Käppeli Mode macht Ende Jahr zu
Aus dem traditionsreichen Modehaus in Muri werden Wohnungen
Aus dem traditionsreichen Modehaus in Muri werden Wohnungen
Seit 54 Jahren ist der heute 70-jährige Benno Käppeli in seinem Modehaus tätig. Jetzt muss er schliessen. Wie fühlt man sich da? Er sagt, dass er vor lauter Arbeit noch gar nicht dazu gekommen sei, etwas zu fühlen. Ganz anders seine Frau Martha, die freut sich nämlich riesig auf den Ruhestand.
Modehaus von den Eltern übernommen
Seine Frau müsse man gar nicht fragen, sagt Benno Käppeli grimmig. Ganz kann er den Schalk in seinen Augen aber nicht verbergen. Es geht um die Schliessung des traditionsreichen Modegeschäfts Käppeli in Muri. «Sie freut sich wie verrückt», murmelt er und schmunzelt. Tatsächlich strahlt die 67-jährige Martha Käppeli glücklich, wenn sie darauf angesprochen wird, dass sie und ihr Mann, der immerhin bereits 70 Jahre alt ist, bald in den Ruhestand gehen.
«Dann kann ich endlich das Haus entrümpeln. Ausserdem können wir wieder Velotouren und andere Ausflüge machen und Sport treiben.» Eben all das, was man mit einem 100-Prozent-Pensum im eigenen Laden jahrelang hintanstelle. Nach einem Herzinfarkt und zwei grösseren Operationen ist sie auch aus gesundheitlichen Gründen froh um die Pensionierung.
Und was fühlt Benno Käppeli, der das Modehaus von seinen Eltern übernommen hat und seit 54 Jahren dort arbeitet? «Gar nichts. Ich habe noch so viel zu tun mit Geschäftsaufgabe, Liquidation und allem, dass ich noch keine Zeit habe, etwas zu fühlen. Das hat nachher auch noch Zeit», sagt er. Am 18. November beginnt der Totalräumungsverkauf bei Käppeli Mode an der Seetalstrasse 1. Sämtliche Artikel müssen raus, «auch die brandneue Herbstkollektion, die wir natürlich noch eingekauft haben».
Der Junior brachte Schlaghosen ins Sortiment
Die Anfänge des Traditionshauses Käppeli Mode reichen in die 50er-Jahre zurück. Käppelis wohnten damals noch in Merenschwand, wo Vater Anton, bekannt als Toni, eine Schneiderwerkstatt besass. «Er bekam den Auftrag, die Uniformen des Musikvereins Merenschwand zu nähen. Alles von Hand. Das könnte man heute kaum noch bezahlen», erinnert sich Benno Käppeli, der mit zwei Geschwistern aufgewachsen ist. «Es war der Startschuss für sein Herrenkleidergeschäft.» Toni Käppelis Schneiderwerkstatt ist heute im Ortsmuseum Postlonzihus in Merenschwand zu bestaunen.
1961 zogen Käppelis nach Muri und eröffneten ein Kleidergeschäft neben dem heutigen Café Stern, «da, wo heute der Coiffeur ist», präzisiert der Sohn. Als die Post 1970/71 ein Gebäude baute, setzte sich Toni Käppeli vehement dafür ein, dass es ein Geschäftshaus werden soll. Die Post ging darauf ein und vermietete die oberen Räume an die Lebensmittelkette Waro sowie an das Herrenmodegeschäft Käppeli. Ein lustiges Detail: Im Laden gab Vater Toni auch Handorgel-Unterricht.
Da kam die Zeit der jungen Wilden. Benno Käppeli hatte Lust, Kleider zu verkaufen. Aber nicht nur die Herrenmode, die seinem Vater so am Herzen lag. «Es war die Zeit von Woodstock, und ich war eng mit der Musik und natürlich der Mode von damals verbunden.» Er sorgte dafür, dass Käppeli Mode neben Anzügen auch Schlaghosen und Blumenhemden ins Sortiment aufnahm. Tatsächlich liess ihn jene Zeit bis heute nicht los. Die Mode ändert sich ständig, Käppeli Mode zog mit, aber Benno Käppeli blieb der Hippie-Zeit mit seiner Hammondorgel und seiner Band treu. «Mal sehen, ob wir das nach meiner Pensionierung intensivieren.»
An den Modeschauen war immer gutes Wetter
Benno Käppeli war das einzige der drei Geschwister, das Freude am Geschäft des Vaters hatte. Er machte die Lehre als Kaufmann, endete aber bald in der Modebranche. «Ich bildete mich an der Quelle weiter», erzählt er. Damit meint er seine Anstellungen bei der Kleiderfabrik Ritex in Zofingen, beim Spezialisten für grosse Grössen in Genf oder als Einkäufer bei Jelmoli. In Muri hatte unterdessen ein Coop eröffnet, sodass der Waro seine Räume an Käppelis übergab. Diese bauten im grossen Stil aus.
Seine Mutter hatte einen Teil des Ladens für Frauenkleider abgetrennt, auch sie brannte für die Mode. Und seine Frau Martha übernahm diese Abteilung mit ebenso viel Herzblut. «Wir haben immer Gas gegeben», erzählt Benno Käppeli. «Stets boten wir Massanfertigungen an. Dazu halbjährliche Modeschauen und Apéros. Und immer hatten wir gutes Wetter.»
Kurz vor Corona habe es zum ersten Mal an einer Käppeli-Modeschau geregnet. «Da merkten wir, dass es zu Ende geht. In der viereinhalbmonatigen Zwangspause übten sich die Leute dann im Online-Kauf. Das hörte nicht mehr auf.»
Velo, Musik und Katzen, die ans Herz wachsen
So sei es für ihn auch erklärbar, dass heute niemand mehr den Mut habe, in ein eigenes Kleidergeschäft zu investieren. «Unsere Mitarbeiterin könnte das sehr wohl», attestiert Käppeli. «Aber es ist schon ein grosses Risiko.» Darum wird die Post nun Wohnungen bauen, wo bis Ende Jahr noch Modeberaterinnen und -berater freudig ihre Kundschaft erwarten.
Benno Käppeli hat – so seine Aussage – überhaupt keine Angst vor dem Ruhestand. Er fährt gern Velo, macht Musik und hat auch sonst immer etwas zu tun. Und seine Frau und er haben seit Corona zwei Katzen. Etwas überrascht sagt er: «Ich hätte nie gedacht, dass die einem so ans Herz wachsen würden.»
Der Totalräumungsverkauf bei Käppeli Mode Muri, Seetalstrasse 1, beginnt am 18. November






