Zwei Vorlagen – vier Meinungen

E-ID und Eigenmietwert: Abstimmungspodium der SVP in Bonstetten

Sie diskutierten über die Einführung einer E-ID und über die Abschaffung des Eigenmietwerts, von links: Walter Angst, Simon Nievergelt, Claude Wuillemin (Moderation), Naemi Dimmeler und Martin Hübscher. (Bild Werner Schneiter)

Entsteht mit der Einführung der E-ID ein Sicherheitsrisiko oder wird damit ein Flickenteppich beseitigt? Wird mit der Abschaffung des Eigenmietwerts eine ungerechte Steuer beseitigt oder ein nicht vollständiger und ungerechter Systemwechsel vollzogen? Zu diesen beiden Abstimmungsvorlagen vom 28. September organisierte die SVP ­Bonstetten eine Podiumsdiskussion, zu der gegen 50 Interessierte in den Gemeindesaal kamen.

E-ID: Alles einfacher oder gefährlicher?

Moderator Claude Wuillemin musste sich die Bühne vorerst mit einer Katze teilen. «Prüfend» trottete sie gemütlich zwischen Pult und Stühlen. Dort duellierten sich dann Naemi Dimmeler, Präsidentin der Jungen Zürcher SVP, und Simon Nievergelt, Präsident der Jungen Mitte Kanton Zürich, zur Einführung des E-Identitätsnachweises (E-ID). Nur vier Jahre nach Ablehnung der E-ID (Nein-Anteil: 64 %) wieder eine solche Vorlage für die Einführung einer digitalen Identitätskarte: Ist das eine Zwängerei?, wollte der Moderator wissen. Nein, die grössten Fehler seien behoben worden, der Staat und nicht Private – wie bei der ersten Vorlage – sei nun dafür verantwortlich. Die Bevölkerung traue dem Staat mehr als privaten Anbietern, ist Befürworter Nievergelt überzeugt – etwas, das Kontrahentin Dimmeler bestritt, auch, weil es beim Staat schon Pannen gegeben habe und es sich um sensible Daten handle. Für sie gibt es nie restlose Sicherheit und auch keine Notwendigkeit für etwas, das nicht nötig sei. Vier Jahre nach dem Nein werde hier der Volkswille missachtet. Auch Nievergelt bestreitet nicht, dass es keine 100-Prozent-Sicherheit gibt. Die E-ID sei ja freiwillig, entspreche den neuesten Standards (Schutz der Privatsphäre, Datensicherheit) und sei unter Hilfe von Hackern entstanden. Er argumentierte auch mit den Mühen bei analogen Vorgängen, etwa beim Bestellen eines Strafregisterauszugs, verbunden mit grossem Verwaltungsaufwand. Damit verschwinde auch ein Flickenteppich, Behördengänge liessen sich ersparen. Mit der E-ID sei alles viel einfacher. Dimmeler wiederum pocht auf das Recht eines Offline-Lebens und stellt sich die Frage, wie lange die E-ID freiwillig und kostenfrei bleibe und dann ältere Mitmenschen und Behinderte vor Probleme stelle. Sie fürchtet den «gläsernen Bürger» wie etwa in China.

Skepsis und befürwortende Stimmen dann auch aus dem Publikum: Die einen sehen die E-ID als massiven Fortschritt für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft, die wir längst sind. Eine schweizweite Lösung sei wichtig, die ja freiwillig sei. Andere monieren das Recht auf ein analoges Leben und sprechen von Sicherheitsbedenken.

Unnötig, weil es keinen schwierigen Alltag ohne E-ID gebe und Zwang drohe, so die SVP-Vertreterin. Eine gute, sichere und freiwillige Option, die effizienter sei in allen Bereichen, wo online immer präsenter sei – so der abschliessende Befund des Mitte-Referenten.

