«Zwei Kühe liefern Jahr für Jahr die Energie für eine ganze Haushaltung»

Tage der Sonne: Der Biobauernhof von Gregor Blattmann liefert mehr Energie, als er benötigt

Biomasse sei der nachhaltigste Energiespeicher überhaupt, erläutert Gregor Blattmann, Biobauer in der Wesenmatt. Er war Hausemer Gemeinderat, Präsident der Dileca – und konfigurierte ­zusammen mit seiner Familie und verschiedenen Herstellern eine massgeschneiderte Biogasanlage für seinen Hof: «Wir haben nichts Neues erfunden, der grösste Aufwand war, die Zulassung zu erhalten.» Der Hof der Familie Blattmann konnte am Wochenende im ­Rahmen der Tage der Sonne der Standortförderung Knonauer Amt besucht werden.

«Wir wollten zeigen, was möglich ist»

Der Viehzuchtbetrieb der Familie Blattmann liegt am teils steilen Abhang der Albiskette von Hausen nach Sihlbrugg. Er besteht aus Wiesen, Weiden und Äckern. Seit 2008 verfolgt die Familie das Ziel der Klimaneutralität. Die drei ebenfalls landwirtschaftlich ausgebildeten Söhne ziehen mit ihrem Fachwissen am selben Strick. Dennoch war der Weg nicht einfach, denn Regulierungen können ein innovatives Projekt behindern, wenn es nicht in die bisherigen Standards hineinpasst.

Als Erstes sollten die Dächer der Ökonomiegebäude mit Solarzellen ausgestattet werden, doch die 2009 geltende Gesetzgebung stoppte das Projekt aus Gründen des Landschaftsschutzes. «Nach Fukushima im März 2011 begann das Umdenken», stellt Gregor Blattmann fest, seit 2015 ist die Solaranlage ­produktiv. Anschliessend folgte das ­Baugesuch für die Biogasanlage. «Gross­anlagen entsprechen industriellen Standards», erklärt Gregor Blattmann, «unsere Anlage war aber noch nicht reguliert, wir mussten zuerst nachweisen, dass sie den Standards des Brand- und Explosionsschutzes, der Luftreinhaltung und des Gewässerschutzes genügt.»

Mit grossem Aufwand wurden Messungen durchgeführt, um Emissionen und Risiken zu ermitteln. Der Schlüssel war, alle Verantwortlichen an einen Tisch zu bringen: «Gesetze und Reglemente aus verschiedenen Bereichen können sich widersprechen. Wenn die Verantwortlichen für Brandschutz, Luftreinhaltung, Klima- und Gewässerschutz an einem Tisch sitzen, können sie abwägen und Vereinbarungen treffen, um Widersprüche zu beseitigen.»

Die Behörden hätten nie Steine in den Weg gelegt, sondern Lösungen in einem Bereich gesucht, der auch für sie Neuland bedeutete. Nun läuft die Biogasanlage produktiv, ist optimal auf die Solaranlage abgestimmt, wodurch die Familie Blattmann zeigen kann, was möglich ist. «Nicht nur wir haben Know-how erarbeitet, das nun andere Landwirte nutzen können, sondern auch die Bewilligungsbehörden, die in Zusammenarbeit mit uns Standards erarbeitet haben, sodass die Regeln für neue Projekte nun wesentlich klarer sind.»

Hoffen auf das neue Stromgesetz

Gregor Blattmann hofft auf das neue Stromgesetz, das die Nutzung von Biogas wesentlich erleichtert: «Gemäss Stromgesetz, über das wir im Juni abstimmen, müssen die Netzbetreiber auch entlegene Höfe anschliessen. Sobald dies möglich ist, lohnt es sich, den Hof energetisch zu nutzen, was gleichzeitig auch den Ausstoss des Klimagases Methan reduziert.»

Welches Potenzial in der Nutzung der Biomasse liegt, kann Gregor Blattmann dank der Grundlagen, die er erarbeitet hat, detailliert erläutern. Die Sonne lässt im Sommer Gras und weiteres Futter für die Tiere wachsen, trocknet es, damit es während des ganzen Jahres genutzt werden kann. Die Ausscheidungen der Tiere enthalten eine Dünger- und eine Energiekomponente. Wird das Methangas nicht als Energie genutzt, entweicht es in die Umwelt und schädigt das Klima. Wird es hingegen in einer Kleinanlage auf dem Hof verwertet, entsteht eine beachtliche Menge an Strom und Wärme. Die Biomasse ist dabei ein Speicher, der weder seltene Erden benötigt noch nach Ablauf der Nutzungsdauer entsorgt werden muss, sondern als Dünger vollumfänglich als Nährstoff genutzt werden kann.

Energie für ein Fünftel der Bevölkerung

Die Rechnung für den Bezirk Affoltern ergibt, dass der Viehbestand der Region mehr als ein Fünftel der Bevölkerung mit Strom und Wärme versorgen könnte, wenn alle Höfe, die Vieh züchten, über eine solche Anlage verfügen würden und den Überschuss an Energie über einen leistungsfähigen Netzanschluss den Haushaltungen zur Verfügung stellen könnten, denn zwei Kühe liefern Jahr für Jahr die Energie für eine dreiköpfige Haushaltung.

«Kombiniert mit Solarpanels können wir die Energie optimal nutzen. Biomasse setzen wir dann ein, wenn die Sonne nicht scheint. Im Winter er­möglicht die Abwärme nicht nur das Heizen aller Gebäude unseres Hofes, sondern als Nebeneffekt auch der Dach-­panels, sodass sich darauf nie Schnee ­ansammelt, was ihre Effizienz weiter erhöht», fasst Gregor Blattmann zusammen, «unser Anliegen ist, dass das ­grosse Potenzial der Biomasse erkannt und ­genutzt wird. Die als klimaschädlich in Verruf geratene Kuh kann so einen ­Beitrag zum Klimaschutz leisten.»

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