Aus die Maus für eine Bilderbuch-Wirtin

33 Jahre lang war Claire Lienhard Wirtin im Restaurant Linde in Bonstetten – nun geht sie in den Ruhestand

Aus die Maus. So steht es auf dem Schild draussen am Restaurant, auf dem die Öffnungszeiten angeschlagen sind. Abends war die Beiz so lange offen, wie Stimmung herrschte. Aus die Maus heisst es jetzt auch für die Seele der ­«Linde» in Bonstetten. 33 Jahre lang wirtete hier Claire Lienhard. Mit frechen Sprüchen und einer grossen Portion Herzlichkeit versorgte sie ihre Gäste seit 1990. «Ich wusste zuerst gar nicht, wo Bonstetten ist», gesteht die 76-Jährige. Zuvor hatte sie in Zürich-Leimbach in ­einem grossen Restaurant als Wirtin ­gearbeitet.

«Die Gäste», sagt Lienhard wie aus der Pistole geschossen, «das war das Schönste an meinem Beruf.» Und die Gäste wiederum haben sie sehr gern gehabt. «Die Gemütlichkeit hier im ­Restaurant Linde habe ich immer sehr geschätzt. Und natürlich den tollen Service von Claire», erzählt ein Gast, der diese Woche beim Besuch vor Ort zum Znüni einen Kaffee trinkt und sich ein Gipfeli genehmigt. «Ich freue mich jetzt drauf, auch mal nichts zu machen und kürzerzutreten», sagt Claire Lienhard und lächelt.

Gekrampft hat sie all die Jahre mit viel Herzblut. Oft stand sie schon um 6.30 Uhr in der Gaststube oder in Küche, um alles vorzubereiten. Seit knapp 20 Jahren hat sie auch noch selber in der Küche am Herd gestanden und gutbürgerliche Gerichte gekocht. Zwei Mittagsmenüs hat sie jeweils gezaubert. In all den Jahren standen bei ihr, die einst Verkäuferin gelernt hatte, die Gäste im Vordergrund. Auch was die Preise ­angeht.

Eine Stange für unter 4 Franken

Legendär: In der «Linde» gab es für sage und schreibe Fr. 3.90 eine Stange Bier. Weit und breit gibt es den frisch gezapften Gerstensaft nicht so günstig. Auch Kaffee crème wurde hier noch zum Tiefstpreis von Fr. 3.90 serviert. «Weil es so günstig war, haben die Gäste mal ­einen Kaffee mehr getrunken und so stimmte die Kasse auch für mich wieder.» In der «Linde» galt bisher auch: Nur Bares ist Wahres – mit Karte konnte man hier nicht bezahlen. Ganz nach dem ­Motto: alte Schule mit viel Charme.

Vor allem seit der Corona-Pandemie habe sich die Situation in der Gastronomie nie mehr richtig erholt. «Es ­kamen immer weniger Gäste», sagt ­Claire Lienhard.

Aber die «Linde» konnte immer auf eine treue Stammkundschaft zählen. «Auch in den vergangenen Jahren waren die Vereine noch hier», so die Wirtin. Die Jungen habe man aber hier nicht oft gesehen. Früher ging im Restaurant ­Linde noch richtig die Post ab. Bis aus die Maus eben. Heisst: Da wurde schon mal bis 4.30 Uhr gefestet. Da gab es legendäre Partys», erinnert sich Claire Lienhard. Metzgete oder Fasnacht beispielsweise – das waren zwei Anlässe, die immer viele Gäste ins Lokal gelockt ­haben.

Neuer Pächter bald bekannt

Ab heute Freitag bleibt die «Linde» nun vorerst geschlossen. Zuvor gab es noch eine grosse «Ustrinkete» mit allen Gästen. Nun wird Claire Lienhard noch ein bisschen die Gaststube aufräumen. An einer Wand hängten beispielsweise ­Erinnerungsstücke an die Zeit, als sie noch viel geritten ist. Solche Sachen wird sie nun in ihre Wohnung zügeln, die sie direkt über dem Restaurant bewohnt. «Ich werde sicher auch in ­Zukunft ab und zu im Restaurant auftauchen. Ich habe ja keinen langen Weg», sagt die nun abtretende Wirtin mit einem verschmitzten Lächeln.

Wie geht es nun weiter mit dem Restaurant Linde in Bonstetten? Derzeit laufen Gespräche mit einer neuen Pächterschaft. Die Musterverträge sind bereits aufgesetzt, schon bald sollen diese definitiv unterzeichnet sein. Vorerst bleibt die «Linde» ab heute Freitag zu – und Claire Lienhard wird es ein bisschen ruhiger angehen. Verdient hat sie es sich.

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