Die Pizza im Säuliamt salonfähig gemacht

Serie «Wirtinnen und Wirte im Säuliamt»: Das Restaurant Weingarten in Affoltern feiert ein rundes Jubiläum

Andreas und Anita Häberling im Einsatz im Restaurant Weingarten. Anita Häberling serviert den 
speziellen Jubiläumswein anlässlich von 40 Jahren Familie Häberling. (Bild Dominik Stierli)

Andreas und Anita Häberling im Einsatz im Restaurant Weingarten. Anita Häberling serviert den speziellen Jubiläumswein anlässlich von 40 Jahren Familie Häberling. (Bild Dominik Stierli)

Das Foto vom «Weingarten» stammt vermutlich aus den 1900er-Jahren. (Bild zvg)

Das Foto vom «Weingarten» stammt vermutlich aus den 1900er-Jahren. (Bild zvg)

Das Restaurant Weingarten ist kurz nach zehn Uhr fast leer, aber eine emsige Betriebsamkeit herrscht trotzdem. Hinter der Theke werden fleissig Gläser abgetrocknet, in der Küche laufen Vorbereitungen für den Mittag und Handwerker tragen renovierte Fensterläden die Treppe hinauf. Auch eine Schülerin, welche im Weingarten schnuppert, wird heute noch betreut. Wie Anita Häberling später erzählen wird, stammt diese aus einer Familie, welche seit Jahren im Weingarten einkehrt und darum auch hier einen Einblick erhält.

Saisonalität ist sehr wichtig

Trotz Betrieb nehmen sich die beiden Wirte, Anita und Andreas Häberling Zeit für ein Gespräch. Noch bleibt Zeit bis zum mittäglichen Ansturm. Beim Eingang verrät ein Schild, dass es heute Schweinshalsbraten mit Nudeln sowie Erbsli und Rüebli gibt. Kulinarisch bietet der Weingarten eine grosse Vielfalt. Neben Pizza und der À-la-carte-Auswahl legen die beiden auch grossen Wert auf die Saisonalität. So sei man jetzt nach Bärlauch im Frühling in der Spargelsaison. Das Jahr ist durchgetaktet. Es folgen danach bis Ende Jahr eine ­Sommer- und Grillkarte, dann Eierschwämmli, Wild und Flambieren. «Anfang Jahr starten wir mit Muscheln und im März ist Asiatisches angesagt», erzählt Anita Häberling. «Wir setzen auf gute Qualität, gutes Fleisch und das ist teilweise auch etwas teurer», sagt Andreas Häberling und fährt fort: «Aber so können wir dahinterstehen.»

«Wir machen auch selbst Glace», erklärt Andreas Häberling. Dabei seien das Erdbeer-Sorbet, Erdbeer-Rhabarber oder auch Vanille sehr beliebt. Mit gewissen selbst gemachten Sorten war man aber nicht zufrieden, sodass man diese einkaufe, erklärt Anita Häberling.

Bekannt ist das Traditionslokal auch für seine Pizzas. Unterdessen gibt es diese klein, mittel und gross. Anfänglich startete man mit einer mittleren Grösse, sodass es auch möglich sei, sich einen Salat im Voraus oder ein Dessert im Nachhinein zu gönnen. Für die Kinder oder Personen mit weniger Appetit kamen später eine kleine und für viel Hunger auch eine grosse Variante dazu. Oft werde man auch mit riesigen Pizzas anderer Geschäfte verglichen. «Eigentlich müsste man das Gewicht der Pizzas angeben. Unsere Pizzen haben in der Regel mehr Teig und eine grosszügigere Belegung, aber die Leute beurteilten jeweils nur den Durchmesser», stellt Anita Häberling mit leichter Entrüstung fest.

40 Jahre im Familienbesitz

Der Weingarten blickt dieses Jahr auf 40 Jahre zurück. Dabei feiert man den Familienbesitz seit 1984. Andreas Eltern, Sonja und Ruedi Häberling übernahmen damals das Restaurant von Familie Liechti. Der Weingarten selbst ist einiges älter. Das Gebäude stammt aus 1820. «Ob das Restaurant seit damals besteht, ist uns nicht bekannt», erklärt Anita Häberling. Eine alte Aufnahme zeigt das Restaurant um das Jahr 1900.

Andreas Vater übernahm 1974 in Wettswil die «Drei Linden». Dort zeigte er Pioniergeist und führte als eines der ersten Restaurants Pizzas im Säuliamt ein. Aber nicht nur das. Vom damals üblichen Plattenservice wechselte er auf den Tellerservice und sei dafür von den anderen Restaurantbetreibern ausgelacht worden. 1984 erfolgte der Wechsel in den Weingarten. In den 90er-Jahren übernahm Sohnemann Andreas immer mehr Aufgaben. Der gelernte Koch und gebürtige Obfelder bildete sich unentwegt weiter: Hotelfachschule in Zürich, Unternehmensführung und weitere Businesskurse standen auf dem Programm. Daneben war er im Turnverein Obfelden aktiv, auch als Kunstturner.

