Rücktritt als Chance für neue Ziele

Der Mettmenstetter Mountainbiker Timo Müller hat beschlossen, seine Laufbahn als Spitzensportler zu beenden

Danach wird er mehr Zeit haben, sich dem Alpinismus zu widmen. (Bilder zvg)

Danach wird er mehr Zeit haben, sich dem Alpinismus zu widmen. (Bilder zvg)

Am Sonntag wird Timo Müller ein letztes Mal in sein Renndress steigen.

Am Sonntag wird Timo Müller ein letztes Mal in sein Renndress steigen.

«Ich hoffe, ich kann einigermassen sprechen», sagt Timo Müller. Er grinst — etwas schief. «Mein Mund ist noch etwas betäubt.» Gerade war er beim Zahnarzt. «Aber halb so wild», fügt er erklärend an. Es ist Mitte September, nur wenige Tage vor seinem letzten Rennen als aktiver Mountainbiker und Radquerfahrer. Denn der 21-Jährige hat entschieden: Danach ist Schluss. «Ich habe mir immer gesagt, dass ich fahre, solange ich Spass habe. Und solange ich nicht das Gefühl habe, dass wegen des Sports meine beruflichen Perspektiven zu kurz kommen», sagt er. Zweiteres ist nun eingetroffen.

Neues Ziel: Sekundarlehrer

Timo Müller wählt seine Worte mit Bedacht und wohl überlegt, so, dass man merkt: Seine Absichten sind gut durchdacht und haben gleichzeitig eine gewisse Lockerheit als auch neue Zielstrebigkeit aufkommen lassen. Er sagt: «Vor einem Jahr habe ich angefangen, mir Gedanken über meine Zukunft zu machen. Da musste ich — obwohl es auch ernüchternd war — ehrlich mit mir sein und mir eingestehen, dass ich mit dem Sport nie das grosse Geld verdienen werde.» Gleichzeitig wurde sein Wunsch, nach seiner Ausbildung als Zimmermann diejenige als Sekundarlehrer in Angriff zu nehmen, grösser. Hinzu kam das Anklopfen des Militärs. Sein ursprüngliches Ziel, in der Spitzensport-RS unterzukommen, hatte er nicht erreicht. «Hätte ich Militär, Sport und Studium unter einen Hut bringen wollen, wäre ich erst 2035 oder so fertig geworden», sagt er. Und bringt es auf den Punkt: «Diese Vorstellung hat mich einfach genervt.» Nach der anfänglichen Ernüchterung war sein Ehrgeiz erneut geweckt; neue Ziele waren gesetzt.

Ein Ziel haben. Das hatte Timo Müller schon früh. Als Mountainbiker an internationalen Meisterschaften teilnehmen, Medaillen gewinnen. Die Heim-WM in Dübendorf 2020 nennt er als eines der ganz grossen Highlights seiner Karriere. «In den Farben der Schweiz aufzufahren, Autogramme geben, an die Pressekonferenzen gehen», sagt er, «das war schon speziell.» Als 24. beendete er das Rennen in der Kategorie U19. In der Folge wird er allerdings immer wieder durch kleinere Verletzungen gebremst. Und obwohl er dem Sport alles unterordnet, verbissen und fokussiert trainiert und er für die Schweiz regelmässig an Grossanlässen starten darf — der ganz grosse sportliche Durchbruch will nicht gelingen.

Ohne Druck vor letztem Rennen

Nun steht es also an, das letzte Rennen. Am Finalrennen des Swiss Bike Cups in Gstaad wird Timo Müller am Sonntag ein letztes Mal in sein Renndress steigen und an die Startlinie gehen. Vorbereitet hat er sich wie gewohnt seriös, dennoch fühlt er sich bereits im Vorfeld viel gelassener. Der Druck sei weg und der Blickwinkel ein anderer geworden, sagt er. «Ich will das Rennen nochmals richtig geniessen und auskosten.» Über die Rangierung macht er sich keine Gedanken. «Hauptsache ich werde nicht überrundet und komme ins Ziel», fügt er lachend an. Sicherlich wird er dabei auch an seine Zeit als Sportler zurückdenken. «Ich bin dankbar, was ich alles erleben durfte», sagt er. «Und ich bin dankbar, hatte ich ein so unterstützendes Umfeld.»

Danach will sich Timo Müller intensiv auf die RS vorbereiten, denn als ausgehobener Gebirgsspezialist muss er noch eine Prüfung ablegen. Dürfte er im Winter dann tatsächlich als solcher einrücken, würde ein kleiner Traum von ihm in Erfüllung gehen. Denn es ist der Alpinismus, für welchen sein Herz auch noch schlägt. Nicht selten verschlägt es den Mettmenstetter in die Berge zum Wandern, Klettern oder auf eine Skitour. «Diese Passion kam wegen des Sports definitiv zu kurz», sagt er, der sich nun umso mehr freut, diesbezüglich mehr Freiheiten zu haben — «andere Sachen machen zu können als immer nur velozufahren», verdeutlicht er. Überhaupt freut er sich auf die neu gewonnene Flexibilität. Er habe so viele Geburtstage oder andere Feste verpasst, so Müller. «Und auch an Weihnachten war ich oftmals nicht zuhause.» Das wird dieses Jahr anders sein.

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