Persönlichkeitsentwicklung im Pflegeberuf

Serie «Start ins Berufsleben»: Sarah Schneebeli schaut zurück auf drei intensive Jahre im Seewadel

Sarah Schneebeli (links) und Jana Hommel im Aussenbereich, wo ein Kinderspielplatz und ein kleines Tiergehege integriert sind. (Bild Regula Zellweger)

Sarah Schneebeli strahlt. Eben bekam sie die Mitteilung, den Lehrabschluss als Fachfrau Gesundheit mit einem ausgezeichneten Notendurchschnitt von 5,1 bestanden zu haben. Jana Hommel, Leiterin Bildung im Seewadel – Zentrum für Gesundheit und Alter, ist stolz auf sie und lobt sie als empathisch, respektvoll und engagiert – sowohl im Umgang mit Klientinnen in der Spitex als auch mit Bewohnern des Pflegeheims sowie mit Angehörigen.

Die Spitex Seewadel erbringt Leistungen als öffentliche Spitex im Auftrag der Stadt Affoltern. Das Angebot ­umfasst die Grundpflege und Behandlungen zu Hause, Betreuung und Entlastung. Die ambulante Pflege erfolgt bei Krankheit oder Unfall zu Hause bei den Klientinnen und Klienten und umfasst auch hauswirtschaftliche Dienstleistungen. Ziel ist, dass Menschen aller Altersgruppen, die Betreuung oder Pflege benötigen, möglichst lange in den eigenen vier Wänden bleiben können.

Umgang mit alten Menschen

Sarah Schneebeli besuchte die Oberstufe in Affoltern. Erste Berufswünsche waren unter anderen Zahnärztin und Architekturmodellbauerin. Beide Berufe verlangen absolute Genauigkeit und eine Affinität zu Technik. Diese Aspekte prägen auch ihre Lieblingsaufgaben in der Pflege, beispielsweise Blut nehmen, Fieber messen oder Medikamente vorbereiten. Sie schätzt aber auch die Kommunikation am Bett. Sie ist gern hilfsbereit. «Die Leute sind meist dankbar und wertschätzend.» Wenn ihre Klientinnen und Klienten sich nach dem Einsatz sicher und verstanden fühlen, weiss sie, dass sie gute Arbeit geleistet hat.

Durch ihre Arbeit hat Sarah Schneebeli ein sensibles Gespür und ein differenziertes Bild vom Prozess des Alterns entwickelt. Sie weiss, wie wichtig ­körperliche, geistige und soziale Aktivität ist, um im Alter gesund zu bleiben. Gleichzeitig beobachtet sie mit Betroffenheit die Einsamkeit vieler älterer Menschen. Angst vor dem Alter hat sie jedoch nicht – im Gegenteil, sie erzählt mit Begeisterung von einer 100-jährigen, aktiven Frau, die noch immer ­zufrieden im eigenen Heim lebt.

Lieber HF als FH

Nun arbeitet Sarah Schneebeli erst mal bis Ende November bei der Spitex ­Seewadel weiter. Danach plant sie drei Monate im Heimatland ihrer Mutter, in Argentinien, um Familie und Kultur besser kennenzulernen. Mit ihren ­Cousins, die Semesterferien haben, möchte sie das Land bereisen. Zudem haben ihre Tante und ihr Onkel denselben Beruf wie sie. Es interessiert sie, wie sich die pflegerischen Tätigkeiten in den beiden Ländern unterscheiden.

Nach der Rückkehr hat sie sich bewusst für die Weiterbildung zur Pflegefachfrau HF, für die Höhere Fachschule entschieden. Die Berufsmatura mit nachfolgendem Fachhochschulstudium kommt für sie derzeit nicht infrage. Die HF-Ausbildung ist stärker praxisorientiert, während die FH-Ausbildung einen stärkeren wissenschaftlichen und theoretischen Fokus hat.

Berufslehre als Reifungsprozess

Sarah Schneebeli bewertet ihre Lehre als persönlichen Reifungsprozess. Sie ­beschreibt beispielsweise die Situation, wenn eine Patientin oder ein Patient sich weigert, ein Medikament einzunehmen. «Ich versuche, zu motivieren, aber gezwungen wird niemand. Es wird nie ohne das Wissen der Patientin beispielsweise versteckt in einem Getränk verabreicht. Selbstverständlich melde ich meiner Vorgesetzten, dass das Medikament nicht eingenommen wurde, und sie übernimmt die Verantwortung, eine Lösung mit dem behandelnden Arzt und den Angehörigen zu finden.»

Sarah Schneebeli erinnert sich gut an den ersten Todesfall. Auch mit Sterben und Tod hat sie sich in ihrem Beruf auseinandergesetzt. Sie schätzt die positiven Veränderungen im Umgang mit sterbenden Menschen, welche die ­Palliativmedizin in den letzten Jahren bewirkt hat.

Zusammen mit Jana Hommel wünscht sie sich, dass der Pflegeberuf in der Gesellschaft mehr Anerkennung erhält.

Ihre drei Ausbildungsjahre ­zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr sieht sie als prägend – sowohl fachlich als auch ­persönlich. Sie würde sich wieder für die Pflege entscheiden. In Zukunft will sie sich stetig weiterbilden, um noch mehr Verantwortung und Führung übernehmen zu können – und um selbst einmal Lernende zu begleiten.

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