Vollständiger Systemwechsel

1915 wurde er als einmalige Kriegssteuer eingeführt, und er sorgt nun 110 Jahre später noch immer für heisse Köpfe: Nun soll der Eigenmietwert fallen, vorausgesetzt, die Schweizer Stimmberechtigten stimmen am 28. September der Objektsteuer für Zweitliegenschaften zu. Es ist ein vollständiger Systemwechsel – nach SVP-Nationalrat Martin Hübscher ein zwingender, weil der Eigenmietwert ungerecht sei und eine Steuer auf nicht vorhandene flüssige Mittel darstelle. Damit fördere der Staat die Privatverschuldung, die in der Schweiz heute die weltweit höchste sei.

Für Walter Angst, Kommunikationsverantwortlicher beim Mieterverband, werden damit Eigentümer entlastet, die Mieter seien die Geprellten – eine unvollständige und ungerechte Lösung auch, weil Mieterinnen und Mieter keine Abzüge geltend machen können. Die Objektsteuer auf Zweitliegenschaften bezeichnet er als «Trick», weil diese in den Kantonen von den Finanzdirektoren beantragt werden muss. «Tun sie das wirklich»?, fragte er und meldete Zweifel an.

Gerecht oder benachteiligend?

Die Abschaffung sei gerecht; eine Mehrheit der Mieter strebe Wohneigentum an. Bei einer Erstbeschaffung von Wohnraum seien in den ersten zehn Jahren Abzüge möglich – in beschränktem Ausmass auch bei Schuldzinsen. «Leider hat der Bund bei der Eigentumsförderung versagt», sagte Hübscher, für den der Mittelstand mit dem Wegfall des Eigenmietwerts entlastet wird. Er sprach auch von Fällen, bei denen die AHV oder die IV-Rente von Wohneigentümern nicht reiche, um für den Eigenmietwert aufzukommen. «Ein Riesenproblem, wenn diese ihr hart erarbeitetes Haus verlassen müssen», so Hübscher.

Für Walter Angst stellen die hohen Bodenpreise für Mieterinnen und Mieter ein grosses Hindernis für Wohneigentumskauf dar. Mieter und Junge, die nach Eigentum strebten, seien benachteiligt. Gegen steigende Bodenpreise und steigende Mieten werde nichts unternommen. Wer Boden und Haus besitze, befinde sich auf der Sonnenseite, Mietende auf der Schattenseite. Nach dem Wegfall des Eigenmietwerts müssen nach Angsts Worten Steuerausfälle ausgeglichen werden, etwa durch Konsumsteuern oder direkte Steuern. «Diese auch von der SP vorgebrachten Argumente lassen sich nicht vom Tisch wischen», sagte AL-Vertreter Angst.

Objektsteuern auf Zweitliegenschaften, deren Höhe und Ausgestaltung Sache der Kantone sind, generieren laut Hübscher Mehreinnahmen, und durch den Wegfall des Eigenmietwerts würden Eigentümer animiert, vermehrt Hypo-Schulden zurückzuzahlen, womit sich unter anderem die horrende Privatverschuldung vermindere. Zudem würden die Grundstückgewinnsteuern steigen. Zerstreut wurden auch Befürchtungen des Baugewerbes, wonach bei nicht mehr möglichen Abzügen Aufträge für Renovations- und Instandstellungsarbeiten wegfallen würden.

Im Publikum wurde moniert, man müsse jetzt endlich von Narrativen wie «Mieter arm, Vermieter und Hausbesitzer reich» wegkommen – diese jedenfalls nicht gegeneinander ausspielen. Erinnert wurde an jene, die lange gespart und auf vieles verzichtet haben, um Wohneigentum zu erwerben.

Der Systemwechsel sei weder vollständig noch gerecht, die Vorlage nicht ausgewogen. Sie gebe keine Antwort auf die Mehrbelastung von Mieterinnen und Mietern und auf nötige Kompensationen, so das Schlusswort von Walter Angst. Martin Hübscher sprach von einer ungerechten Steuer und von einer Vorlage, die Mittelstand und Junge entlastet und Verschuldungsanreize abbaut – ein vollständiger Systemwechsel, der nicht mit der Mieterproblematik verknüpft werden darf.

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