Unterschiedliche Laufbahnen in Aussicht

Nicht alle Swiss-Skills-Medaillengewinner werden wie gewohnt weiterarbeiten

 Gwenda Bösch, Swiss-Skills-Goldmedaillengewinnerin im Beruf Bäckerin, Konditorin, Confisseurin, mit ihrem Lehrlingsausbildner Dominique Kaiser (ganz links) und Lehrmeister Rafael Betschart.

Gwenda Bösch, Swiss-Skills-Goldmedaillengewinnerin im Beruf Bäckerin, Konditorin, Confisseurin, mit ihrem Lehrlingsausbildner Dominique Kaiser (ganz links) und Lehrmeister Rafael Betschart.

Alima Jammeh mit ihren Werkstücken, die ihr den dritten Platz an den Swiss Skills einbrachten. (Bilder Martin Platter)

Alima Jammeh mit ihren Werkstücken, die ihr den dritten Platz an den Swiss Skills einbrachten. (Bilder Martin Platter)

Swiss-Skills-Bronzemedaillengewinner Elia Ruckstuhl (rechts) mit seinem Lehrlingsausbildner Tim Gutknecht.

Swiss-Skills-Bronzemedaillengewinner Elia Ruckstuhl (rechts) mit seinem Lehrlingsausbildner Tim Gutknecht.

Die Woche nach den Swiss Skills ist für die ausgezeichneten Säuliämtler Teilnehmenden höchst unterschiedlich verlaufen. Während Goldmedaillengewinnerin Gwenda Bösch Medientermine und wichtige Entscheide wahrzunehmen hatte, lief bei den anderen das (Arbeits-)Leben wieder weitgehend in gewohnten Bahnen.

Ähnlich turbulent verlief denn auch der Besuch an Böschs Wirkungsstätte, dem Bäckerei-Café Betschart in Bonstetten. Ihre hochkomplexe und kunstvolle Swiss-Skills-Arbeit ist im Schaufenster ausgestellt. Die Goldmedaille hat einen Ehrenplatz auf dem Verkaufstresen der Bäckerei. Firmeninhaber und Lehrmeister Rafael Betschart ist am Herumwieseln und Organisieren. In der Backstube, wo das Foto mit der Siegerin aufgenommen werden soll, herrscht Hochbetrieb. Der Stolz über das gute Abschneiden seiner Bäcker-Konditor-Lehrtochter ist Betschart anzumerken. Was nicht überrascht. Denn er und der Fachlehrer in der Berufsschule waren es, die Gwenda Bösch zur Swiss-Skills-Teilnahme bewegt hatten. Die Stallikerin sagt denn auch: «Ich war skeptisch, ob ich Kantonsbeste werden würde und habe zuerst abgewunken. Dann wurde ich es doch mit meiner Lehrabschlussnote von 5,5 – und mein Lehrmeister hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass ich trotz meiner anfänglichen Absage an den Swiss Skills teilnehmen konnte.»

Wettkampf mit Flow

Sie selbst schätzt sich eher nicht als Wettkampftyp ein. Sie reitet zum Beispiel sehr gerne, besitzt ein eigenes Pferd, geht aber nicht mehr an Wettkämpfe. «Die Leute in meinem Arbeitsumfeld bescheinigen mir aber sehr wohl, dass ich überaus fokussiert sein kann», so Bösch. Zu Beginn einer Arbeit habe sie jeweils Stress, komme dann aber schnell in den Flow, wo sie alles andere ausblenden könne. So sei es auch an den Swiss Skills in Bern gelaufen. «Ich war richtig im Tunnel. Die Arbeit begann morgens noch ohne Zuschauer. Dass plötzlich Leute zuschauten, habe ich zunächst gar nicht wahrgenommen und bin dann richtig erschrocken, als ich es realisierte.» Für die Vorbereitungskurse war sie extra aus den Ferien zurückgekehrt. Beeindruckt habe sie der hervorragende Teamspirit ihrer Mitstreitenden. Das Niveau der Arbeiten sei extrem hoch gewesen. «Als ich am ersten Tag der Meisterschaft die Schaustücke der anderen gesehen habe, bekam ich ein mulmiges Gefühl, weil ich nicht wusste, ob ich da mithalten kann.» Die Prüfungsaufgabe bestand in ebendiesen Schaustücken, die in den Betrieben vorbereitet werden konnten und vor Ort zusammengesetzt werden mussten, und einer Überraschungsaufgabe. «Die Überraschungsaufgabe war die Herstellung schwedischer Zimtknöpfe ‹Kanelbullar›. Die Herausforderung bestand in der Planung mit der Gärzeit des Teigs. Und natürlich dem fachgerechten Zusammensetzen der verschiedenen Zutaten anhand eines Bildes», erklärt Bösch. Obschon sie es zum ersten Mal machte, gelang es ihr. «Ein bisschen Glück und Können gingen Hand in Hand», schätzt sie ein. Dass es gleich für den Sieg reichte, überraschte sie dann aber doch. «Ich habe mich bestenfalls als Dritte, vielleicht Zweite gesehen.»

