum sehr stark belasten und der Verkehrsknoten vor den Läden wird total überlastet sein. Dies führt zum Rückstau in die Hauptstrasse in beiden Fahrtrichtungen bereits bei der Einmündung Zwillikerstrasse», macht er als Grund für die neue Verbindung geltend.

Die Gemeinde anerkennt aber auch, dass es durch die neue Strassenführung Mehrverkehr beim Kreisel geben wird. Das werde aber so oder so passieren, da der Verkehr regional ständig zunimmt. Betrachte man das aber über einen ganzen Tag, werde das nur in Spitzenzeiten geschehen, so die Gemeinde.

Komitee gegen das Projekt gegründet

Gegen die Pläne wehrt sich das Komitee «Pro Zentrumsplanung Hedingen Plan B». Mit Flugblättern machte man sich stark, das Zentrum anders zu entwickeln. Ueli Suter, welcher dem Komitee angehört, sagt: «Die neue Strasse braucht niemand.» Im Dorf sage man, diese werde nur für die Firma Schweizer gebaut, und ergänzt: «Man soll neue Strassen ums Dorf bauen und nicht mittendurch.» Für ihn wäre auch die Entwicklung eines Verkehrskonzepts an erster Stelle gestanden und nicht so ein überladenes Projekt.

Ein weiteres Problem, an dem sich das Komitee stört, ist der häufig geschlossene Bahnübergang, welcher zu Rückstau führt. Gemäss Ueli Suter fahren pro Tag 144 S-Bahnen durch das Dorf, was zusammengezählt zu sechs Stunden geschlossener Barriere führt. Vorgeschlagen wird daher vom Komitee der Bau einer Unterführung an der alten Zwillikerstrasse unter der Bahnlinie durch. Das würde die Verkehrswege deutlich entlasten. In den 1990er-Jahren sei eine solche Unterführung bereits fertig geplant gewesen.

Die Gemeinde hält dazu grundsätzlich fest, dass diese Strasse dem Kanton gehört. Mit der damals geprüften Idee hätte man viel Bauland opfern müssen. Die Gemeinde weist auch darauf hin, dass sich im Gebiet viele Werkleitungen befinden, welche für eine Unterführung aufwendig und teuer verlegt werden müssten. «Aus topografischer Sicht würde es sehr schwierig werden, die Strasse rund sechs Meter unter das jetzige Niveau vom Bahngeleise abzusenken», erklärt die Gemeinde weiter und führt aus, dass die Strasse jetzt schon eine starke Steigung habe und dass man die VSS-Normen einer Strassenführung bis zum Kreisel hin kaum erfüllen könnte.

Private Machbarkeitsstudie

Ueli Suter kann dem nicht zustimmen und hält die Unterführung für die einzig machbare Lösung, um den Rückstau in Hedingen langfristig zu verhindern. «Wir versuchen im Moment, eine private Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, die den Bau einer Unterführung prüft», sagt er gegenüber dem «Anzeiger». Ein weiterer Ansatz gegen die Verkehrsprobleme in Hedingen ist die viel diskutierte Nordzufahrt ins Areal der Ernst Schweizer AG. In den 90er-Jahren setzte sich eine Planungsgruppe für diese Variante ein. Die 1997 eingeladenen Regierungsvertreter, unter anderem der damalige Zürcher Baudirektor, besichtigten das Gebiet und fanden die Idee gut. Allerdings hat der Kanton aber auch auf Anträge der Gemeinde bezüglich Nordzufahrt nie reagiert.

Aktuell wird vom Komitee weiterhin eine Nordzufahrt gefordert. In einer schriftlichen Stellungnahme hielt der Gemeinderat aber fest, dass dies nach mehrmaliger Rücksprache mit den kantonalen Stellen «planungsrechtlich nicht umsetzbar» sei. Als Grund wurde angegeben, dass man Bauzonen über Bauzonen zu erschliessen habe und nicht wie in diesem Fall über grösstenteils landwirtschaftliche Flächen und teils geschütztes Waldareal.

Die Gemeinde hält zudem fest: «Eine Erschliessung von Norden her würde überdies nur den Verkehr der Firma Schweizer aus dem Dorfzentrum entfernen. Verglichen zum Gesamtverkehr, beträgt dieser Anteil etwa nur einen Viertel.» Auf eine Anfrage bei der Ernst Schweizer AG gibt diese an, dass es aktuell etwa 20 Ein- und Ausfahrten pro Tag gebe. Dabei würden 40-Tönner etwa zwei Drittel der Fahrten ausmachen. Zur erwarteten Entwicklung schreibt die Firma: «Kurz- bis mittelfristig gehen wir davon aus, dass sich die Fahrten +/– 15 Prozent in diesem Rahmen bewegen werden.»

Abstimmung erst im neuen Jahr

Für die Zentrumsentwicklung sind verschiedene Entscheide nötig. Eine erste Abstimmung zum angepassten Verkehrsrichtplan war ursprünglich für den Dezember angesetzt. Gemäss Gemeindepräsident Ruedi Fornaro sind aktuell noch verschiedene Vorprüfungen beim Kanton hängig. Daher wird sich dieser Termin auf nächstes Jahr verschieben.

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