Zwei Primarschülerinnen reisen nach Finnland

Im Rahmen der Begabtenförderung hat Primarlehrer Felix Speerli mit zwei Teams zwei Projekte im Bereich Energie erarbeitet, die bei rund 580 Projekten aus 27 Ländern gleich zwei Preise absahnten. Zur Live-Übertragung der Preisverleihung in Finnland wurde am letzten Donnerstag im Schulzimmer gefeiert.

Das Drittklässler-Forschungsteam mit Elia, Melanie, Noah und Malou (von links) erhielt mit dem Projekt "Low Energy House" die spezielle Ehrung "Offiziell anerkanntes, beeindruckendes/faszinierendes Projekt." (Bild zvg.)
Das Drittklässler-Forschungsteam mit Elia, Melanie, Noah und Malou (von links) erhielt mit dem Projekt "Low Energy House" die spezielle Ehrung "Offiziell anerkanntes, beeindruckendes/faszinierendes Projekt." (Bild zvg.)

Eigentlich wären Felix Speerli und zwei seiner Schülerinnen jetzt in Finnland und hätten ihre Preise in Empfang genommen. Corona vereitelte die Pläne. Im Schulhaus in Zwillikon erfuhren die Schüler, dass sie unter den erfolgreichen Gewinnern waren. Und die Reise nach Finnland? Im Spätherbst werden Felix Speerli, die beiden Viertklässlerinnen Lynn und Chiara und allenfalls weitere Begleitpersonen die Reise nach Finnland antreten, wo sie ein interessantes Forschungs-Programm erwartet.

Lynn und Chiara gewannen mit dem Projekt «Alternative Solar Energy» in der Kategorie «Technologie um uns herum». Sie erfanden Tankstationen für Autos, die mit Sonnenenergie betrieben werden. Die zweite Gruppe, die Drittklässler Elia, Melanie, Noah und Malou, erhielt mit dem Projekt «Low Energy House» eine spezielle Ehrung: «Official recognition of exellence», also «Offiziell anerkanntes, beeindruckendes/faszinierendes Projekt». Diese Ehre bekamen weitere vier Projekte aus anderen Ländern. Die zwei Jungs und zwei Mädchen haben sich intensiv mit einem Energiehaus auseinandergesetzt und ein Modell ­gebaut.

Luma StarT

Ziel des Luma-Zentrums Finnland, eines Netzwerks finnischer Universitäten, ist es einerseits, Kinder und Jugendliche für die Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu begeistern und anderseits das lebenslange Lernen von Lehrpersonen in diesem Bereich zu unterstützen. Auch in der Schweiz ist es ein breites Anliegen, bei Kindern die Freude an den Mint-Fächern zu wecken und zu erhalten. Mit den Entwicklungen in der Arbeitswelt werden diese Kompetenzen in Zukunft verstärkt gefragt sein.

Bei der Motivation für die Mint-Fächer wird der Fokus insbesondere auch auf die Mädchen gelegt. Das Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik an der ETH Zürich verzeichnet beispielsweise einen Frauenanteil unter 15 Prozent. Nun haben zwei Mädchen den Projekt-Wettbewerb gewonnen – super! Die beiden Viertklässlerinnen stellten der Jury ihr Projekt in einem kleinen Film in Englisch vor.

Ursprünglich wollten sie ein Solar-Auto bauen. Weil das zu schwierig war, wollten sie herausfinden, wie sie Sonnenenergie für Ladestationen für Elektroautos nutzen könnten. Dafür haben sie mit Solarzellen, Peltier-Elementen und LED-Lämpchen experimentiert. Um die Sonnenstrahlung zu verstärken, tüftelten sie mit Fresnel-Linsen und Parabolspiegeln. Das Ziel ihres Projektes war es, mit gebündelten Sonnenstrahlen möglichst viel Strom zu erzeugen. Diese Sonnenkraftwerke sollen Batterien für Elektroautos laden und so als Sonnentankstelle dienen. Die LED-Lämpchen generierten zu wenig Energie, dieses Teilprojekt wurde wieder aufgegeben.