Was nach der Bekanntgabe ihres Triumphs abging, sei «crazy» gewesen. Hinter der Bühne kamen sogleich das erste Interview und verschiedene Fotoshootings. «Chef, Familie, alle waren da, um zu gratulieren, und auch das Smartphone war nicht mehr still.» Die nächste wichtige Entscheidung steht heute Freitag an: Die Teilnahme an den World Skills. Dazu müsste sie die Berufsmittelschule unterbrechen. Stattdessen würde sie ein Jahr die Bäckerfachschule Richemont in Luzern besuchen, wo sie mit diversen Coaches und Profis auf den Welttitelkampf vorbereitet würde. Sie tendiere dazu, auf das Angebot einzugehen, auch wenn sie andere Ziele gehabt habe. «Die Swiss Skills haben meinen Wettkampfgeist geweckt. Das war eine geniale Erfahrung!», so Bösch.

Neuorientierung, zunächst als Skilehrer

Ganz andere Pläne verfolgt Elia Ruckstuhl, der Hausemer, der als Gärtner, Garten- und Landschaftsbauer im Team mit Aurel Wylenmann an der Berufsmeisterschaft in Bern die Bronzemedaille gewonnen hat. Sein Arbeitsverhältnis mit der Guggenbühl Gartenbau AG in Bonstetten läuft per Ende Woche aus. «Das habe ich schon vor dem Wettkampf so beschlossen. Ich möchte nun zuerst Ferien machen, reisen, und im Winter habe ich vor, als Skilehrer in Lenzerheide zu arbeiten. Einfach mal einen Tapetenwechsel und sich neu orientieren», gibt der 19-Jährige seine Zukunftspläne preis. In seiner Freizeit ist Ruckstuhl Fussballer im Fanionteam des FC Hausen als offensiver Mittelfeldspieler, was die Frage, ob er ein Wettkampftyp sei, beantwortet. Zu den Swiss Skills sagt er: «Wir sind hingegangen und wollten einfach einen möglichst guten Job abliefern. Erst als wir gemerkt haben, dass wir gut im Wettkampf liegen, haben wir uns mehr Gedanken über die Platzierung gemacht.» Sie seien gut gestartet und konnten die gesetzte Marschtabelle perfekt einhalten. «Die Aufgaben waren recht schwierig und unter grossem Zeitdruck, gärtnertechnisch.» Am Schluss hätten rund 1900 Bewertungskriterien gezählt. «Die Experten selbst konnten bis zuletzt nicht einschätzen, wer gewinnt», so Ruckstuhl. Freude hatte auch sein Lehrlingsausbilder bei Guggenbühl, Tim Gutknecht, der bloss sechs Jahre älter ist als sein Schützling. Er sagte: «Ich bereue es, dass ich seinerzeit nicht an den Swiss Skills teilgenommen habe, obwohl ich es mit meiner Abschlussnote 5,1 gekonnt hätte.» Es sei genial, was Elia geleistet habe. Mit einem Apéro im Guggenbühl-Team soll das gute Ergebnis noch gewürdigt werden.

Wechselbad der Gefühle

Ein Wechselbad der Gefühle erlebte die Swiss-Skills-Teilnehmerin Alima Jammeh, die die Bronzemedaille bei den Steinmetzen errang. Sie rekapituliert: «Es begann gut. Doch dann verlor ich etwas den Faden, wurde langsamer oder wusste nicht gleich, wie weiter. Das führte dazu, dass ich zeitlich zurückfiel und auch mit dem Resultat nicht zufrieden war, was mich emotional runterzog.» Sie müsse daran arbeiten, ihre hohen Ansprüche besser mit der Realität in Einklang zu bringen. Denn die Erfahrung der Swiss-Skills-Teilnahme an sich sei toll gewesen; ebenso die Stimmung im Team. Die enorme Anspannung zu verkraften, sei für sie jedoch Neuland gewesen. Die Lernende im dritten Lehrjahr wird ihre vierjährige Lehre bei Abraxas Natursteine in Hausen vollenden.

Wie es den weiteren Säuliämtler Swiss-Skills-Teilnehmenden ergangen ist, folgt in der Dienstags-Ausgabe des «Anzeiger»

«Die Aufgaben waren recht schwierig und unter grossem Zeitdruck, gärtnertechnisch.»

Elia Ruckstuhl, Swiss-Skills-Bronzemedaillengewinner

«Die Swiss Skills haben meinen Wettkampfgeist geweckt. Das war eine geniale Erfahrung!»

Gwenda Bösch, Swiss-Skills-Goldmedaillengewinnerin

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