Langfristige Unternehmensstrategien – geprägt von Ethik

Sabine und Oliver Weisbrod sind in der Textil- und in der Immobilienbranche tätig

Die Gebäude der ehemaligen Seidenweberei Syfrig in Mettmenstetten etwa 1960. (Bild zvg)

Die Gebäude der ehemaligen Seidenweberei Syfrig in Mettmenstetten etwa 1960. (Bild zvg)

Sabine und Oliver Weisbrod im Stoffladen in Hausen. Das Kreis-Muster des Stoffs wurde zum 200-Jahre-Jubiläum geschaffen. (Bild Christian Reichenbach)

Sabine und Oliver Weisbrod im Stoffladen in Hausen. Das Kreis-Muster des Stoffs wurde zum 200-Jahre-Jubiläum geschaffen. (Bild Christian Reichenbach)

Sabine und Oliver Weisbrod führen ein traditionsreiches Familienunternehmen in der sechsten Generation. Sie sind Unternehmerin und Unternehmer und entsprechen nicht dem Klischee, das Managern anhaftet. Es gilt für sie, das Unternehmen so zu führen, dass es schwarze Zahlen schreibt. Dies mit Fokus auf die nächsten Generationen.

Sie haben beide ursprünglich Biologie studiert. Diese ist ein Teilgebiet der Naturwissenschaften und befasst sich sowohl mit den allgemeinen Gesetzmässigkeiten des Lebendigen als auch mit den Besonderheiten der einzelnen Lebewesen. Dies lässt sich übertragen auf das Führungsverständnis des Paares. Sie haben eine breite, langfristig ausgerichtete, verantwortungsbewusste Sichtweise des Lebens – in ihrer Familie, in ihrem Dorf, ihrer Region, ihrem Land und auf unserem Planeten. Sie sehen ihr Erbe nicht nur als Privileg, sondern als Aufgabe. Wirtschaftliche Aspekte sind ihnen wichtig, doch auch soziales Engagement und Verantwortung für die Umwelt sind Faktoren, die sie bewusst ins Führungsverhalten einfliessen lassen.

Da das Unternehmen sowohl die Immobilien- als auch die Textilbranche umfasst, kombinieren sie die positiven Aspekte beider Berufswelten. Aus der Textilbranche bringen sie die Kundenorientierung mit. Anders als für sogenannte «Immobilienhaie» sind ihre Mieterinnen und Mieter für sie Kundschaft, die gepflegt wird. Anderseits unterliegt die Textil- und Modewelt kurzfristigem Wechsel und muss Modetrends vorwegnehmen. Wer hingegen erfolgreich mit Immobilien arbeiten will, muss langfristig denken. Niemand baut ein Gebäude mit Fokus auf wenige Jahre. Diese Kombination der beiden Kulturen und die familientypische Ethik der Familie Weisbrod prägen sowohl das Verständnis ihrer Arbeit für das Weisbrod-Areal in Hausen als auch für die Konzeption des grossen, firmeneigenen Gebietes im Quartier Erspach in Mettmenstetten.

Das Erbe der Textilindustrie in Mettmenstetten

Schaut man sich alte Fotos von Mettmenstetten an, erkennt man schnell, dass damals der Bahnhof nicht ins Dorfzentrum gebaut wurde, sondern nahe der Textilfabrik. Deshalb lag zwischen Bahnhof und der Zürichstrasse wenig bebautes Land, das zur Textilfabrik gehörte. Hier wurde nicht gewohnt, hier wurde produziert. In grossen Fabrikhallen mit den typischen Sheddächern, bestehend aus mehreren kleinen Dächern mit Verbindungselementen, die als senkrechte, verglaste Zwischenwände für den optimalen Lichteinfall konstruiert waren, standen Textilmaschinen. So zeichneten früher Kinder Fabriken, mit Kamin und «Zickzackdach».

Im 19. Jahrhundert erreichte die Textilindustrie ihren Höhepunkt. Rund zwölf Prozent der Erwerbstätigen der Schweiz arbeiteten in der Textilbranche. Dies hat sich markant geändert. Damit sank der Bedarf an den textiltypischen Fabrikanlagen. Sie wurden und werden umfunktioniert oder abgebrochen und die Areale werden neu bebaut.

In dieser Phase steckt das Erspach-Quartier gegenüber dem Bahnhof Mettmenstetten. Es muss neu und sinnvoll gestaltet werden, für die Zukunft. Nicht nur die riesige Fläche, rund 20000 Quadratmeter, die im Besitz der Weisbrod-Zürrer AG ist, sondern das ganze Quartier soll sich zu einem Gesamten entwickeln. Denn wer mit dem Zug in Mettmenstetten ankommt, sieht zuerst diesen Teil des Dorfes – es ist eigentlich das Eingangsportal von Mettmenstetten, das den ersten Eindruck des Dorfes prägt.

