Warzenbeisser dürfen sich freuen

Gebietsflächen bei Bisliken Nord und Munimatten erfahren ökologische Aufwertungsmassnahmen

Barbara Krummenacher zeigt das Projekt zur Moorregeneration bei Bisliken Nord und Munimatten. (Bilder Claudia Eugster)

Barbara Krummenacher zeigt das Projekt zur Moorregeneration bei Bisliken Nord und Munimatten. (Bilder Claudia Eugster)

Mit dem Wehr lässt sich der Wasserspiegel in den Feuchtgebieten regulieren und mittels Spundwand wird es zurück-gehalten. (Bilder Claudia Eugster)

Mit dem Wehr lässt sich der Wasserspiegel in den Feuchtgebieten regulieren und mittels Spundwand wird es zurück-gehalten. (Bilder Claudia Eugster)

Die betroffenen Flächen (rot) befinden sich im Bereich kantonaler (links) und nationaler (rechts) Naturschutzgebiete. (Quelle: Baustelleninfo Baudirektion Kanton ZH)

Die betroffenen Flächen (rot) befinden sich im Bereich kantonaler (links) und nationaler (rechts) Naturschutzgebiete. (Quelle: Baustelleninfo Baudirektion Kanton ZH)

Ein Wehr, wie es in eine Spundwand eingebaut wird. (Symbolbild Naturplan AG)

Ein Wehr, wie es in eine Spundwand eingebaut wird. (Symbolbild Naturplan AG)

Im Teilgebiet Munimatten werden drei bestehende Gewässer zu astatischen Gewässern wiederhergestellt und zwei neue erstellt.

Im Teilgebiet Munimatten werden drei bestehende Gewässer zu astatischen Gewässern wiederhergestellt und zwei neue erstellt.

Auch das graue Rechteck Bisliken Nord wird künftig Naturschutzgebiet sein.

Auch das graue Rechteck Bisliken Nord wird künftig Naturschutzgebiet sein.

Anfang September warteten oberhalb von Affoltern beim Bislikerweiher Bagger auf. Ein aufmerksamer Leser wunderte sich. Der «Anzeiger» ist daraufhin der Sache nachgegangen. Was dort zu beobachten war und ist, ist die Regeneration eines Moors durch den Kanton Zürich («Anzeiger» vom 9. September). Im Teilgebiet Munimatten werden drei bestehende Gewässer zu astatischen Gewässern wiederhergestellt und zwei neue erstellt. Beim Teilgebiet Bisliken Nord werden drei neue astatische Gewässer geschaffen. Astatische Gewässer sind nicht dauerhaft wasserführende Gewässer, die sich periodisch oder unregelmässig füllen und wieder austrocknen. Beispiele hierfür sind Pfützen oder Tümpel, die als Laichgewässer für Amphibien dienen. Der Kanton nimmt damit seine Aufgabe wahr, seltene Pflanzen und Tierarten zu schützen, indem ihre Lebensräume wie Feuchtgebiete und Weiher erhalten und gefördert werden.

Die Flächen, welche aufgewertet werden, befinden sich neben beziehungsweise in Schutzgebieten von kantonaler und nationaler Bedeutung. Der Kanton kaufte sie der Stadt Affoltern 2024 ab, um das Aufwertungsprojekt umsetzen zu können. Es handelt sich um ehemalige Moorflächen, die nun wieder vernässt werden. Dadurch entstehen neue Lebensräume für geschützte Arten, die das bestehende Hoch- und Flachmoor ergänzen. Denn: «Seit der Rothenthurm-Initiative ist der Schutz der Moore in der Verfassung verankert», erklärt Projektleiterin Barbara Krummenacher von der kantonalen Fachstelle Naturschutz, und sie fährt fort: «Sie geniessen somit den obersten Schutz.» Moore seien «Hotspots» der Biodiversität, aber nur noch weniger als 10 Prozent der einstigen Moorflächen im Kanton Zürich sind erhalten. Durch die Massnahmen kann sich auf den Flächen wieder ein Flachmoor entwickeln. Dafür wird auch tief in die Tasche gegriffen: Die Projektkosten betragen rund 900000 Franken. Da dies nun alles reichlich theoretisch klingt, zeigte und erklärte die Umweltingenieurin gleich vor Ort, was genau gemacht wird. Trotz einsetzendem Schneetreiben gab es einiges zu sehen.

Entwicklungen bei Bisliken Nord

Manch ein Spaziergänger, der durch den Wald beim Bislikerweiher geht, wird wohl einen Schock bekommen, wenn er die plane, karge Fläche mit den drei Pfützen sieht, die an das Naturschutzgebiet beim Bislikerweiher angrenzt. Eine Infotafel davor erklärt, dass hier ein Feuchtbiotop für seltene Arten entsteht. Auch wenn es gerade noch nicht so aussieht, die Fläche erfährt eine Aufwertung. «Wir schaffen hier ein Flachmoor mit verschiedenen Kleingewässern», erklärt Barbara Krummenacher. Dafür musste die Fläche erst mit Baggern geformt werden und an drei Stellen wurde der Oberboden verschieden tief abgetragen. Diese Vertiefungen haben sich nun bereits mit Regen- und Umgebungswasser gefüllt. Es entstehen darin drei neue astatische Gewässer. «Die drei Kleingewässer hängen zusammen. Überläuft das erste, fliesst das Wasser in das zweite und weiter in das dritte. Damit es keine Überschwemmung gibt, befindet sich dort am tiefsten Punkt der Schacht», Barbara Krummenacher zeigt einen Dolendeckel. Damit könne der Wasserstand reguliert werden. Schliesslich soll die Fläche nicht austrocknen, aber der Landwirt soll sie ja auch unterhalten können.

