«Wir rechnen mit überschaubaren Mehrkosten»

Die Obfelder Gemeindevertreter geben Auskunft zu Verzögerungen bei der Neugestaltung der Dorfstrasse

Die Sanierung der Dorfstrasse in Obfelden verzögert sich weiter. (Bild Dominik Stierli)

Die Sanierung der Dorfstrasse in Obfelden verzögert sich weiter. (Bild Dominik Stierli)

Vergangene Woche gab die Gemeinde Obfelden Verzögerungen bei der Neugestaltung der Dorfstrasse und der Sanierung von zwei Bachdurchlässen bekannt. Zahlreiche Einsprachen gegen die aufgelegten Projekte sind eingegangen. Dazu kommen personelle Wechsel im Projektteam und auch das Mandat des bisherigen Bauherrenunterstützers wurde neu vergeben. Eine interne Qualitätsprüfung hat ergeben, dass die Neuauflage der Projekte angebracht sei. Dies führt zu einer Verzögerung von mindestens 1,5 bis 2 Jahren. Der «Anzeiger» hat beim Leiter Tiefbau Nik Peter und bei Gemeindepräsident Stephan Hinners nachgefragt, was genau die Gründe für die Verzögerungen sind und wie es nun weitergeht.

«Anzeiger»: Das Projekt soll komplett neu aufgelegt werden. Ist das nicht viel aufwendiger, als wenn «nur» die Einsprachen ins bisherige Projekt integriert würden?

Nik Peter: Nein. Die bisherigen beiden Planauflagen, also Bachdurchlässe und Dorfstrasse, hatten zu total 20 Einsprachen geführt. Diese haben uns auch wertvolles Verbesserungspotenzial aufgezeigt. Durch einige Anpassungen können wir die Qualität des Projektes nochmals erheblich steigern. Wir können auch nochmals auf die Bedürfnisse der Bevölkerung eingehen, damit wir eine wirklich bedarfsgerechte, verkehrssichere Strasse bauen können.

Um welche Themen geht es bei den vielen Einwendungen hauptsächlich? Wieso ist eine Einigung so schwierig?

Nik Peter: Bei sehr vielen Einwendungen ging es um den Strassenlärm. Dort war die Meinung, dass wir als Bauherrschaft zu wenig gemacht hätten. Das war aus unserer Sicht auch berechtigt. Viele Einsprachen bemängelten auch die Abschnitte mit Tempo 30. Das war aber zweiseitig – manche wollten den Abschnitt kürzer – andere eine Verlängerung bis zum Knoten Rütli. Einsprachen betrafen auch Schleppkurven oder gewisse Engstellen bei Trottoirs.

Was genau forderten die Einsprecher bezüglich Lärm? Einen besseren Belag?

Nik Peter: Genau. Hier darf man mit gutem Gewissen sagen, dass sich der Gemeinderat entschlossen hat, einen SDA4-Belag einzubauen. Das ist ein wirklich lärmarmer Belag. Wir gehen davon aus, dass wir im Tempo-30-Bereich eine Reduktion von 5,5 bis 6 Dezibel erreichen können. Das ist viel besser als vorher. Eigentlich hätte eine Massnahme – Tempo 30 oder ein lärmarmer Belag – genügt, aber die Gemeinde will hier nun mehr machen, als man müsste. Der lärmarme Belag wird nicht nur im Tempo-30-Bereich verwendet, sondern auf dem ganzen Perimeter.

Das heisst auch im Tempo-50-Bereich?

Nik Peter: Ja, genau. Damit alle gleichbehandelt werden.

Wie sehen die Kostenfolgen für die Verzögerungen aus? An einer Infoveranstaltung im April 2024 war von 15 Millionen Projektkosten die Rede?

Nik Peter: Dass es Mehrkosten geben wird, wollen wir gar nicht bestreiten. Wir rechnen aber mit überschaubaren Mehrkosten. Bei so einem grossen Projekt sind bereits Reserven eingeplant, um unerwartete Kostensteigerungen abzufedern. Ziel ist es, den Gesamtkredit nicht zu überschreiten. Die Mehrkosten bedeuten aber schon, dass man gewisse Reserven nutzen muss. Wir rechnen aber auch mit zusätzlichen Bundesbeiträgen für Massnahmen wie den lärmarmen Belag und die 30er-Strecke.

Wird oder muss der Kanton Zürich seine Kostenbeteiligung von 6,5 Mio. Franken aufstocken, falls es zu Mehrkosten kommt?

Nik Peter: Nein, da ist leider nichts mehr zu ändern.

Stephan Hinners: Für die vereinbarte Summe von 6,5 Millionen wurde eine vertragliche Regelung getroffen. Daher ist nicht zu erwarten, dass der Kanton Zürich zusätzliche Kosten übernimmt, falls Mehrkosten entstehen. Alles, was wir nun zusätzlich, aber auch besser machen wollen, muss die Gemeinde selbst übernehmen.

Es sollen mehr Daten zu Strassenverkehr, Fussgänger und Strassenlärm gesammelt werden. Wie lange muss dafür gemessen werden? Führt dies zu weiteren Verzögerungen, bis die Daten ausgewertet sind?