Visionen entwickeln und Visionen leben

Zurzeit werden die Gebäude der alten Textilfabrik kostendeckend genutzt. Oliver und Sabine Weisbrod lassen sich Zeit, um hier gute Lösungen zusammen mit den anderen Eigentümern im Quartier und der Gemeinde zu finden. Die möglichen Lösungen sind durch die Bauzonenordnung eingeengt: Aktuell sollen 70 Prozent gewerblich und 30 Prozent als Wohnfläche genutzt werden. Oliver Weisbrod hofft, dass sich diese Auflage so verändert, dass je 50 Prozent als Wohn- und Gewerbefläche gestaltet werden können.

Mitreden wollen und sollen viele: der Kanton, die Gemeinde, die Eigentümer. Nicht alle verfolgen dieselben Ziele. Familie Weisbrod lässt sich auf den Prozess ein, dass hier im Konsens aller Involvierten ein Stück Dorf entsteht, auf das Mettmenstetten stolz sein kann.

Das Weisbrod-Areal in Hausen ist ein Paradebeispiel, wie ehemaliges Industriegebiet voller Leben gestaltet werden kann. Die Voraussetzungen in Mettmenstetten unterscheiden sich aber. Während die Bausubstanz im Weisbrod-Areal gut war und renoviert, umfunktioniert und umgebaut werden konnte, sind die Liegenschaften der ehemaligen Textilfabrik in Mettmenstetten – aus den Sechziger- und Siebzigerjahren stammend – gerade mal noch als wenig gewinnbringende Grosslagerräume nutzbar. Es kann und muss also umfassend neu geplant werden – für eine langfristige Zukunft. Dazu muss man die Megatrends der Entwicklung kennen. Beispiel Demografie: Unsere Gesellschaft überaltert immer mehr. Es braucht adäquaten Wohnraum für Seniorinnen und Senioren – nicht isoliert, sondern generationenübergreifend eingebettet. Wenn ältere Menschen im Alltag beispielsweise von Kleingewerbe, einer Kita, Studentenwohnungen, einer Quartierbeiz, von Grünfläche und dem pulsierenden Leben in der Nähe eines Bahnhofs umgeben sind, wenn ihre Mobilität mit Bahnhofsnähe optimal ist, kann bis ins hohe Alter Lebenszufriedenheit unterstützt werden. Ideal wäre ein Ärztehaus, eine Gemeinschaftspraxis mit verschiedenen Anbietern im Gesundheitsbereich. Auch Pendler sollen hier Wohnungen finden. Die Gesamtgestaltung soll möglichst viele Arten der Nutzung, auch Nutzungsumwandlung ohne grossen baulichen Aufwand offenlassen – denn die Bedürfnisse der Gesellschaft ändern sich.

Unternehmer als Gestalter der Zukunft

Sabine und Oliver Weisbrod sind mit Freude engagiert, für die Zukunft ihrer drei Kinder, für ihr Unternehmen, für die Region, für die Umwelt, für die Gesellschaft. Sabine Weisbrod arbeitet vor allem im HR-Bereich des Unternehmens mit 20 Angestellten. Daneben ist sie aktives Mitglied des Vorstands der Standortförderung Knonauer Amt. Oliver Weisbrod sieht sich in der Operativen. Noch immer lebt der Textilbereich, Weisbrod liefert beispielsweise Accessoires für Fluggesellschaften. Der Textilladen in Hausen ist mit hochwertigen Stoffen weit herum bekannt. Als Vermieter der Räumlichkeiten im Weisbrod-Areal sieht er sich als Dienstleister und ist sich nicht zu schade, konkret anzupacken, bei Problemen schnelle Lösungen zu ermöglichen. Zudem engagiert er sich als Präsident der Heizgenossenschaft Hausen, die CO2-neutral, effizient und regional Energie produziert.

Sabine und Oliver Weisbrod sind Visionäre, die sich Gedanken machen zur Zukunft unserer Gesellschaft und klare Werte haben, die in der Familie Weisbrod bereits von den Eltern Ronald und Renate Weisbrod vorgelebt wurden. Sie haben Erfahrungen bei der Neugestaltung grosser Bauflächen. Zusammen mit der Genossenschaft Wohnen im Alter, heute SILU, realisierten sie beispielsweise das Wohnprojekt Törlenmatt.

Oliver Weisbrod teilt das Leben nicht ein in Leben und Arbeiten. Es geht ihm nicht um Work-Life-Balance. Seine Arbeit ist für ihn genauso «Leben» wie Familienleben mit den Kindern und Freizeit. Es geht ihm um Lebensbalance. Gern zieht er sich mit seiner Frau in das «Alphüttli» im Walliser Dorf Ausserberg zurück. Beim Wandern und in der Natur geniessen sie das Leben – und bestimmt entstehen hier auch Visionen für eine sinnvolle, nachhaltige Zukunft.

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