Was die Schweiz im Kern zusammenhält

Es ist selten, dass eine linke Politikerin bis zur Schlacht am Morgarten zurückgeht, um zu erklären, was das Erfolgsmodell der Schweiz bis heute ausmacht. Genau dies tat Jacqueline Badran aber an ihrer Bundesfeierrede in Bonstetten.

Präsentübergabe nach der Ansprache: Bonstettens Gemeindepräsident Erwin Leuenberger mit SP-Nationalrätin Jacqueline Badran. <em>(Bild Stefan Schneiter)</em>
Präsentübergabe nach der Ansprache: Bonstettens Gemeindepräsident Erwin Leuenberger mit SP-Nationalrätin Jacqueline Badran. <em>(Bild Stefan Schneiter)</em>

Erst war es der Musikverein, der die Leute an der Bundesfeier in Bonstetten am 31. Juli mit schmissigen Klängen in Stimmung brachte. Bereits zum 20. Mal fand die Feier auf dem Bauernhof der Familie Weiss hoch über dem Dorf statt. Grösser könne der Gegensatz zu den Rednern der letzten zwei Jahre kaum sein, fand Gemeindepräsident Erwin Leuenberger, als er die diesjährige Referentin ankündigte. Nach den SVP-Politikern Claudio Zanetti und Roger Köppel war in diesem Jahr die Reihe an der Zürcher Nationalrätin Jacqueline Badran. «Unbestechlich, unabhängig, ungepierct und ungeschminkt» umschrieb Leuenberger sie, als «ehrlich und geradlinig, aber bisweilen auch etwas besserwisserisch».

Nun, unabhängig und geradlinig sprach Badran, die bekannt ist für ihre klaren politischen Positionsbezüge im Nationalrat, dem sie seit 2011 angehört und die als Unternehmerin in einer von ihr gegründeten IT-Firma tätig ist. Die Geschichte zeige, so Badran, was die Schweiz in ihrem innersten Kern zusammenhalte. Das liesse sich bis zur Schlacht am Morgarten im Jahr 1315 zurückverfolgen. Die Bauern hatten sich damals im Marchenstreit zur «Genossame Schwyz» zusammengeschlossen, gegen den Grossgrundbesitzer Kloster Einsiedeln und den Habsburger Adel. Ihr Sieg in der Schlacht sei ein historischer gewesen, habe doch mit ihm das Nutzungsprinzip des gemeinsamen Bodenbesitzes gegen das Prinzip des zehntenpflichtigen, feudalen Grossgrundbesitzes gesiegt. «Es war der Anfang des Siegeszugs vom Prinzip der Gemeinnützigkeit und des allgemeinen Nutzens über das Prinzip des Eigennutzes», hob Badran hervor. Daraus seien die ersten demokratischen Strukturen entstanden, denn wer gemeinsam Boden besitze, der müsse auch gemeinsam entscheiden, wie dieser zu nutzen sei.

Schulen, Spitäler, Strassen - «die gehören uns»

Von Morgarten über historische Grössen wie Huldrych Zwingli, Gottfried Keller, Karl Marx und den Theologen Leonhard Ragaz, die sich intensiv mit Eigentumsverhältnissen auseinandergesetzt hätten, spannte Badran den Bogen zur Gegenwart. «Haben Sie sich schon mal überlegt, wie viel Ihres Haushaltbudgets an die Gemeinnützigkeit fliesst?» fragte Badran rhetorisch ihre Zuhörerschaft. Und hatte die Antwort parat: «Fast alles.» Angefangen bei den Schulen, wo die Ausbildung jedes Kindes, vom Staat und damit von uns allen gezahlt werde. Auch Spitäler, Wasserversorgung, Strassen – «die gehören uns». Für die SBB, Postdienstleistungen, die Kommunikation, den Strom treffe dies ebenfalls mehrheitlich zu. Wer seine Bankgeschäfte über die ZKB tätige, tue dies bei einem Unternehmen, das seine Gewinne an die Gemeinde- und Kantonskassen abliefere. Coop und Migros gehörten auch ihren Kunden. Dort einzukaufen sei besser als bei Aldi. «Da liefern sie bei jedem Einkauf einen Fünfliber an die zweitreichste Familie von Deutschland ab. Das können Sie schon tun, aber ist es besser, man gibt es an sich selber», meinte Badran, um dann zu folgern: «Sie können also sozusagen ihr gesamtes Budget im Bereich des Gemeinnützigen abliefern. Unsere grossen Werke liefern uns den Gewinn ab.»

Gemeinbesitz verteidigen

Jacqueline Badran wäre nicht Jacqueline Badran, hätte sie diese Gelegenheit nicht für einen Angriff auf die politische Rechte genutzt. SVP und FDP propagierten heute Privatisierungen, wo der Nutzen essenzieller Güter in die Hände einiger Weniger fliessen soll und stünden damit ein für eine Privilegien-Wirtschaft zum Vorteil einiger Weniger. Ihre Rede schloss sie dann mit einem Aufruf: «Es ist unser gemeinsames Volksvermögen, das die Schweiz ausmacht, wo der gemeinsame Nutzen und der Ertrag uns allen zugutekommt und nicht einem modernen Landvogt. Der gemeinsame Besitz unserer Grundgüter und die demokratische Selbstbestimmung darüber – das müssen wir verteidigen. Denn das ist das Erfolgsmodell Schweiz und der Ursprung unserer direkten Demokratie.»

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