Vereinigung und Frieden trotz Verschiedenheit
Friedenstagung und Bettags-Gottesdienst in Kappel

Kriege erschüttern unsere Welt. Viele Menschen fühlen sich ohnmächtig und sorgen sich um die Zukunft. Vielen hat es die Sprache verschlagen oder sie haben keine Kraft mehr, über die Situation nachzudenken. Im Kloster Kappel wurde am vergangenen Wochenende im Rahmen der Tagung «Schule des Friedens» der Frage nachgegangen, wie wir heute glaubwürdig über Frieden sprechen können.
«Wir haben uns auf die Suche gemacht und nochmals nachgefragt, was eigentlich los ist», erklärte Pfarrer Andreas Nufer, Theologischer Leiter des Klosters Kappel. An der Tagung stand der Dialog im Zentrum. Die Teilnehmenden suchten in der Sprachlosigkeit nach Sprache. An einer Podiumsdiskussion am Samstag kamen Menschen aus der Ukraine, aus Russland, Palästina, dem Iran, Afghanistan und der Schweiz zu Wort. Zudem fand ein sogenanntes «Story Telling» statt, wo es um die Frage ging: «Wie geht es dir?» Auf eindrückliche Weise waren die Konflikte der ganzen Welt in einem Raum vereint. Das berührte viele stark.
Nach verschiedenen Ateliers fand sich die Gruppe am Abend wieder zusammen und ging intensiv der Frage nach: «So what? Was jetzt?» Andreas Nufer provozierte ein wenig: «Gehen wir nun wieder nach Hause? Beten wir oder machen wir Kreistänze? Wohin soll die Reise gehen oder gibt es überhaupt eine Reise?» Die Teilnehmenden waren sich einig, dass sie es nicht beim Austausch belassen wollen. Es soll etwas geschehen, etwas Konkretes. Vielleicht ein Brief an den Bundesrat, die Gründung einer Schule des Friedens oder das Aufnehmen von Gesprächen mit Politikern?
In der Diskussion war spürbar, wie intensiv die engagierten Frauen und Männer um Visionen rangen und wie ohnmächtig sie sich zugleich fühlten. Bevor ein «Banquet républicain» mit persischem Essen und Tischreden den Kurstag abrundete, beschlossen sie konkrete Schritte. Zum einen soll diese Form des Treffens fortgesetzt werden, zum andern sammelten sie Unterschriften für eine Petition an die Regierungsräte von Zürich und Zug, die kirchlichen Parlamente und die kantonale Denkmalpflege. In den Forderungen geht es um das bevorstehende 500-Jahr-Gedenken zu den Kappeler Kriegen und den Friedensschlüssen. Unter anderem sollen das Zwinglidenkmal und der Milchsuppenstein mit Tafeln ergänzt werden, welche die Friedensverhandlungen aufzeigen und den Heldenpathos ins rechte Licht rücken.
Sichtbares Friedenszeichen
Nachdem es am Samstag eher um politische Themen gegangen war, stand der Sonntag im Fokus der Religionen. Es war der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag und zugleich der internationale Tag des Friedens. In der Klosterkirche versammelten sich Mitglieder der Oberämtler Kirchgemeinden und Kursteilnehmende zu einer einzigartigen und tief beeindruckenden interreligiösen Feier. Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionen und Glaubensrichtungen sowie Gemeindepräsidenten und Politiker aus den umliegenden Dörfern sassen zusammen im grossen Halbkreis im Chor der Klosterkirche und nahmen die Anwesenden mit auf eine Friedensreise der besonderen Art. Ob auf Arabisch, Hebräisch, Tamil, Suaheli, Französisch oder Deutsch, ob der Rabbi, der Imam oder die reformierte Pfarrerin sprach – es ging immer um dasselbe. Imam Kaser Alasaad fasste es so zusammen: «Trotz der Verschiedenheit unserer Religionen vereinen wir uns hier und wünschen uns Frieden überall und mit allen Menschen. Frieden, Geborgenheit und Liebe, das ersehnen wir uns alle.» Beim letzten Lied «What a Wonderful World» war die Atmosphäre in der Klosterkirche spürbar von Frieden und dem Gefühl des Einsseins geprägt. Die Feier war mehr als ein Gottesdienst gewesen. Sie hatte ein sichtbares Friedenszeichen gesetzt.