Ablauf der Forschungsaufgabe

Felix Speerli hat schon viele Projekte im Bereich Technikförderung – oft gemeinsam mit seinem Bruder Reto, der auch unterrichtet – erfolgreich durchgeführt. Er lässt seine Schüler wie professionelle Forscherteams mit einem definierten Ziel arbeiten. Am Anfang stehen die Forscherfrage und Überlegungen zu deren möglichen Beantwortung. In einem zweiten Schritt wird festgelegt, welches Material man für die Experimente brauchen wird. Dann werden verschiedene Experimente durchgeführt und die ­Ergebnisse werden dokumentiert. Am Schluss werden die Erkenntnisse schriftlich festgehalten. Aus diesen Erkenntnissen tüftelt man an möglichen weiteren Vorgehensweisen. Den Schülerinnen wurde also nicht Stoff im herkömmlichen Sinn vermittelt. Sie wurden darin unterstützt, Lösungen für Fragestellungen selbst empirisch zu finden. Das macht viel mehr Spass, als Inhalte auswendig zu lernen und auf Abruf wiederzugeben, wie es früher üblich war. Diese Art des lustvollen Lernens stärkt die Kreativität und den Selbstwirksamkeitsglauben der Kinder.

Felix Speerli ist mit Leib und Seele Lehrer und ein geborener Tüftler. Er führt mit 60 Stellenprozenten eine Klasse und kann daneben mit 30 Stellenprozenten in der Begabtenförderung in Zwillikon solch aufwendigere Projekte durchführen. Er ist selbst begeistert von technischen Tüfteleien und stellt beispielsweise seinen Schülern seinen eigenen 3-D-Drucker zu Verfügung. Er weiss aber auch, dass diese Art zu lernen im normalen Klassenverband mit den ­gegebenen Lernzielen nur begrenzt ­möglich ist.

Viele Lehrpersonen engagieren sich heute für den Technikunterricht mittels Experimenten – im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten. Man kann Kindern nicht befehlen, mit Freude zu lernen, aber man kann ihnen Fragestellungen anbieten, die zu beantworten Freude macht – wenn man sie damit nicht allein lässt, sondern adäquat fordert, fördert und begleitet.

Freude herrscht

Die Übertragung der Preisverleihung in Finnland erfolgte in Englisch. «Die Kinder hörten gespannt zu», erzählt Felix Speerli. «Da sie vieles nicht verstanden, hörten sie hauptsächlich auf die Namen der Länder und fieberten eifrig mit. Bei den ersten beiden Verkündungen ging ein enttäuschtes Raunen durch das Zimmer, beim dritten Mal hat es eine Sekunde gedauert, bis sie realisiert haben: Wir haben gewonnen! Dann brachen sie in Jubel aus! Eines der Mädchen rang sogar mit Tränen. Danach haben wir mit Rimuss und Snacks corona-konform angestossen und einander gratuliert.»

Dass das Forschen rund um Energie Spass gemacht hat, beweist die Tatsache, dass die Kinder bereits weitere Projekte planen. «Die Kinder kamen auf mich zu mit der Bitte, weitere Vorhaben anzupacken. Es gäbe mögliche Folgeexperimente zu unserem Projekt. Zum Beispiel: Könnte die Hitze im Brennpunkt eine Dampfmaschine oder einen ­Stirlingmotor antreiben? Könnte man die heisse Solarzelle mit den Peltier-Elementen kühlen anstatt mit Wasser und auf diese Weise zweigleisig Strom produzieren? Ob die Kinder auf diese neuen Fragen anbeissen, werde ich sehen, wenn die Coronazeit vorbei ist», meint Felix Speerli. Zuerst freuen sich die beiden Schülerinnen und ihr Lehrer erst einmal auf die Reise nach Finnland.

Infos zu den beiden Projekten: atelierzwillikon.weebly.com.

 

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