Jetzt werde noch eine Winterbegrünung gemacht, um den Boden vor der Erosion zu schützen. Im neuen Jahr folgt dann die Wiederbegrünung mit der Zielvegetation. Dies wird einerseits durch Saatgutübertragung gemacht und andererseits durch Schnittgutübertragung. «Wir nehmen das Schnittgut von einer sehr wertvollen Wiese, wie beispielsweise von dem nationalen Flachmoor gleich hier daneben, und streuen es darüber. Die Samen landen auf dem Boden und können keimen.» Dann wird es auch wieder grün sein auf dieser jetzt erdigen Fläche. Ringelnatter, Laubfrosch, diverse Scheckenfalter, der Warzenbeisser und weitere seltene und geschützte Tierarten werden sich freuen. Dank einem geplanten Steg wird eines der Stillgewässer begehbar für Spaziergänger. Bis sich aber alles vollständig etabliert und entwickelt hat, rechne man mit drei bis fünf Jahren, so Barbara Krummenacher.

Fortschritt bei Teilgebiet Munimatten

Bei Munimatten ist der Bagger in den letzten Zügen. In zwei Wochen werden voraussichtlich alle Baumassnahmen abgeschlossen sein. Die Planung für das Projekt begann vor über einem Jahr. Im Vorfeld wurden Bodenaufnahmen gemacht, um festzustellen, wie der Boden aufgebaut ist und um genau berechnen zu können, wo wie viel weggenommen oder hinzugetan werden muss. Bambusstecken, die ein Ökologe ausgesteckt hat, zeigen dem Baggerfahrer nun anhand dieser Berechnungen die Perimeter, nach denen er die Oberfläche zu formen hat. «Ein Ökologe begleitet die Baumassnahmen und gibt Anweisungen, denn das ist wirklich Präzisionsarbeit», so Barbara Krummenacher. Denn auch hier müssen die Tiefen stimmen, damit das Wasser wie geplant geleitet werden kann und es in die richtige Richtung fliesst. Am Ende ist eine sogenannte Spundwand eingebaut. Sie hält das Wasser zurück, damit es nicht abfliessen kann, um eben der Entwässerung der Moore entgegenzuwirken. «Vor allem im Hinblick auf die Trockenzeiten, die immer mehr kommen», erklärt Barbara Krummenacher und veranschaulicht dies, indem sie Starkniederschläge nennt, die sich mit längeren Trockenzeiten abwechseln. «Wir wollen das Wasser in der Fläche behalten.» Aber auch hier sei es wichtig, damit der Landwirt die Fläche mähen und bewirtschaften kann, dass – wenn nötig – auch Wasser abgelassen werden kann. Mittels eines Wehrs mit abnehmbarem Hahn in der Spundwand kann der Wasserspiegel deshalb reguliert werden.

Störungsfreie Räume für die Natur

Auf dem Rückweg zeigt Barbara Krummenacher das Hochmoor, welches nur noch ein kleiner Streifen ist, und das nationale Flachmoor. «Hier ist die Riedgrenze, wo auch noch Regenerationsmassnahmen bei Bisliken Süd gemacht wurden, um die Qualität wiederherzustellen», kommentiert sie. Auch diese Fläche wirkt auf den ersten Blick eher mitgenommen, aber kein Grund zur Sorge. «Wir müssen manchmal zu drastischen Massnahmen greifen, wenn die Qualität bei gewissen Flächen nicht mehr stimmt, um den Auftrag zur ungeschmälerten Erhaltung zu erfüllen», sagt Barbara Krummenacher. So wird auch auf dieser Fläche nach einiger Zeit im wahrsten Sinne des Wortes «Gras darüber gewachsen sein» und es wird sich schon bald wieder besonders artenreiche und wertvolle Vegetation darauf entfalten.

Die aufgewerteten Flächen bei Munimatten und bei Bisliken Nord werden künftig dann auch als Naturschutzgebiete ausgeschieden, was heisst, dass man dort auf den Wegen bleiben muss und die Flächen nicht betreten werden dürfen. Geschweige denn dürfen Bagger oder andere Motorfahrzeuge darüber rollen. Barbara Krummenacher weist darauf hin, dass bei Pflanzen sonst Trittschäden entstehen können. Auch viele gefährdete Tierarten seien sehr störungsempfindlich. Und während sie sich die matschigen Gummistiefel auszieht, meint sie abschliessend: «Es gibt nur noch wenige Räume, die verfügbar sind für die Biodiversität, die sollten dann auch wirklich störungsfreie Zone für die Natur sein.»

Erneuerte Quellleitung bei Bisliken

Bei Bisliken Nord führt ausserdem unterirdisch eine Quellleitung der Affoltemer Trinkwasserversorgung durch. Auch dies galt es zu beachten, denn wenn die ökologischen Aufwertungsmassnahmen abgeschlossen sind, dann steht das Gebiet unter Naturschutz und es dürfen keine baulichen Massnahmen mehr vorgenommen werden.

Im Zuge des Projektes wurde daher also vor den ökologischen Aufwertungsmassnahmen ein neues Leerrohr mittels Spülbohrung platziert und die Quellleitung darin erneuert. «Das Leerrohr hat einen Durchschnitt von 15 Zentimetern, die Quellleitung nur einen von acht Zentimetern. So kann jederzeit ein neues Rohr hineingezogen werden, ohne dieses Moor zu tangieren», gab Brunnenmeister David Nietlispach von Wasser Affoltern Auskunft. So werden die störempfindlichen Arten und Pflanzen nicht gestört und die Trinkwasserversorgung von Affoltern ist trotzdem langfristig sichergestellt, auch wenn die Quellleitung einmal lecken sollte.

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