Seine Frau Anita wuchs ebenfalls in Obfelden auf, absolvierte die Diplommittelschule in Zürich und war sechseinhalb Jahre als Kindergartenlehrerin in Affoltern tätig. «Da damals eine Teilzeitstelle nicht möglich war, hörte ich mit der Geburt unseres ersten Kindes auf», berichtet sie. Im Laufe der Zeit stieg auch Anita Häberling, zumindest Teilzeit, in die Gastronomie ein und betont, dass für sie alles «Learning by doing» war. Ab 2012, als ihre Töchter selbstständiger wurden, begann sie sich Vollzeit im Weingarten zu engagieren.

Seit 2009 führen die Beiden das Restaurant selbst. Dazu kommen zehn Hotelzimmer, darunter auch ein grösseres Familienzimmer. Auf die Frage, wer denn in Affoltern ein Hotel buche, kommt eine vielfältige Antwort: «Das sind Business-Leute, teils aus dem Ausland, aber auch Handwerker von Spezialfirmen darunter. Diese kümmern sich in der Region um eine Baustelle und kehren am Abend nicht extra zurück nach Hause.» Weiter gebe es auch Familien, welche für eine Feier in der Region sind und beim Gastgeber es schlichtweg zu wenig Platz habe. Und auch Touristen aus anderen Schweizer Regionen haben den Weingarten als idealen Ausgangspunkt für Zürich und die Innerschweiz entdeckt.

Sehr viele Änderungswünsche

Stammgäste im Restaurant hätten sie aus dem ganzen Bezirk, aber auch aus dem Raum Aargau oder Zug bekommt der Weingarten Besuch. Gewisse Beziehungen gingen so weit, dass es Familien gebe, welche Taufe, Kommunion und in späteren Jahren die eigene Hochzeit im Weingarten gefeiert hatten. «Das sind sehr schöne Erlebnisse», sagt Anita ­Häberling.

Die Frage, was sich in den letzten Jahren in der Gastronomie verändert habe, trifft einen wunden Punkt. «Unterdessen enthalten 80 Prozent der Bestellungen gewisse Änderungswünsche. Auch bei Banketten möchte man am liebsten nicht ein Menü, sondern die verschiedensten Varianten.» Dazu kommt ein weiterer Aspekt in der Küche, wie Andreas Häberling ausführt: «Bis ungefähr 2010 musste die Küche kaum auf Allergien achten und vegane Gerichte waren kein Thema. Heute ist das natürlich Pflicht.» Selbstverständlich erhält im Restaurant Weingarten jeder Gast sein gewünschtes Menü, auch wenn dies das Küchenteam entsprechend fordert.

In der Küche ist Andreas Häberling vor allem anzutreffen, wenn es denn Ansturm gibt. «Ich bin unterdessen viel fürs Rückwärtige zuständig», erklärt er. Damit meint er Aufgaben wie Buchhaltung, Bürosachen und auch die Menüplanung. Anita Häberling kümmert sich um den Restaurantbetrieb. Es sei teils schwierig, die Übersicht zu behalten. «Die Digitalisierung hat vieles eher schwieriger gemacht. Unterdessen ­erhalte ich Reservationen auf vier verschiedenen Kanälen», sagt sie zum Thema. Dazu kommt, dass der Betrieb ­sieben Tage die Woche offen ist. «Dies funktioniert nur dank unserer langjährigen Stellvertreter Kati Tresch und Ivan Zickermann, welche gemeinsam mit uns den Betrieb führen», erklärt Anita ­Häberling. So hat das Wirtepaar an zwei Tagen pro Woche frei. Ein grosser Stolz von Andreas Häberling ist sein fahrbarer Barbecue-Grill, welcher mindestens einmal im Jahr an den Smoker-Nights zum Einsatz komme. Dieser werde auch an Anlässen in der Region eingesetzt, er kann auch für private Feste bei ihnen gebucht werden.

Jubiläumsfeier mit Showact

Im Mai planen die beiden eine grosse Jubiläumsfeier. «Damit wir allen Danke sagen können, inklusive der Mitarbeitenden, und mit allen feiern können, entschieden wir uns, das 40-Jährige im Kasino in Affoltern abzuhalten.» Am 23. Mai starten die Feierlichkeiten mit einem VIP-Anlass für die eigene Familie, die Mitarbeitenden, Geschäftspartner und Freunde. Dort wird das Team für einmal extern bekocht mit einem Flying Dinner. Ab 19 Uhr ist der Event öffentlich. Das Einfrau-Orchester Fräulein Da Capo wird mit humorigen Liedern unterhalten. Für den Anlass gibt es noch Tickets zu kaufen. «Vom Platz und der Wettersicherheit mussten wir uns für eine externe Feier entscheiden. Der Platz im Restaurant wäre zu klein gewesen für alle Gäste», erklärt Anita Häberling die Beweggründe für das Jubiläumsfest im Kasinosaal.

Langsam breitet sich Hektik. Noch gut eine Stunde dauert es, bis die ­Mittagsmenüs gefragt sein werden. Es bleibt Zeit für Fotos des Wirtepaares in Aktion. Danach folgt das Personalessen. «Von 11 bis 11.30 Uhr sitzen wir jeweils alle ­zusammen. In der Küche kann jeder selber von den Mittagsmenüs schöpfen.» Schon bald geht es aber richtig los.

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