«Durch Bewegung gebe ich Lebensfreude weiter»
Serie "Menschen im Säuliamt": Andi Müller ist begeisterter Karatelehrer und Gesundheitstrainer

«Karate hat nichts mit aggressivem Kampf zu tun. Karate schult das Körpergefühl und die Koordination. Zudem geht es bei diesem Sport um den Respekt voreinander.» So fasst Andi Müller zu Beginn des Treffens seine Passion, die zu seinem Beruf geworden ist, zusammen. Im Alter von 14 Jahren kam er zum ersten Mal mit Karate in Berührung. «Ein Freund nahm mich mit zu einem Training.» Das war der Start einer Karriere, die ihn 1994 und 1996 zum Schweizermeister und 1996 auf den dritten Platz bei der Weltmeisterschaft führte.
Aufgewachsen ist er in Frauenfeld, wo er sich mit sportbegeisterten Schulkollegen wohlfühlte. Er absolvierte die Lehre als Elektromonteur. «Ich kam darauf, weil mir das handwerkliche Arbeiten immer gefallen hatte.» Auf dem Beruf arbeitete er nach der Lehre aber nicht lange. Er berichtet: «Ich trainierte bis zu viermal pro Woche Karate und erlangte schon nach drei Jahren den braunen Gürtel, wenig später den schwarzen.» In diesem höchsten Grad der Karatekunst ist er inzwischen mit dem 5. Dan ausgezeichnet. Andi Müller war Mitglied des Schweizer Nationalteams und nahm regelmässig an nationalen und internationalen Karatewettkämpfen teil. Schmunzelnd, mit Stolz, aber auch mit einer gewissen Zurückhaltung weist er auf das Regal hoch oben an der Wand, wo unzählige kleine und grosse Pokale platziert sind.
Gesundheit und Wohlbefinden
Die Arbeit in einem Fitnesscenter in Frauenfeld eröffnete ihm ein weiteres Berufsfeld. Er besuchte die Ausbildung zum Fitnessfachmann und bildete sich später pädagogisch zum Karatelehrer weiter. Nachdem er auch Verkaufsschulungen abgeschlossen hatte, etablierte er sich als Geschäftsführer des Fitnesscenters. Das war aber lange nicht alles. Er gründete auch eine Sicherheitsfirma für die Betreuung von Anlässen wie zum Beispiel Konzerten oder Discos.
«Zudem war ich als junger Mann militärbegeistert, wurde Offizier, machte die Ausbildung bei der Militärpolizei und konnte als Sportlehrer für Rekruten arbeiten.» Er sei danach für die Polizeischule im Kanton Thurgau empfohlen worden, doch diesen Weg verfolgte er nur kurze Zeit. «Ich kehrte zurück zum Karate und konzentrierte mich ganz darauf, denn Karate ist mein Lebenselixier.» Es gehe ihm dabei aber um noch viel mehr, nämlich um die Gesundheit und das Wohlbefinden im weitesten Sinn.
Alle Altersgruppen
Daher war sein nächster Schritt die Gründung der Firma Get-Free. «In dieser Firma habe ich mein Lebensmotto, nämlich Bewegung, Gesundheit und Lebensfreude, zusammengefasst.» Er engagierte sich rund ums Thema der Gesundheit am Arbeitsplatz und führt heute unter dieser Firma seine eigene Schule Shito Ryu Karate und Gesundheitscenter in Affoltern. Doch wie kam es dazu? «Durch einen Freund, der in Affoltern eine Karateschule leitete und Unterstützung brauchte. Als er später ganz aufhörte, übernahm ich im Jahr 2008 das Unternehmen.» Von 2018 bis im vergangenen Jahr führte er mit zwei Kollegen zudem ein Gesundheitscenter im Säuliamt. «Aus diesem musste ich mich infolge der Coronakrise zurückziehen.»
Andi Müller bietet Kurse für alle Altersgruppen an. «Die Kleinsten sind im Spielgruppenalter und besuchen das sogenannte Bonsai-Karate, mein ältester Kunde ist 87 Jahre alt.» Andi Müller engagiert sich auch in der Prävention, unterrichtet als Turnlehrer Schulsport und bietet in Schulen Karate- und Lektionen in Selbstverteidigung an. «Dabei vermittle ich den Kindern und Jugendlichen nicht den Kampf, sondern ethische Grundhaltungen, Verhaltensregeln und Respekt voreinander.» Karate sei eine feinfühlige Kampfkunst, eine Körper- und Lebensschule. Ihm persönlich bedeute seine Arbeit sehr viel, betont er. «Durch Bewegung gebe ich Lebensfreude weiter, das motiviert mich extrem. Und wenn ich erlebe, dass ich andere glücklich machen kann, bin ich selber glücklich.»
Glauben gibt Kraft
Schliesslich geht es im Gespräch auch um private Themen. Er erzählt: «2011 heiratete ich. Meine Frau Sarah lernte ich in einer Freikirche kennen, in der wir beide bis heute aktive Mitglieder sind.» Somit hat er noch ein ganz anderes Thema angesprochen: den Glauben, die Religion. «Ja, darüber kann ich gerne ganz offen reden. Der christliche Glaube bedeutet mir persönlich sehr viel und begleitet mich auf meinem Lebensweg. Ich erhalte aus dem Glauben viel Kraft.»
Nach der Hochzeit zogen Sarah und Andi nach Affoltern. Inzwischen sind sie Eltern von vier Mädchen im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren. Dazu sein humorvoller Kommentar: «Das ist wunderschön und da läuft zu Hause manchmal wirklich viel.»