Stromversorgung oder Naturschutz?

Windräder: Meinungen der Parteivertreter und -vertreterinnen gehen weit auseinander

Ein Blick auf den Hügel Birch (Eignungsgebiet Nummer 51) von Westen her (aufgenommen nördlich des Siedlungsgebiets von Hedingen). (Bild Marcus Weiss)

Anfang Juli hat der Regierungsrat des Kantons Zürich über die Richtplan­einträge für Windkraft-Eignungsgebiete und die Wasserkraftnutzung sowie eine Vorlage zur Verfahrensbeschleunigung informiert. Es zeigte sich, dass drei Standorte in der Region Knonauer Amt als Eignungsgebiete festgesetzt wurden, drei weitere sind als «Zwischenergebnis» deklariert, eines (Grüthau Mettmenstetten/Rifferswil) ist aus Umweltschutzgründen ausgeschlossen worden.

Wie fallen nun die Reaktionen aus? Der «Anzeiger» hat drei Persönlichkeiten aus der Politik zu ihrer Haltung befragt. Es sei darauf hingewiesen, dass die Aussagen subjektiv sind und immer die Möglichkeit besteht, dass sie einer Überprüfung im Sinne eines «Faktenchecks» nicht standhalten würden. Wertende Äusserungen gegenüber Personen oder Behörden widerspiegeln nicht die Meinung des Autors oder der Redaktion, sondern ausschliesslich jene der zitierten Person.

Auch die Aviatik spielt eine Rolle

Die erste Frage an die Politikerinnen und -politiker lautete, ob bezüglich der Standorte nun das eingetroffen sei, was sie erwartet haben. David Vogelsanger, Präsident der SVP im Bezirk Affoltern, sagt: «Die Zurückstellung einiger sogenannter Eignungsgebiete im Säuliamt wird von Baudirektor Neukom einzig und allein mit der zivilen und militärischen Aviatik begründet. Ich bin aber der klaren Auffassung, dass jeder Bau einer 220 Meter hohen und völlig ineffizienten Windturbine in unserer Gegend ein Verbrechen an Natur und Umwelt wäre.»

Thomas Schweizer, Kantonsrat und Vorstandsmitglied der Grünen im Bezirk Affoltern, lässt verlauten, er habe sich in seiner beruflichen Tätigkeit bereits mit Richtplanung und Standortevaluation befasst. Das Vorgehen des Kantons entspreche dem klassischen planerischen Verfahren, das Resultat sei also nachvollziehbar. Der Antwort von Lisette Müller, alt Kantonsrätin und Präsidentin der EVP Bezirk Affoltern, war eine ausführliche Stellungnahme ihrer Bezirkspartei angefügt, in der konkret auf die betroffenen Gebiete eingegangen wird. Das Potenzialgebiet 51 («Anzeiger» von 5. Juli) im Birchwald, zwischen Hedingen und Bonstetten, sei in der ersten Potenzialkarte noch nicht enthalten gewesen, im zweiten Durchgang sei es in der Bewertungsmatrix des Kantons dann als hellgrün gekennzeichnet worden. Auch das Gebiet 37 in Ottenbach wurde gemäss EVP in dieser Matrix eher positiv beurteilt. So sei es nicht überraschend, dass beide Gebiete Einzug in den Richtplan gefunden hätten. Das Gebiet Himelsbüel in Hedingen (Nr. 38) ist gemäss der Stellungnahme mit zwei Anlagen eher klein und scheint keine nationale Bedeutung zu haben. Zu den drei Gebieten, die als Zwischenergebnis im Richtplan eingetragen werden, macht die EVP unter anderem folgende Aussage: «Es hat uns etwas überrascht, dass die beiden Gebiete in Maschwanden weiterverfolgt werden, da es sich um ein Smaragdgebiet handelt. In solchen ­Naturschutzgebieten werden europaweit seltene oder gefährdete Lebens­räume und Arten geschützt. Unter anderem nutzen etwa 100 Rotmilane die umliegenden Wälder als Rückzugsort.»

Das eine bereits ausgeschiedene ­Gebiet ist aus Naturschutzgründen ­weggefallen, bei den drei noch in Abklärung befindlichen Gebieten ist jeweils ein Konflikt mit der Aviatik der Grund für diese Einstufung, nicht etwa der Landschafts- oder Anwohnerschutz. Überrascht dies die Politiker und ­Politikerinnen?

Versteckte Naturwerte?

Thomas Schweizer sagt: «Die Natur­werte sind auf der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich relativ gut dokumentiert und haben schon in der ersten Runde zu Ausschlüssen geführt. Da sind keine neuen Erkenntnisse dazugekommen.» Für ihn neu sei aber die Tatsache, dass Windräder auch den Radar stören können (ein Umstand, der zum Wegfall ­einiger zusätzlicher Gebiete aus aviatischen Gründen führte). Der Grünen-­Vertreter gibt zu bedenken, dass jeder Standort eines Windrades anschliessend noch eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu überstehen habe. Es sei somit nicht ­unwahrscheinlich, dass dabei noch ­versteckte Naturwerte zum Vorschein kämen, die dann zu einem späteren Ausschluss führten.

David Vogelsanger äussert sich wie folgt zum weggefallenen Standort in Mettmenstetten und Rifferswil: «Dass auf den Standort im Naturschutzgebiet im Wald Grüthau zwischen Mettmenstetten und Affoltern verzichtet werden soll, war ohnehin zwingend. Jedes Gericht hätte diesen Standort streichen müssen, da gesetzwidrig», so der SVP-Politiker.

Gemeinden miteinbeziehen

In der EVP-Stellungnahme wird betont, dass nach Meinung der Partei Aspekte des Natur- und Landschaftsschutzes zwar sorgfältig geprüft werden müssten, dem seien aber die ebenfalls legitimen Bedürfnisse der Bevölkerung nach Strom-Versorgungssicherheit aus erneuerbaren Quellen gegenüberzustellen. Der Abstand zu bewohnten Liegenschaften scheine in fast allen Gebieten bei ungefähr 700 Metern zu liegen, was bei der Verwendung von relativ leiser moderner Technologie genügend zu sein scheine. «Der Einbezug der betroffenen Gemeinden und der Bevölkerung muss sichergestellt sein, soll aber auch seine Grenzen haben. Eine sichere und vom Ausland unabhängigere Stromversorgung ist von übergeordnetem Interesse und soll entsprechend gewichtet werden gegenüber lokalen Interessen», findet die EVP Bezirk Affoltern.

Fortsetzung

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