Kreativität in Keramik
Formen, Feuer, Faszination – im «Keramikatelier im Rank» von Myrta Arnold in Rossau wird Ton lebendig

Über 50000 Follower folgen Myrta Arnold auf Instagram und Youtube. Für einen internationalen Influencer ist das wenig, für ein kleines Keramikatelier in Rossau bei Mettmenstetten ist es ein Statement. Und es zeigt, dass Myrta Arnold nicht nur in ihrem Kunsthandwerk, sondern auch in der digitalen Welt kreativ, inspiriert und vielfältig unterwegs ist.
Seit über zwanzig Jahren betreibt die gebürtige Zugerin ihr «Keramikatelier im Rank». Der Weg dorthin war nicht gradlinig. Nach einer Ausbildung zur Lehrerin Textiles Werken und Hauswirtschaft, einigen Jahren Berufstätigkeit und einer Weiterbildung in Ergotherapie, rückte die Karriere zunächst in den Hintergrund, als ihre drei Kinder zwischen 1994 und 1999 zur Welt kamen.
Während die junge Familie wuchs, machte ihr Mann Udo Arnold Karriere im Kaffeehandel. Das führte die Familie für mehrere Jahre nach Frankreich und Kolumbien. «Es war eine echte Herausforderung mit drei kleinen Kindern», erinnert sich Arnold heute.
Familie musste Kolumbien verlassen
Als sich die politische Lage in Kolumbien verschärfte, musste die Familie im Mai 2001 das Land aus Sicherheitsgründen verlassen. Myrta Arnold kehrte mit den Kindern, damals zwischen drei und sieben Jahren alt, zurück in die Schweiz, Udo Arnold musste aus beruflichen Gründen noch ein halbes Jahr länger in Kolumbien ausharren.
Nach diesen bewegten Jahren sehnte sich Myrta Arnold nach Stabilität: «Ich wollte ein dauerhaftes Zuhause, damit die Kinder endlich einmal Wurzeln schlagen können», erzählt sie rückblickend. Doch im Kanton Zug waren die Immobilienpreise hoch. Erst der Hinweis einer Freundin führte sie zu einem renovierungsbedürftigen Bauernhaus von 1827 in Rossau. Trotz grossem Renovierungsbedarf sah Arnold sofort das Potenzial. Die Familie zog ein, auch wenn zunächst nur das Nötigste instand gesetzt werden konnte. Eine Totalsanierung erfolgte erst 2012.
«Keramikatelier im Rank» entsteht
Ein Teil des Hauses wurde gleich zu Beginn umgestaltet: die ehemalige Traktorgarage im Souterrain. Myrta Arnold ersetzte das Garagentor durch eine breite Fensterfront, brachte so Licht in die Kellerräumlichkeiten und legte damit den Grundstein für ihr Atelier.
Dass die Räumlichkeiten ein Keramikatelier beherbergen würden, war aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Als Hauswirtschafts- und Werklehrerin hat Myrta Arnold viele Talente, und eine Frage trieb sie um: «Kochen, stricken, nähen – wie kann ich mich auf ein Thema festlegen, ohne es irgendwann zu bereuen?» Wieder half der Zufall nach. Eine Bekannte löste ihr Keramikstudio auf und bot Arnold das ganze Equipment als Leihgabe an. Sie zögerte nicht lange und ist glücklich über ihren damaligen Entscheid. «Ich habe es nie bereut», sagt sie heute. «Jeder Brand, jede Glasur ist anders. Keramik ist so vielfältig, dass es nie langweilig wird.»
Eine Werkstatt – drei Nutzungen
Heute ist das «Keramikatelier im Rank» ein Ort mit vielen Facetten. Myrta Arnold fertigt Keramikgeschirr für ausgewählte Restaurants in Zürich, verkauft Einzelstücke auch direkt in ihrem Atelier und arbeitet mit dem Concept-Store «something different» in Menzingen zusammen. Die Zeit für eigene Serien ist zwar begrenzt, doch natürlich nutzt sie die Werkstatt auch, um neue Techniken und Ideen auszuprobieren.
Kurse und Workshops
Seit 2003 gibt Myrta Arnold ihr Wissen weiter. Die von ihr gelehrte Plattentechnik, also das Formen von Ton ohne Drehscheibe, eröffnet auch Anfängern schnelle Erfolgserlebnisse. Die Kurse reichen von Basiskursen über die Erstellung vorgegebener Werkstücke wie grosse Krüge oder Vasen bis hin zu speziellen Glasur- oder Brandtechniken. «Mich fasziniert, wie aus einem Klumpen Ton Keramik wird, und ich liebe es, wenn ich sehe, wie das den Teilnehmern guttut, sie erdet», fasst sie ihre Gefühle als Kursleiterin zusammen.
Kurse finden sowohl öffentlich als auch im privaten Rahmen statt. Ob Familienanlass oder Unternehmensevent, bis zu zehn Personen finden Platz im Atelier. Im Herbst sind noch einige Plätze in den öffentlichen Kursen frei.
Ein besonderes Herzensprojekt ist die offene Werkstatt, die an bestimmten Tagen für alle zugänglich ist. Das Konzept lernte Myrta Arnold in Kolumbien kennen. Hier besuchte sie, so oft es ihre Zeit erlaubte, die offene Werkstatt der Keramikerin Vicky Possin. «Von da an war es immer ein Traum von mir, so etwas auch in der Schweiz zu machen, speziell für Erwachsene.» Heute ist die offene Werkstatt ein «Happy Place» für alle, die ihre eigenen Ideen umsetzen und dabei unter Gleichgesinnten sein wollen, und doch auch manchmal fachliche Unterstützung brauchen.
«Betty Bossi des Töpferns»
In der Töpferszene ist Myrta Arnold ein Begriff. Peter Michel, Geschäftsführer der Firma «Keramikbedarf Michel» in Zürich, nannte sie einmal die «Betty Bossi des Töpferns». Der Vergleich passt: Wie die fiktive Schweizer Kochbuchautorin bringt auch Arnold komplexe Handgriffe auf den Punkt, findet manchmal auch unkonventionelle Lösungen, kombiniert locker verschiedene Techniken und erfindet ein neues Werkzeug, wenn es kein Passendes gibt.
Und sie teilt ihre Ideen freizügig mit ihrer Klientel, sei es in den Kursen oder in der offenen Werkstatt, sei es in genauen Anleitungen, die über ihre Homepage zu beziehen sind, oder eben in Youtube-Videos. Dabei geht es nicht um Perfektion. Sie ermutigt ihre Kundschaft, eigene Wege zu gehen, Fehler zu machen und Freude am Prozess zu haben. Ob im Kurs, daheim oder in der offenen Werkstatt. Hauptsache, das Ergebnis stimmt und macht Spass.
«Jeder Brand, jede Glasur ist anders. Keramik ist so vielfältig, dass es nie langweilig wird.»
Myrta Arnold,«Keramikatelier im Rank»