Nik Peter: Mit den Lärmmessungen wurde bereits begonnen beziehungsweise diese wurden schon in Auftrag gegeben. Der Entwurf davon ist bereits eingetroffen. Weiter machen wir nach den Sommerferien eine sogenannte Transiterhebung. Dabei wird der Durchgangsverkehr auf der Umfahrungs- und der Dorfstrasse erhoben. So kann die effektive Fahrzeit berechnet werden. Bisher hat man hier nur rechnerische Fahrzeiten berechnet. Generell haben wir das Gefühl, dass wir immer noch viel Durchgangsverkehr haben, was auch eine eigene Referenzmessung bestätigte.

Stephan Hinners: Die Erkenntnisse für uns sind das eine, aber mit der Datenerhebung können wir auch gegenüber der Kantonspolizei belegen, wie die aktuellen Zahlen sind. Da das Projekt nun länger dauert, haben sich auch die Rahmenbedingungen geändert. Damit wollen wir bei der Kapo erneut eine vorzeitige Temporeduktion beantragen.

Nik Peter: Die Messungen führt eine Drittfirma durch und so können wir mit Fakten an die Kantonspolizei gelangen. Grundsätzlich sagt diese, dass bei einer Tempo-30-Einführung auf 1,9 Kilometer ohne bauliche Massnahmen sich niemand daran halte. Vom Aufwand her könne das die Kapo auch nicht kontrollieren.

Die Dorfstrasse wurde unterdessen zur Gemeindestrasse abklassiert. Kann die Gemeinde hier nicht selbst etwas verändern?

Nik Peter: Wir prüfen eine vorübergehende Verkehrsanordnung, welche die Gemeinde selbst verfügen dürfte. Das ist juristisch aber nicht ganz einfach, auch wegen der angrenzenden Staatsstrassen, was weitere formelle Schritte nötig machen würde.

Gewisse Verkehrselemente des Projektes entsprechen nicht den geltenden Normen und würden jetzt überprüft. Hätten diese trotz Abweichung umgesetzt werden können oder wieso wurden diese vorderhand im Projekt belassen?

Nik Peter: Es gibt Stellen im Projekt, bei denen man die Verkehrssicherheit, vor allem beim Langsamverkehr, nicht genau angeschaut hatte. Zum Beispiel bei Fussgängerinseln, bei Bushaltestellen und auch bei Trottoirüberfahrten sowie auch bei Durchfahrtsbreiten oder Engstellen. Diese Punkte möchten wir natürlich beheben, damit wir eine verkehrssichere Strasse bauen.

Aber wie konnte das passieren, dass so viele Mängel im Projekt drin sind? War die Gemeinde hier schlecht beraten?

Nik Peter: Das sind mehrere Punkte. Einerseits sind beim Planungsbüro die Ausführungen weder vom Ingenieur noch vom Niederlassungsleiter kontrolliert worden. Gleichzeitig müssen wir uns auch selbst an der Nase nehmen, da die Pläne von uns als Bauherr nicht genau kontrolliert wurden.

Stephan Hinners: Dazu kommt auch eine rollende Planung. Mit jedem Tag am Projekt kommen mehr Erkenntnisse zusammen. Irgendwann ist man aber am Punkt, wo man die Planauflage starten will und damit auch Rückmeldungen erhält. Mit der zweiten Auflage können wir jetzt gewissen Einwendungen entgegenwirken, bei denen wir seit anderthalb Jahren versuchen, eine Lösung zu finden.

Wie wurde das Qualitätsmanagement verbessert, auch im Hinblick von eventuell erneuten Personalwechseln?

Nik Peter: Alle Entscheidungen und Projektanpassungen werden detailliert dokumentiert. Sowohl bei der Bauherrschaft als auch im Planungsbüro gilt jetzt konsequent das Vier-Augen-Prinzip, um eine hohe Qualität und Transparenz sicherzustellen. Auch alle Eigentümergespräche werden protokolliert. Der Gemeinderat wird regelmässig mit wichtigen Protokollen versorgt und ist stets über die neuesten und wesentlichen Entscheidungen im Rahmen des Projektes informiert. Auf diese Weise wird eine lückenlose Nachvollziehbarkeit gewährleistet, auch bei möglichen Personalwechseln.

Wieso ist eine gemeinsame Auflage inklusive der Bachdurchlässe besser? Erhöht dies nicht erneut die Komplexität des ganzen Projektes?

Nik Peter: Die gemeinsame Auflage erhöht zwar die Komplexität des Projekts etwas, bietet jedoch den Vorteil, dass alle relevanten Aspekte von Anfang an berücksichtigt werden. Dies führt zu einer besseren Rechtssicherheit und einer stabileren Grundlage für die Projektfestsetzung, da spätere Änderungen oder Anpassungen vermieden werden können.

Per wann wird die zweite Projektauflage angestrebt?

Nik Peter: Wir streben die erneute Planauflage auf Anfang 2026 an.

Stephan Hinners: Mit dem Ziel, unter optimalen Bedingungen 2027 mit dem Bau zu beginnen und die Sanierung 2029 fertigzustellen. Aber das hängt auch mit möglichen neuen Einsprachen zusammen.

Möchten Sie abschliessend noch etwas zum Projekt sagen?

Stephan Hinners: Wir sind überzeugt, dass wir mit der erneuten Auflage einen Mehrwert bieten können und es nicht einfach länger dauert. So sollten wir auch qualitativ etwas Besseres bekommen als mit der ersten Auflage. Dank der Bundesbeiträge von um die 250000 Franken sollte die erneute Planauflage auch keine Mehrkosten generieren. Weil es sich um ein Jahrhundertprojekt handelt, möchten wir für die Bevölkerung auch saubere Arbeit liefern und das Richtige machen.

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