«Ich wollte beruflich etwas Lokales machen»

Isabel Miguel aus Wettswil ist seit 15 Jahren fest im Säuliamt verwurzelt

Nach vielen Jahren im Ausland ist Isabel Miguel in Wettswil heimisch geworden. (Bild Florian Hofer)
Nach vielen Jahren im Ausland ist Isabel Miguel in Wettswil heimisch geworden. (Bild Florian Hofer)

Als sich Isabel Miguel vor vielen Jahren aufmachte, um – nachdem sie am Bodensee aufgewachsen war – in Sierre im Wallis Tourismus und Wirtschaft zu studieren, hätte sie wohl nicht gedacht, dass sie einmal in Wettswil wohnen würde und hier in der Region eine angesehene Unternehmerin in Sachen schulischer Nachhilfe und Förderunterricht werden würde.

Zehn Jahre verbrachte sie nach dem Studium im Ausland. «Ich habe in Mexiko gelebt und war beruflich viel in Kanada und den USA unterwegs, wo ich im Marketing in der Tourismusbranche arbeitete», erzählt sie. Doch irgendwann – genauer im Jahr 2005 – zog es sie in die Heimat zurück, wo sie noch drei Jahre als Marketingdirektorin im «Gstaad Palace» arbeitete und gleichzeitig einen MBA an der HTW Chur absolvierte. Danach folgte die letzte Station im Tourismus als Marketingleitung für das Sawiris-Projekt in Andermatt. Es folgten einige Jahre Mitarbeit an internationalen Projekten bei einem umtriebigen Investor, was ihr zwar ein spannendes berufliches Umfeld bot, aber: «Das war nicht familientauglich. 2012 kam der erste Sohn zur Welt (2015 der zweite). Ich musste in beruflicher Hinsicht umdenken – bei kleineren Pensen hiess es nämlich bei Bewerbungen, ich sei überqualifiziert.»

Und dann, seit 2007 lebt sie inzwischen in Wettswil, wurde es spannend: «Ich musste überlegen: Was sind meine Stärken?» Sie erinnerte sich daran, dass sie einmal ein halbes Jahr lang unterrichtet hatte. «Das hat Spass gemacht.» Und sie erinnerte sich auch daran, dass ihre Lehrer am Bodensee immer wieder gesagt hatten, dass sie sicher gut unterrichten könne und dass sie damals auch das «Lehrersemi» angeschaut hatte, dann aber den Gymiweg wählte. In ihr reifte langsam der Gedanke: «Eigentlich kann ich das auch selbst aufziehen.» So kam es, dass das Jahr 2014 zu einem Jahr der Findungsphase wurde: erst die Familiengründung, zudem die Notwendigkeit, Familie und Beruf in Einklang zu bringen, und dann 2014 die Trennung von ihrem Partner. Diese Belastung setzte in ihr jedoch enorme Kräfte frei, statt sie zu bremsen: «Ich wusste dann, dass ich beruflich etwas Lokales machen wollte.»

Mehrere Standorte in der Region

Anfang 2015 folgte als nächster Schritt, die Schule Lerneffekt, die Nachhilfeunterricht und Gymivorbereitungskurse anbietet, zu gründen. «Die ersten drei Standorte habe ich gleichzeitig eröffnet. Der in Bonstetten war der erste. Im April 2015 kam der zweite Sohn zur Welt, im Herbst 2015 war Unterrichtsstart.» Heute hat Lerneffekt fünf Standorte: in Bonstetten-Wettswil, Thalwil, Urdorf, Zürich Binz und Witikon. 27 Personen arbeiten in Teilzeit in ihrem Unternehmen.

Was für andere ein fast unlösliches Problem darstellt, war für sie eher die logische Weiterführung des bereits Bekannten: «Beim Aufbau ist mir meine ganze Erfahrung in den Business-Projekten zugutegekommen. Ich hatte ja schon das entsprechende Know-how.»

«Angefangen habe ich mit klassischen Nachhilfestunden von der Primar bis zur Matur und Gymivorbereitung. Dann wurden die ersten fünf Lehrer angestellt. Sie unterrichteten Sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften.» Doch warum braucht es eigentlich Nachhilfe? Sollte der Schulunterricht nicht genügen, damit die Buben und Mädchen ihre Lernziele erreichen können? «Ich denke, dass durch die Methodenfreiheit der Lehrpersonen in der öffentlichen Schule das Spektrum, dessen, was die Schülerinnen und Schüler mitbekommen, sehr unterschiedlich ist», so Isabel Miguel. Kommt dazu: «Für einige Kinder ist es schwieriger, dem Unterricht zu folgen, sei es, weil die Konzentration fehlt, weil der Unterricht weniger strukturiert ist und weil generell weniger repetiert wird.» Das führe dazu, dass manche Schülerinnen und Schüler das Wissen nicht nachhaltig aufnehmen könnten.

Was sie in den Jahren mit der Firma Lerneffekt selbst beobachtet hat, führte dazu, sich vor fünf Jahren für die Ausbildung zur Bio- und Neurofeedbacktherapeutin zu entscheiden und ein weiteres Standbein aufzubauen – den NeuroEffekt. In den Praxen werden Therapien zur Stressbewältigung, Resilienzförderung, ADHS-Coaching, Konzentrationsförderung und bei verschiedenen Lernschwierigkeiten angeboten. «Von der Elternberatung her habe ich gesehen, dass ein riesiger Bedarf da ist.» Auch im pädagogischen Bereich hat sie sich weitergebildet – zum Beispiel im Lerncoaching oder zu «Massnahmen, die bei ADHS wirken» an der Hochschule für Heilpädagogik.

Wichtig ist ihr das Gesamtpaket

Wichtig ist der Unternehmerin aus Wettswil, dass «einfach nur Nachhilfe geben» für die jetzt 53-Jährige zur Erfüllung der beruflichen Ambitionen nicht ausreicht. «Das Gesamtpaket, wie wir unterstützen können, das ist mein Ding. Die Qualität der Arbeit steht im Vordergrund.» Es muss alles stimmen: Schule, Eltern, Lehrer. Dabei geht es auch um das Aufbauen des Selbstwertgefühls des Kindes. «Man kann durch Motivation vieles erreichen.» Schön sei es dann, «wenn man sieht, dass das Kind Fortschritte macht und Erfolgserlebnisse hat». Wir arbeiten teilweise auch mit öffentlichen Schulen zusammen, und mein Herzensprojekt ist seit August 2025 Realität geworden – die vom Kanton anerkannte Privatschule auf Primarstufe hat mit der ersten Klasse gestartet, und es ist schön, dass wir nun Primarschulkindern die gesamte Schulbildung mit unserem Konzept mitgeben können und nicht nur punktuell unterstützen.

Früher war sie viel unterwegs, hat jahrelang im Ausland gelebt. Jetzt ist sie angekommen im Lokalen. «Dieser totale Wechsel ist das Beste, was ich machen konnte», sagt sie rückblickend. Sie wohnt inzwischen seit 15 Jahren in Wettswil, und auch ihre Kinder fühlen sich sehr wohl. Sie ist vernetzt im Gewerbeverein Unteramt und hat für einige Zeit das Unternehmerinnen-Netzwerk geleitet, sie war sechs Jahre Mitglied im Elternrat und war auch eine Zeit lang im Vorstand des Familienclubs Bonstetten-Wettswil. Wegziehen kommt für sie nicht mehr infrage. «Wir geniessen unser aktives Berufs- und Familienleben im Säuliamt.»

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